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Verküsst & zugenäht!

Verküsst & zugenäht!

Titel: Verküsst & zugenäht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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zu ihr geschlendert kam, stand sie auf.
    „Hallo Jennifer.“ Er gab ihr die eine erlaubte Umarmung und nahm ihr gegenüber Platz.
    „Dad.“ Er saß nun schon seit zwölf Jahren im Gefängnis, doch als sie sein noch immer attraktives Gesicht betrachtete, wurde sie von alten Gefühlen übermannt.
    Früher einmal hatte sie ihn angebetet. Er war wie eine Mischung aus Weihnachtsmann und Osterhase für sie gewesen – eine schillernde Persönlichkeit. Obwohl sie in ein- und derselben Villa gelebt hatten, war er wie durch Zauberhand oft aus ihrem Leben verschwunden, um unvermutet wieder aufzutauchen. Dann überschüttete er sie mit Geschenken und war so charmant und charismatisch, dass sie sich in seiner Gegenwartwie eine Prinzessin fühlte. Für sie war er damals der tollste Mann der Welt.
    In Wahrheit war er ein Betrüger, der eine erschreckende Zahl von Menschen finanziell in den Ruin getrieben hatte. Als sie das herausfand, sie war gerade mal sechzehn, hatte es ihr beinahe das Herz gebrochen. Wie gerne hätte sie damals getobt und geschimpft, um ihre Wut und diese furchtbare Angst loszuwerden, doch für solche Gefühle hatte sie keine Zeit gehabt. Stattdessen hatte sie dafür sorgen müssen, finanziell irgendwie über die Runden zu kommen. Einen anständigen, zu ihrem Alter passenden hysterischen Anfall hatte sie sich nie leisten können.
    Vielleicht war das der Grund für die schmerzhafte Hassliebe, die sie ihrem Vater gegenüber empfand. Er hatte schon fünf Jahre eingesessen, als sie sich endlich ein altes, aber zuverlässiges Auto leisten konnte, um ihn zum ersten Mal aufzusuchen. Seitdem durchlebte sie bei jedem Treffen das gleiche Gefühlschaos. Zwar fand sie es schrecklich, was er getan hatte, und hasste seine Arroganz, die von der Zeit im Gefängnis nicht angekratzt worden war, doch er war noch immer ihr Vater. Allein aus diesem Grund liebte sie ihn – und weil sie die seltenen Momente, in denen er sich um sie gekümmert hatte, einfach nicht vergessen konnte.
    „Was hast du mir mitgebracht?“, fragte er.
    Auch wenn ich ihn nicht wirklich mag, dachte sie und unterdrückte ein Seufzen. „Das Übliche.“
    „Hervorragend.“
    Er schenkte ihr ein Lächeln, das Millionäre ihr Vermögen und alte Damen ihre Altersvorsorge gekostet hatte, lehnte sich vor und streckte die Hand nach ihr aus, dann aber hielt er mitten in der Bewegung inne.
    „Morgen ist meine Anhörung über die Bewährung“, sagte er.
    „Dad!“ Jetzt schaffte sie es zum ersten Mal, ehrlich zu lächeln.„Das ist ja fantastisch!“ Hauptsächlich freute sie sich darüber, ihn dann nicht mehr im Gefängnis besuchen zu müssen, das behielt sie jedoch für sich.
    „Ich war ein vorbildlicher Gefangener, somit sollte eine Entlassung kein Problem sein, aber ich brauche dich bei der Anhörung, damit du ihnen sagen kannst, dass du in deinem kleinen Hotel einen Job für mich hast.“
    „Oh.“ Jenny sank auf ihrem Stuhl zusammen, übermannt von den widersprüchlichsten Gefühlen. Die pflichtbewusste Tochter wollte ihm alles geben, was er verlangte, doch ihre Instinkte kreischten, kreischten und kreischten. Sie zu ignorieren ging immer nur auf ihre Kosten, wie sie oft genug erfahren hatte, deswegen stieß sie leise die Luft aus und sagte: „Nein.“
    „Wie bitte?“ Seine sowieso schon tadellose Haltung wurde noch ein wenig militärisch aufrechter. „Was soll das heißen, nein?“, fragte er mit eisiger Stimme.
    Hab ich etwa abgelehnt, Daddy? Das war nicht so gemeint .
    Tatsache war, sie hatte Nein gesagt. Deswegen riss sie sich zusammen und sah ihn direkt an. „Das kann ich mit gutem Gewissen nicht tun.“
    „Natürlich kannst du das. Ich werde einen Job brauchen.“
    „Und du würdest im ‚The Brothers‘, sagen wir mal … Aufgaben eines Hausmeisters übernehmen wollen?“
    Der Blick, den er ihr zuwarf, war an Arroganz nicht zu übertreffen.
    „Sei nicht albern. Die erste Regel im Geschäftsleben lautet, Mitarbeiter dort einzusetzen, wo sie am effektivsten sind. In meinem Fall wären das die Finanzen. Oder der Vertrieb. In beiden Bereichen bin ich brillant.“
    „Und trotzdem haben deinetwegen viele Menschen ihr gesamtes Erspartes verloren.“
    Seine Stimme wurde sogar noch kälter. „Ich werde entlassen, weil ich meine Schuld abgebüßt habe, Jennifer.“
    „Und das ist toll, Dad, wirklich, aber tut es dir denn überhaupt kein bisschen leid für all die Menschen, deren Leben du zerstört hast?“ Sie studierte ihn prüfend und wusste

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