Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verlangen

Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Day
Vom Netzwerk:
Mitte des riesigen Raums wahrzunehmen, bevor sich die Gestalt in der grauen Kutte erneut auf ihn stürzte.
    »Ihr dringt hier widerrechtlich ein, Captain«, zischte die Stimme aus den dunklen Tiefen der Kapuze. Als der Mann auf ihn zusprang, rutschten weite Ärmel zurück und enthüllten blasse, aber muskelbepackte Arme. Der Älteste kämpfte mit erstaunlicher Grausamkeit.
    Doch das konnte Aidan nicht abschrecken. Er war wild entschlossen und handelte mit kühler Berechnung. Er hatte keine Ahnung, was den Ältesten antrieb, doch er wurde von Verzweiflung getrieben. Da ein Scheitern nicht in Frage kam, hatte er nichts zu verlieren.
    In einem makabren Tanz sprangen sie vor und zurück und bogen sich vor funkelnden Klingen weg, doch keiner von beiden nutzte seinen Vorteil. Das verwunderte Aidan, dessen Brustkorb sich trotz der Strapazen nur leicht hob und senkte, denn er war zu fit, um auch nur einen Anflug von Ermattung zu verspüren. Er brauchte den Ältesten lebend, aber der Älteste hatte keinen erkennbaren Grund, sich dafür zu revanchieren.
    Schon bald begann der Älteste trotz seines Könnens zu ermüden. Einem Gegner, der die meisten Stunden und Tage seines Lebens ein Schwert führte, war er einfach nicht gewachsen. Er stolperte über den Saum seiner Kutte und kippte nach hinten. Während seine Arme durch die Luft ruderten, flog ihm die Glefe aus der Hand und schlitterte über den Steinboden. Er rang um sein Gleichgewicht und klatschte mit der Handfläche nach unten auf die Oberfläche der Konsole, die daraufhin im Glanz blinkender Lichter erstrahlte.
    Aidan erstarrte, als die graue Kapuze verrutschte und er das Gesicht sah.
    »Meister Sheron«, keuchte er, und sein Schwertarm fiel herab.
    Dann hob er ihn schnell wieder und presste die tödliche Spitze gegen die rasch pumpende Halsschlagader des Ältesten, als dieser die Hand nach dem Touchpad ausstreckte. »Tut das nicht.«
    »Du musst es mir erlauben.«
    »Nein.« Aidan musterte seinen früheren Lehrmeister mit großen Augen.
    Blasse Haut, schlohweißes Haar und Pupillen, die so groß und dunkel waren, dass sie das Weiß seiner Augäpfel gänzlich schluckten. Der Mentor, den er gekannt hatte, wirkte nun wie der Leichnam dieses früher so vitalen Mannes.
    »Wenn du mir nicht gestattest, wieder in Ordnung zu bringen, was ich angerichtet habe«, krächzte Sheron, »werden wir alle sterben, einschließlich deiner geschätzten Träumerin.«
    Aidan blieb still stehen und kniff die Augen zusammen, als ein tiefer, grollender Laut seine Fußsohlen durchdrang und sich durch seine Knochen nach oben ausbreitete. »Was zum Teufel …?«
    »Wenn du mich den angerichteten Schaden beheben lässt«, sagte Sheron und hob in einer stummen Provokation das Kinn, »dann werde ich dir sagen, was du hier in Erfahrung bringen wolltest.«
    Aidan stieß mit einem leisen Knurren den Atem aus, trat zurück und nahm seine Klinge vom Hals des Ältesten, da er wusste, dass er keine Zeit für eine Auseinandersetzung hatte. Der Älteste wirbelte augenblicklich zu der Konsole herum, machte sich hektisch ans Werk und gab schließlich eine Tastenkombination ein. Das Licht der blinkenden Kontrollleuchten stabilisierte sich, wurde dann blau und erlosch schließlich.
    Sheron legte seine Handflächen auf den Rand der Arbeitsplatte und brach sichtlich erleichtert zusammen. »Dir bleibt nicht viel Zeit.«
    »Zeit wofür?«
    »Um es bis zum See zu schaffen, bevor deine Abwesenheit bemerkt wird.«
    »Erklärt Euch«, ordnete Aidan barsch an.
    »Du willst rüber auf die andere Seite.« Sheron griff hinter sich und setzte seine Kapuze auf, um sich wieder hinter dem Schleier aus Schatten zu verbergen. »Deine zunehmende Unzufriedenheit war für uns im Laufe der letzten Jahrzehnte deutlich zu erkennen, und darüber, wie verliebt du in die Träumerin bist, wird seit Wochen gemunkelt. Dein Vorgehen heute kann nur eines bedeuten – du willst lieber bei ihr sein, als hier deine Pflicht zu tun.«
    Aidan hob den Arm und steckte seine Glefe in die Scheide auf seinem Rücken. Er atmete tief aus und fragte sich, ob Sheron den wahren Grund ahnte, weshalb er fortgehen wollte. Da es ihm nicht vergönnt war, das Mienenspiel des Ältesten zu sehen, konnte er unmöglich wissen, ob er Verdacht geschöpft hatte. Die tonlose, emotionslose Stimme gab nichts preis. »Was muss ich tun?«
    »Gewissensforschung betreiben. Du bist unser bester Krieger. Dein Verlust wird das Gleichgewicht zwischen Wächtern und Albträumen

Weitere Kostenlose Bücher