Verlangen
ist wohl eine Weile her, seit du das letzte Mal ein Dosengericht gegessen hast?«
»Da, wo ich herkomme, schmecken sie nicht so.«
»Ach?« Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Und wo ist das?«
»Hast du noch Schlaftabletten übrig?« Ihre eigene Frage überging er.
»Wer behauptet, ich hätte Schlaftabletten?«
Er schnaubte. »Gewöhn dich daran, dass ich eine Menge über dich weiß. Ich will dich nicht zum Ausflippen bringen, und ich verspreche hiermit, dass ich dir am Wochenende alles erklären werde, weil wir erst dann Zeit haben, wirklich in das Thema einzusteigen. Um zwei Uhr morgens ist es zu spät dafür, wenn du in ein paar Stunden aufwachen musst.«
»Es ist auch zu spät, um eine Schlaftablette zu nehmen. Dann bin ich am nächsten Tag unbrauchbar. Deshalb habe ich aufgehört, sie zu nehmen.«
Aidan wies auf ihre Schale und befahl: »Aufessen. Dann die Tablette. Keine Widerrede.«
Sie streckte ihm die Zunge heraus.
»Ich habe auch so eine«, sagte er gedehnt. »Und wenn du ein braves Mädchen bist, zeige ich dir noch mehr von den Dingen, die ich damit tun kann.«
Lyssa griff erschauernd nach ihrem Löffel und aß so schnell wie schon lange nicht mehr. Er lachte sie aus, ein warmer, volltönender Klang, in dem etwas mitschwang, das sie nicht definieren konnte – sein Lachen klang freudig und befreit, aber das war noch nicht alles. Sie ließ sich auf sein Spiel ein, genoss es, ihn zu necken, und kostete den Moment aus, denn morgen würde sie entweder aus dem verrücktesten Traum erwachen, den sie jemals gehabt hatte, oder all das würde allzu wahr sein – und dann musste sie sich ernsthafte Gedanken machen.
»Vertrau mir«, drängte er sie sanft und legte seine Hand auf ihre, die auf dem Tisch lag. »Du machst dir zu viele Gedanken. Vertrau deinen Instinkten.«
Er sah ihr fest in die Augen und verbarg nichts vor ihr. Allein schon die äußeren Umstände riefen ein Gefühl von Intimität hervor. Sie saß in ihrem seidenen Morgenmantel da, er war nur mit einer tief sitzenden Jogginghose bekleidet. Sie nahmen einen Imbiss zu sich. Sie hatten sich mit zügelloser Leidenschaft geliebt und einander hinterher zärtlich in den Armen gehalten. Als seien sie schon lange ein Paar.
Versprich mir, dass du niemandem die Tür öffnen wirst.
»Lyssa? Hast du mich gehört?«
Sie blinzelte. »Was?«
Aidans Daumen strich über ihre Fingerknöchel. »Versprich mir, dass du mit allen Zweifeln oder Bedenken zu mir kommen wirst. Lass deine Vorstellungskraft nicht mit dir durchgehen. Ich weiß, wie verrückt das ist, aber du musst mir glauben, dass ich nur um deine Sicherheit besorgt bin.«
»Niemand will mir etwas antun.«
Er seufzte und hob ihre Hand an seine Lippen, um ihren Handrücken zu küssen. »Lass uns wieder ins Bett gehen. Wir müssen morgen beide ausgeruht sein.«
Ich halte die Bösewichte fern.
»Du bist Soldat«, flüsterte sie und war erstaunt darüber, wie sicher sie sich war. Es war nur eine schwache Verbindung, die sie zwischen ihnen fühlte, aber das genügte ihr, um weiterzumachen. Für den Moment.
»Ich bin müde«, entgegnete er. Er stand auf und zog sie mit sich hoch. »Wo sind diese Tabletten?«
»Warum sollte ich sie nehmen?«
»Denk daran. Du musst schnell und tief wegsacken. Du darfst dich nicht im Bett herumwälzen oder dich von einer Seite auf die andere werfen. Ich will, dass dein Bewusstsein weit weg von den Albträumen ist.« Er unterbrach sich. »Und von anderen ekelhaften Dingen.«
Eine Spur des Grauens, das sie in ihrem Traum gepackt hatte, flammte wieder auf, also nickte Lyssa, ging zu dem Küchenschrank, in dem sie die Medikamente aufbewahrte, und tat, was er von ihr verlangt hatte. Er hielt ihre Hand, während sie die Lichter ausschaltete. Das schmutzige Geschirr ließ sie im Spülbecken stehen, da er gesagt hatte, darum würde er sich am Morgen kümmern.
Sie stiegen nebeneinander die Treppe hinauf, und er passte seine längeren Schritte ihren kürzeren an. Oben schlug er die frischen weißen Laken zurück, schlüpfte dazwischen und lehnte den Rücken aufrecht an das gepolsterte Kopfteil ihres modernen Betts. Sie schmiegte sich in seine ausgebreiteten Arme und an seinen Körper, als sei er für sie maßgeschneidert.
Du bist fast hart genug, um unbequem zu sein.
»Aidan?«
»Hm?« Er begrub seine Nase in ihrem Haar und atmete tief ein.
Bist du ein Engel?
Mit geschlossenen Augenlidern runzelte sie die Stirn. Die kleinen Bruchstücke von Erinnerungen, die in
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