Verlangen
durchaus in Ordnung, bei chronischen Leiden jedoch wie Gicht und Rheuma oder bestimmten, hm, Frauenleiden ist diese Nebenwirkung äußerst störend. Hier braucht man ein Mittel, das die Schmerzen lindert, ohne müde zu machen.«
»Sie suchen also nach einem Schmerzmittel, das es dem Leidenden ermöglicht, seiner täglichen Routine nachzugehen«, sagte Victoria mit einem verständnisvollen Nicken. »Ein äußerst wichtiger Forschungsbereich. Tatsächlich, äußerst wichtig.«
»Die Bauern und Feldarbeiter hier in der Gegend haben mit ihren Hausmitteln durchaus gewisse Erfolge erzielt«, bemerkte ein untersetzter Herr in der Ecke. »Sie haben einige hervorragende Mittel entdeckt.«
»Das Problem besteht darin«, sagte ein anderer, »daß es bisher keine Standardisierungs- und Analyseverfahren gibt. Jede Familie hat natürlich ihre eigenen Hausmittel, aber die Rezepte wurden seit Generationen weitergegeben und sind das Ergebnis von Tradition und Volksglaube. Sie basieren nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen oder Untersuchungen. Zum Beispiel hat jede Hausfrau ihr eigenes Rezept für Hustensaft, und keine Mixtur gleicht der anderen.«
»Offensichtlich müssen mehrere Aspekte des Problems untersucht werden«, bemerkte Victoria.
»Das stimmt.« Dr. Thornby näherte sich dem Tisch. »Aber es gibt nur einen wissenschaftlichen Ansatz. Wir müssen ein Experiment durchführen und sorgfältig Buch führen. Jedes dieser Gläser enthält ein bestimmtes Heilmittel. Das Ziel der heutigen Studie ist herauszufinden, welches der Mittel eine sofortige Linderung der Schmerzen bewirkt, ohne müde zu machen.«
»Und wie messen Sie die schmerzlindernde Wirkung?« fragte Victoria interessiert. »Ich für meinen Teil leide momentan noch nicht einmal unter den leisesten Kopfschmerzen.«
»Das werden wir in der zweiten Phase des Experiments herausfinden«, räumte der Pfarrer ein. »Ich fürchte, es ist schwierig, fünf bis zehn Personen zu finden, die alle zur gleichen Zeit einen Gichtanfall oder Kopfschmerzen haben.«
»Zufällig habe ich einen Anflug von Rheuma seit heute nachmittag«, sagte Mrs. Worth hilfsbereit.
»Und meine Gicht macht mir zu schaffen«, bot ein weiteres Mitglied der Gesellschaft an.
»Ich habe bereits den ganzen Tag Zahnschmerzen«, meldete sich Lady Alice.
Der Pfarrer, Dr. Thornby und Sir Alfred strahlten.
»Hervorragend. Wir werden also beide Phasen des Experiments heute durchführen können.« Sir Alfred sah Victoria zugleich schüchtern und hoffnungsvoll an. »Ich sehe, Sie hegen ein gewisses Interesse an solchen Dingen, Lady Stonevale. Würden Sie gern an dem Versuch teilnehmen oder ziehen Sie es vor zuzusehen?«
»Himmel, es ist immer weit interessanter, an einem Experiment teilzunehmen als lediglich zu beobachten. Es würde mir größte Freude bereiten, Ihre Mittel zu testen. Das wäre gewiß sehr lehrreich.«
Sir Alfred und die anderen Anwesenden fühlten sich äußerst geschmeichelt. Dr. Thornby ergriff erneut das Wort. »Nun denn, ich werde jetzt das Notizbuch auf den Tisch legen mit der Bitte, daß jeder klar und deutlich beschreibt, was er nach Einnahme jedes Mittels spürt. Ich schlage vor, daß wir mit reinem Brandy beginnen und unsere Reaktionen darauf festhalten, bevor wir die verschiedenen Mixturen testen.«
»Ja, natürlich«, rief der Pfarrer. »Wir müssen den Unterschied zwischen dem reinen Alkohol und den mit anderen Zutaten versetzten Alkoholika beurteilen können. Sehr clever, Thornby.«
Victoria runzelte nachdenklich die Stirn. »Wäre es nicht vielleicht das beste, wenn einer von uns während des ganzen Experiments beim reinen Alkohol bliebe? Auf diese Art können die Reaktionen derer, die die verschiedenen Mixturen zu sich nehmen, allzeit mit den Reaktionen auf puren Alkohol verglichen werden.«
Die Umstehenden nickten zustimmend.
»Eine brillante Idee, Mylady«, sagte Sir Alfred. »Offensichtlich sind Sie mit den Techniken wissenschaftlicher Untersuchungen bestens vertraut.«
»Ich habe gewisse Erfahrungen auf diesem Gebiet«, erwiderte Victoria bescheiden. »Da ich die Idee hatte, und da ich im Moment keine besonderen Beschwerden habe, stelle ich mich freiwillig als Versuchsperson für den reinen Alkohol zur Verfügung.«
»Sie sind äußerst hilfsbereit, Lady Stonevale«, sagte Dr. Thornby. »Dann lassen Sie uns beginnen.« Huldvoll reichte er Victoria ein Glas Brandy.
Lucas war entsetzt ob des Anblicks, der sich ihm bot, als er nachmittags von dem Besuch bei einem
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