Verlangen
setzten.
Lucas zog es vor zu gewinnen, und er trug Sorge, daß es auch geschah. Tatsächlich konnte ein guter Stratege es an den Spieltischen zu einem beträchtlichen Vermögen bringen.
Er hatte fast die Tür erreicht, als er bemerkte, wie ihn Edgeworth, der neben dem Ofen stand, beobachtete. Die Abneigung des anderen Mannes war offensichtlich, doch Lucas war davon nicht sonderlich getroffen. Das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Es hatte ihn nicht im geringsten gestört, Edgeworth vor zwei Wochen eine beachtliche Summe abzuknöpfen. Außerdem hatte Lucas keinerlei Absicht, sich jemals wieder mit diesem Mann an den Spieltisch zu setzen.
»Guten Abend, Stonevale. Haben Sie viel Spaß mit Ihrer aufreizenden kleinen Erbin?« Edgeworth sprach gerade laut genug, um Lucas’ Aufmerksamkeit zu erregen. »Eine höchst interessante junge Dame, nicht wahr?«
Lucas betrachtete Edgeworths höhnisches Grinsen und fragte sich, ob er den Mann einfach ignorieren sollte. Wahrscheinlich nicht. Der junge Merivale und sein Freund hatten die Bemerkung gehört. Sie drehten bereits die Köpfe, um zu sehen, wie Lucas reagieren würde.
»Ich spreche mit Leuten Ihresgleichen nicht über ehrenwerte Damen, Edgeworth«, sagte Lucas sanft. »Jetzt, wo ich darüber nachdenke, glaube ich, daß ich mit Ihnen überhaupt nicht über Frauen sprechen würde.«
»Es heißt, die betreffende Dame habe keinerlei Absichten, jemals zu heiraten«, ignorierte Edgeworth den drohenden Ton in Lucas’ Stimme. »Da also eine Eheschließung nicht in Betracht kommt, darf man wohl annehmen, daß Sie bei Miss Huntington andere Ziele verfolgen? Schließlich werden Sie beide so oft miteinander gesehen, daß man nicht umhin kommt, sich über die Art Ihrer Beziehung Gedanken zu machen.«
Das hatte man davon, wenn man in dem Ruf stand, langmütig zu sein, dachte Lucas traurig. Die Tatsache, daß er in der Nacht ihres unrühmlichen Kartenspiels keine Anschuldigungen gegen Edgeworth erhoben hatte, hatte den Mann offensichtlich ermutigt.
Nachdenklich nippte Lucas an seinem Wein. Er war sich des Publikums wohl bewußt. Merivale und sein Gefährte runzelten die Stirn und warteten darauf zu sehen, wie Lucas auf diese kaum versteckte Beleidigung Victorias reagieren würde.
»Es wäre klug, wenn Sie der Versuchung widerstehen würden, allzu gewagte Spekulationen über Miss Huntingtons gesellschaftliche Aktivitäten zu äußern«, sagte Lucas. »Es sei denn, Sie wären bereit, sich in Begleitung von zwei Sekundanten im Morgengrauen in Clergy Field einzufinden.«
Sowohl Edgeworth als auch Merivale und sein Freund verharrten reglos.
Edgeworth sah Lucas aus zusammengekniffenen Augen an. »Was soll das heißen, Stonevale?«
Lucas lächelte sein dünnstes, kältestes Lächeln. »Genau das, wonach es klingt. Ich bin, wie Sie wohl wissen, durchaus bereit, eine Kleinigkeit wie zum Beispiel Falschspiel unbemerkt durchgehen zu lassen. Ich bin jedoch nicht ganz so freundlich, wenn der Name einer unschuldigen jungen Frau beschmutzt wird. Ich überlasse Ihnen die Entscheidung, Edgeworth.«
Edgeworth straffte sich mit zornrotem Gesicht. »Verflucht, Stonevale. Fahren Sie zur Hölle, Sie Bastard. Meinen Sie, Ihr Glück würde ewig andauern?« Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ eilig den Raum.
Merivale und sein Freund sahen ihm mit offenen Mündern nach, und Lucas genehmigte sich einen großen Schluck Bordeaux. Er war froh, daß Edgeworth kein Interesse daran hatte, sich an einem Spiel zu beteiligen, bei dem mit offenen Karten gespielt wurde.
»Gütiger Gott«, sagte Merivale, während er sich die Stirn mit einem Taschentuch betupfte. »Ich dachte einen Augenblick, daß ich jetzt zum ersten Mal in meinem Leben aufgefordert würde, die Rolle des Sekundanten zu übernehmen. Ich muß sagen, Sie sind sehr gut mit ihm fertig geworden, Sir. Schließlich kann man Miss Huntingtons Namen nicht einfach auf eine solche Weise beschmutzen lassen.«
»Da stimme ich dir zu«, warf Merivales Freund ein. »Miss Huntington ist eine hochanständige Frau. Sie hat mit mir auf meinem ersten Ball getanzt, als ich verdammt sicher war, mich auf der Tanzfläche vollkommen lächerlich zu machen. Nach einer Reihe von Tänzen mit ihr fühlte ich mich dann wesentlich sicherer, und die Tatsache, daß ich mit ihr gesehen wurde, hat es mir erheblich erleichtert, andere Tanzpartnerinnen zu finden. Das kann ich dir sagen.«
»Sie war auch zu meiner Schwester äußerst nett«, fügte Merivale hinzu. »Die
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