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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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graviert.« Er wirkte jetzt hellwach.
    »Würdest du morgen früh bitte dorthin fahren, um zu sehen, ob es ihr und Manda gut geht? Wie du dorthin kommst, googelst du lieber. Wenn ich versuche, es dir zu erklären, endet es nur im Chaos.«
    »Ja, okay.«
    »Aber nicht klingeln, das wäre ganz schlecht. Bleib einfach vor dem Haus stehen und warte. Sie müssten so gegen 7:30 Uhr rauskommen, weil Manda dann zur Schule muss. Wenn du einfach nur nach ihnen sehen könntest, würde mir das viel bedeuten.«
    Er gähnte abermals, dieses Mal laut. »Eine Frage noch …«
    »Was?«
    »Meinst du nicht vielleicht heute statt morgen? Es ist 3:22 am Morgen.«
    »Mist. Du hast Recht. Tut mir leid, ich habe den Überblick verloren, wie spät es ist.«
    »Ich habe dir doch extra eine Uhr besorgt«, murmelte er amüsiert. »Aber trotzdem schön, deine Stimme zu hören.«
    »Es ist wirklich wichtig.« So weiß zumindest jemand, dem ich vertraue, wo sie sind, für den Fall, nur für den Fall, dass … Ich mochte den Gedanken nicht zu Ende denken.
    »Ist etwas passiert?«, erkundigte sich Sagan.
    »Nein, alles in Ordnung! Ich wäre dir nur sehr dankbar, wenn du für mich dort hinfahren würdest. Mach dir um mich keine Sorgen. Ich will nur etwas ausprobieren.«
    »Warte, du klingst plötzlich so ernst, wie jemand, der sein Testament macht. Was ist wirklich los?«
    »Ich habe nur Angst um sie, das ist alles. Ach ja, damit du sie auch sicher erkennst: Meine Mutter fährt einen weinroten Kia. Prüf einfach, ob alles normal wirkt, ich muss es wissen.«
    »Stecken sie in Schwierigkeiten? Emma, lass mich die Polizei rufen!«
    »Mein Gott, Sagan, bestimmt ist bei ihnen alles in Ordnung. Aber wenn du die Polizei rufst, werden die Bullen dich zwingen, ihnen zu sagen, wo ich bin, und dann muss ich wieder fliehen. Ich habe dir doch schon gesagt, was dann passiert. Hast du mich verstanden? Wenn du glaubst, es besser zu wissen, und es dennoch tust, sind wir tot.«
    »Ist ja schon gut.«
    »Und ruf mich sofort an, wenn du zurück bist.«
    »Ich rufe dich von dort an, wie wäre das?«
    »Noch besser, gute Idee. Und lass dich nicht erwischen.«
    »Von wem?«
    »Von meiner Mutter natürlich, von wem sonst?«
    »Aber eine Waffe oder so etwas brauche ich nicht?«
    »Sagan, das ist kein Spaß.«
    »Wer macht hier Spaß?«
    Ich schaltete das Funkgerät aus und schob es in meine Tasche. Los geht’s . Dann nahm ich das Seil aus dem Baumarkt und schritt den schäbigen Raum auf dem Turm damit ab. Er war ungefähr fünf Meter lang. Anschließend schnitt ich ein wenig mehr als die Hälfte dieser Länge von dem Seil ab. Ein Ende knotete ich mir mit drei Hausfrauenknoten fest um den Bauch. Das andere Ende band ich an einem der Tischbeine fest. Zum Schluss befestigte ich noch einige der dicken Handtücher um scharfe Kanten im Raum und machte es mir auf dem wackeligen alten Stuhl so bequem wie möglich. Schließlich nahm ich die Spielkarten heraus und machte mich an die Arbeit.
    Ich hatte vor, bewusst einen Grand-Mal-Anfall auszulösen.
    Ob es funktionieren würde, wusste ich allerdings nicht. Ein großer Teil von mir hoffte sogar auf ein Scheitern. Aber ich musste unbedingt wissen, wo der Vampir war, und das schien mir die beste Möglichkeit zu sein. Die kleinen oder partiellen Anfälle dauerten immer nur 30 bis 60 Sekunden, während ein generalisierter Anfall mehrere Minuten anhalten konnte – und diese zusätzliche Zeit im Kopf des Vampirs brauchte ich.
    Natürlich hatte ich eine Heidenangst und mir war kotzübel, doch ich musste mir irgendwie einen Vorteil verschaffen. Außerdem fürchtete ich mich vor dem, was womöglich sonst noch geschähe. Vielleicht war die Verbindung zwischen unseren beiden champs so fest, dass ich in Moreaus Kopf etwas losrüttelte. Wie er Mandas Bild angeschaut hat … Gott möge mir helfen, aber ich war zu allem bereit, um zurückzuschlagen.
    Ein letztes Mal prüfte ich das Seil. Ich musste schnell sein; bis zum Morgengrauen blieb nicht mehr viel Zeit. Bald würde sich Moreau unter der Erde verkriechen. Genau wie beim ersten Mal begann ich die Spielkarten vor meinen Augen zu mischen. Dann legte ich sie im Schachbrettmuster vor mir auf den Tisch und drehte sie anschließend eine nach der anderen schnell um. Nichts tat sich.
    Was machte ich falsch?
    Ich versuchte mich abermals zu konzentrieren, abwechselnd zu fokussieren und im nächsten Moment ins Leere zu starren. Schließlich fiel ich in einen Trancezustand und schob den Stuhl

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