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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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angerannt kommen.
    Abermals legte ich die Hand an den harten Gegenstand – puh, immerhin war es kein Körper, sondern vielmehr etwas Kantiges, vielleicht ein umgekippter Tisch.
    Ich beugte mich vor, legte ein Ohr an die Decke und lauschte. Noch immer war nichts zu hören. Gut …
    Langsam begann ich zu schieben, so geräuschlos wie möglich. Es war nicht schwer. Während sich zwischen Fenster und Decke eine immer größere Öffnung auftat, stellte ich mich darauf ein, im nächsten Moment einen Herzstillstand zu erleiden, weil ich in Moreaus lüsterne Fratze blicken würde.
    Schließlich war genug Platz, damit ich hineinschlüpfen konnte. Ich überlegte, ob ich die Decke einfach herunterreißen oder lieber langsam an ihr ziehen sollte, doch mir war bewusst, dass ich dann wahrscheinlich nur auf eine Tischplatte starren würde und der Vampir mich womöglich bemerkte.
    Doch auch die Vorstellung, um die Decke herumzuschauen – mit dem Kopf zuerst natürlich – war mir nicht geheuer. Vielleicht steht er direkt dahinter.
    Ich entschied mich für den Kompromiss und zog die Decke langsam hinunter. Sehr langsam.
    Doch sie hing oben fest … ich spürte einen Widerstand. Sie war mit Löchern versehen und durch eine Vorhangstange geschoben worden.
    Ich hatte richtig vermutet; vor mir befand sich eine Tischplatte – ein hölzerner Küchentisch mit dicken weißen Kacheln in der Mitte.
    »Beeil dich!«, zischte Sagan von unten. »Ein LKW biegt gerade ein!«
    Ich umfasste mit den Fingern die Kante des Tisches und schob ihn lähmend langsam zur Seite. Der Raum wirkte leer. Ich machte einen Schritt nach vorn.
    Ein Wohnzimmer, mehr nicht. Ein weißes Ledersofa mit passendem Sessel, beides schlechte Qualität, an einigen Stellen war das Material bereits aufgeplatzt. Keine Bilder an den Wänden – Männer können so spartanisch leben –, aber zumindest ein einziger Gummibaum mit hängenden Blättern in der Ecke. Auf einem kleinen Regal stand eine billige Hi-Fi-Anlage. Kabel ragten wie dünne Arme zu den an der Decke angebrachten Lautsprechern hinauf.
    Ich konnte alles so problemlos erkennen, dass ich mich fragte, wie dunkel es wirklich war. Derjenige, der den Tisch aus der Ecke in der Küche bis vor das Fenster geschoben hatte, musste ziemlich kräftig gewesen sein.
    Ich machte einige Schritte über den Teppich, denselben Teppich, auf den der Vampir den Jogger gestoßen hatte. In der Küche befand sich ebenfalls niemand. Der Fußboden sah aus, als wäre er gerade gewischt worden …
    Abgeleckt.
    Jetzt fiel mir auf, dass in der Wohnung ein seltsamer Geruch herrschte. Keineswegs stickig und muffig, sondern anders. Organisch, aber nicht menschlich. Wieder spürte ich den Kloß im Hals.
    Ich schob den Tisch vollständig vom Fenster fort, damit Licht in die Zimmer fiel. Gut.
    Der Schnitt der Wohnung war ziemlich einfach. Die Eingangstür führte direkt ins Wohnzimmer, von dort ging es in die Küche und in einen Flur, von dem offenbar noch mehr als ein weiterer Raum abging. Wahrscheinlich ein Badezimmer und zwei Schlafzimmer.
    Ich machte einen Schritt in die Küche und bemühte mich unendlich leise zu sein. Aber für die Ohren eines Vampirs hörte es sich wahrscheinlich an, als würde ein Elefant auf Zehenspitzen gehen.
    Nur widerwillig warf ich einen Blick in die Spüle. Nichts als schmutziges Geschirr. Doch der seltsame Geruch kam nicht von dort.
    Ich machte einen Schritt in den Flur. Vor mir befanden sich vier Türen, nein fünf. Eine führte wahrscheinlich in einen kleinen Abstellraum.
    Ich sah mich um: Die Küche war rechts hinter mir, das Wohnzimmer links; Letzteres lag in hellem Morgenlicht, was mir ein Gefühl der Stärke verlieh. Ich hob den Hammer und zog den Pfahl aus dem Gürtel. Machte einen weiteren Schritt nach vorn, ging dabei in die Knie. Okay, Moreau, du sitzt in der Falle. Was wirst du tun? Mich vielleicht ins hintere Schlafzimmer zerren …
    Ich beschloss die erste Tür zu öffnen. Puh, abgesehen von einigen Mänteln, einem Kapuzenshirt und ein paar Klappstühlen war die Kammer leer. An einer Wand war ein kleiner roter Handstaubsauger angebracht.
    Die nächste Tür stand bereits offen – ich konnte den Rand der Bade- und Duschwanne erkennen. Der Duschvorhang war zum Glück nicht zugezogen. Das Fenster war mit einer Badematte und einigen blauen Handtüchern zugestopft. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.
    Ich mochte das winzige Badezimmer nicht betreten. Wenn ich nicht rechtzeitig zum Fenster

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