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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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schlüpfte barfuß in die Trekkingschuhe. Alles andere stopfte ich in Tüten und Taschen und machte mich dann auf den Weg zurück zur Hintertür.
    Die Tür, die schief in ihren Angeln hing, stand noch offen. Fahles Morgenlicht drang herein. Den Streifenwagen hörte ich, bevor ich ihn sah. Gerade als ich in den Lieferbereich hinunterspringen wollte, krächzte es aus den Lautsprechern des Wagens.
    »Halt! Stehen bleiben!«
    Ich dachte immer, sie würden sofort »Nicht bewegen!« brüllen. Mein Herz fühlte sich jedenfalls so an, als würde es den Befehl befolgen. Wenn ich losrannte, würde ich es in einer Verfolgungsjagd enden und es wäre nicht die alte Rostlaube meiner Mutter, gegen die ich anträte. Konnte man einen Vampir mit einer Kugel verletzen? Dankbar, gerade noch rechtzeitig gewarnt worden zu sein, sprang ich schnell zurück in den Laden und schloss den Ausgang. Ich hörte Autotüren schlagen, während ich bereits in den vorderen Teil des Geschäfts eilte – so schnell, dass einige der Waren, die an Bügeln hingen, für einen Moment horizontal in der Luft schwebten. Schwitzend und fluchend schob ich beide Hände unter das kalte Metallgitter, das mich von dem Rest des Shoppingcenters trennte, und schob es mit Gewalt einen halben Meter nach oben. Nachdem ich die Taschen und Tüten hindurchgekickt hatte, kroch ich selbst darunter hindurch und ließ es hinter mir wieder hinab.
    In dem Moment sah ich zwei Polizisten, eine Frau und einen Mann, mit erhobenen Waffen durch die Hintertür kommen. Was mich doch ein bisschen nervös machte. Doch sie bewegten sich viel zu vorsichtig, duckten sich immer wieder hinter Kartons und schlichen langsam um Säulen und Kleiderständer herum. Ich war fast fünfzig Meter von ihnen entfernt und wurde immer schneller, bevor sie auch nur im vorderen Teil des Geschäftes angelangt waren.
    Jetzt musste ich lediglich noch einen anderen Ausgang finden. Ein Shoppingcenter ist ein seltsamer Ort, wenn es leer ist. Jedes Geräusch hallte nach. Ich konnte die Schritte der Polizisten hören und das Zischen, wenn sie in ihre Funkgeräte sprachen. Es klang so nah, als wären sie mir direkt auf den Fersen. Doch ich war ihnen so weit voraus, dass ich mich sicher genug fühlte, sogar noch etwas zu essen von einem Verkaufsstand zu klauen. Ich griff nach einem Beutel mit Brezeln, nahm Kekse und Käsekuchen. Wenn ich so weitermachte, würde ich der erste fettsüchtige Vampir der Welt sein.
    Ich drehte mich um, doch die Bullen waren erst bei dem Springbrunnen in der Mitte des Centers. Überrascht stellte ich fest, dass sie inzwischen mindestens zu fünft waren. Sie teilten sich auf und prüften in beiden Richtungen einen Laden nach dem anderen.
    Bald vernahm ich jedoch noch andere Schritte, weiter hinten. Wahrscheinlich Sicherheitspersonal des Einkaufszentrums. An ein oder zwei Gegnern würde ich problemlos vorbeikommen, aber wenn ich sieben gegen mich hatte? Neun? Ich sprang über den Essensstand und rannte in einen kleinen Seitengang.
    Dieser entpuppte sich jedoch als Sackgasse. Ich hastete zum Hauptweg zurück und wandte mich nach links. Die Polizisten kamen immer näher. Den Wortfetzen aus ihren Funkgeräten nach zu urteilen, riegelten sie systematisch jeden Fluchtweg ab und waren dabei, mich zu umzingeln.
    Dann entdeckte ich den Eingang des Kaufhauses am Ende des Ganges. Bei dem Versuch, die gläserne Doppeltür aufzuziehen, riss ich die kühlen Metallgriffe heraus. Ich warf sie zu Boden und sah mich nach einem großen Blumentopf um, mit dem ich zur Not die Scheibe einschlagen könnte. In dem Moment sah ich acht bis zehn Bullen in geschlossener Formation auf mich zukommen. Sie riefen sich etwas zu. Ich saß in der Falle und das wussten sie.
    Pistolen sah ich keine – wahrscheinlich hatten sie die Anweisung, selbst in einem leeren Einkaufszentrum nicht scharf zu schießen, damit nicht aus Versehen eine Fassade beschädigt wurde … Stattdessen hielten sie Geräte auf mich gerichtet, die wie kleine Plastikrevolver aussahen. Vermutlich handelte es sich um Taser. Ich hatte diese Elektroschockpistolen zwar noch nie von Nahem gesehen, aber die gelben Aufkleber an der Seite und der eckige Lauf wiesen eindeutig darauf hin.
    »Stehen bleiben!«, rief einer der Polizisten. Das klang eher, wie ich mir es vorgestellt hatte. »Alle Ausgänge sind versperrt! Stell die Taschen ab und nimm die Hände über den Kopf.«
    Oh ja, nur zu gern. Meine Einkäufe behinderten mich. Nicht das Gewicht, sondern weil sie so

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