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Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Titel: Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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zuerst. Dafür sind diese Leute schließlich ausgebildet. Aber dann kam Remi mit der Forderung, die Justizministerin zu sprechen. Und mit der Drohung, von der Waffe Gebrauch zu machen.
    Ich kann nicht einfach hier rumsitzen und warten, denkt sich Emilie. Ich muss irgendetwas tun, ja. Aber was?
    Sebastian spielt noch immer in seinem Zimmer – zum Glück. Er klopft auf seiner Spielzeugwerkbank herum, dreht sie um, hämmert wieder, um gleich darauf wieder von vorne anzufangen.
    »Remi«, sagt sie und nimmt all ihren Mut zusammen. »Magst du dich nicht einen Moment hinsetzen?«
    Emilies Hände sind auf dem Rücken gefesselt, deshalb macht sie eine einladende Bewegung mit dem Kopf.
    Remi sieht sie an.
    »Weißt du noch, wie wir die Schule geschwänzt und uns zu Hause den ganzen Tag über Filme angeguckt haben?« Emilie versucht sich an einem Lächeln. Normalerweise zeigt das bei Männern Wirkung. »Ich weiß nicht, wie viele Süßigkeiten wir damals gegessen haben! Schon bei dem Gedanken wird mir übel!«
    Mattis starrt sie entgeistert an, aber Emilie blendet seinen Blick aus. Und sie sieht Remi an, dass er sich erinnert. An die Zeit, in der sie es gut miteinander hatten. Die Zeit war wirklich gut. Und wild. Eine Zeit, in der verdammt viel passiert ist.
    »Wir könnten es wieder … so haben, weißt du?«
    Er schnauft verächtlich.
    »Remi, was willst du? Was soll ich machen? Was können wir tun, um all dem hier ein Ende zu bereiten?«
    Er hebt den Kopf. »Ich will, dass du dich entschuldigst. Ich will, dass du mich ansiehst und dich bei mir dafür entschuldigst, dass du mein Leben zerstört hast.«
    Emilie nickt, langsam, bis ihr aufgeht, was er da sagt. » Ich? Dein Leben zerstört …?«
    »Ja, du! Du, Johanne und dieser alte Drachen …« Remi beißt sich auf die Unterlippe.
    Emilie antwortet nicht gleich, spürt aber, dass sie sich nicht mehr lange beherrschen kann.
    »Remi«, sagt sie schließlich. »Das zwischen uns ist hundert Jahre her.« Ihre Stimme ist ruhig, obwohl sie innerlich kocht. »Du willst doch wohl nicht allen Ernstes behaupten, dass du noch immer darüber nachgrübelst, was damals passiert ist?«
    Remi antwortet nicht.
    »Ich war damals achtzehn, Remi! Mein Gott, wir waren doch beide noch Kinder! Haben die ganze Zeit nur Blödsinn gemacht!«
    » Du hast die ganze Zeit nur Blödsinn gemacht.«
    »Ja, und wenn schon! Das macht man doch so, wenn man achtzehn ist.«
    »Und dabei spielt es keine Rolle, wie es den anderen geht? Du machst einfach so weiter, solange es dir gut dabei geht?«
    »Remi, jeder hat im Leben schon mal etwas getan, das er hinterher bereut. Es gibt vieles, das ich rückgängig machen würde, wenn ich könnte, vieles, was ich lieber nicht gesagt hätte, und wenn es das ist, was du von mir hören willst, dann ja, es tut mir leid, was damals zwischen uns passiert ist, wirklich. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Und ich entschuldige mich dafür. Okay? Könnten wir jetzt unser Leben weiterleben? Please! «
    »Ich höre dir doch an, dass du das nicht ernst meinst.«
    Emilie verdreht die Augen, aber Remi sieht sie nur mit eisigem Blick an.
    »Okay«, sagt Emilie und seufzt. »Aber sag hinterher nicht, ich hätte mich nicht entschuldigt.«
    »Dafür ist es jetzt eh zu spät.«
    Remis Augen machen ihr eine Todesangst. In seinem Blick ist keine Hoffnung mehr, nur noch blanker Hass.
    Du musst irgendetwas tun, denkt sie.
    80
    Trine setzt das Headset auf und holt tief Luft. »Ich bin so weit«, sagt sie und sieht Tellefsen an.
    Die Unterhändlerin sitzt mit einem A4-Block und einem Stift in der Hand neben Trine. Sie kennt die Krisenpläne der Polizei für solcherlei Situationen und weiß, dass irgendjemand die Maßnahmen notieren muss, die vorgeschlagen und umgesetzt werden.
    »Denken Sie daran«, sagt Tellefsen, »ich bin die ganze Zeit über bei Ihnen. Sehen Sie mich an, und achten Sie darauf, was ich aufschreibe, während Sie mit ihm reden. Versuchen Sie, ruhig zu wirken und Sicherheit auszustrahlen. Seien Sie beherrscht. Lassen Sie ihn nicht merken, dass Sie nervös sind.«
    »Ist das so offensichtlich?«, fragt Trine und lacht kurz.
    »Ich bin in diesen Situationen auch immer nervös«, sagt die Unterhändlerin. »Aber nur so hole ich das Beste aus mir heraus. Und noch etwas: Sprechen Sie ihn mit seinem Vornamen an. Remi. Vielleicht gibt ihm das das Gefühl, dass Sie sich kennen. Nennen Sie auch die Vornamen der Geiseln, wann immer Sie können. Dann fällt es ihm möglicherweise

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