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Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Titel: Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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drängen, Trine. Ich weiß ja, wie schwer es im Augenblick für dich ist. Aber hast du schon darüber nachgedacht, was du tun willst?«
    Trine seufzt, tritt an den Rand der Felsen und blickt hinab auf den Gesteinsschutt am Fuß der Klippen, die von der Dünung ausgehöhlt werden. Der Wind greift sich eine Haarsträhne, die sich unter ihrer roten Kappe hervorgemogelt hat.
    »Nein«, sagt sie.
    Trine dreht das Gesicht aus dem Wind, und es beginnt, im Telefonhörer zu heulen.
    Es stimmt nicht, was sie sagt. Sie hat sehr wohl darüber nachgedacht, was sie tun will. Das einzig Vernünftige. Einen anderen Weg gibt es nicht.
    42
    Brinken ist ein Wohnviertel von den Ausmaßen einer kleineren Ortschaft. Fährt man Jessheim von Süden aus an, liegt es zur Linken der Hauptstraße. Henning ist diese Hauptstraße schon zigmal entlanggefahren, aber noch nie abgebogen. Als er es jetzt tut, ist alles genauso, wie er es sich vorgestellt hat. Einfamilienhäuser in Reih und Glied; wenig Neues, die meisten Häuser scheinen aus den Siebzigern und Achtzigern zu stammen. Asphaltierte Straße und gepflasterte Gehwege.
    Henning folgt dem Navi, in das er die von Atle Abelsen genannte Adresse eingegeben hat. Sogar die Nummer des Grundbucheintrags hatte Atle parat, ebenso wie eine ausführliche Beschreibung von Erna Pedersens Wohnsitz – einem langweiligen Zweifamilienhaus.
    Als Henning ankommt, ist er erstaunt, wie gut erhalten das Haus ist. Die Wände sind mit senfgelb gestrichenen Paneelen verkleidet. Flachdach. Der Rasen in dem kleinen Garten ist ordentlich gemäht. Hecke, Blumenbeete, Apfelbaum. Terrasse. Das Haus ist vor Kurzem erst instand gesetzt worden.
    Henning parkt am Straßenrand und klingelt. Es ist niemand zu Hause. Was nicht weiter verwunderlich ist. Sicher sind die Bewohner bei der Arbeit. Henning nimmt eine Visitenkarte und schreibt auf die Rückseite, dass er gerne Kontakt zu einem Bewohner aufnehmen würde, und schiebt das Kärtchen zwischen Tür und Türrahmen, ehe ihm aufgeht, dass der neue Eigentümer Erna Pedersen vielleicht gar nicht kennt.
    Kurzerhand ruft er Tom Sverre Pedersen an.
    »Sie schon wieder?«, fragt der Universitätsarzt.
    »Ja, ich schon wieder«, antwortet Henning. »Ich bin gerade in Jessheim, und da ist mir etwas eingefallen. Sie sagten ja, dass Ihre Mutter ein rechter Drache sein konnte, aber wissen Sie, ob sie zu einem ihrer Nachbarn ein einigermaßen gutes Verhältnis hatte?«
    Pedersen antwortet nicht gleich. »Wenn überhaupt, dann nur zu Borgny«, sagt er schließlich. »Aber ich weiß nicht, ob sie noch immer dort wohnt.«
    »Borgny und wie weiter?«
    »Borgny Ramstad. Sie waren im selben Strickkreis, soviel ich weiß, vor ewigen Zeiten. Grüßen Sie sie von mir, wenn Sie sie antreffen.«
    »Mache ich. Danke für den Tipp.«
    Henning beendet das Gespräch und spaziert zu dem Gestell mit den Briefkästen. Auf einem davon steht über einer krakeligen 25 RAMSTAD . Henning sieht sich um, entdeckt eine Hauswand mit der gleichen Zahl, geht hinüber und klingelt. Auch dort öffnet niemand, und er hinterlässt eine weitere Visitenkarte mit einem kurzen Gruß in der Türritze.
    Auf dem Weg zurück zum Auto bekommt Henning eine Push-Nachricht auf sein Handy.
    »Laut VG hat Justizministerin Trine Juul-Osmundsen seit gestern Nachmittag nichts mehr von sich hören lassen. Der Ministerpräsident ist besorgt.«
    Henning klickt den angehängten Link an und erfährt, dass Trine am Vorabend nicht nach Hause gekommen und auch am Morgen nicht zur gewohnten Zeit bei der Arbeit erschienen ist. Niemand aus dem Ministerium kann sie erreichen. Sämtliche Informationen an die Medien laufen über Katarina Hatlem, Trines Kommunikationschefin, die die Situation zu entschärfen versucht. Sie wiederholt den Refrain vom Vortag, dass Trine sich nicht zu den Vorwürfen einer anonymen Person äußern möchte und sich gezwungen sieht, vor dem enormen Druck der Medien in Deckung zu gehen. Was Hatlem nicht sagt, ist, ob sie Trines momentanen Aufenthaltsort kennt.
    Es gibt keine Zeugen, die sie irgendwo gesehen haben, liest Henning weiter. Weder an Tankstellen oder Geschäften noch im Foyer irgendeines Hotels. Dass der Sicherheitsdienst behauptet, er kenne die geografischen Koordinaten der Justizministerin, wird allgemein angezweifelt. Die Fragen bleiben die gleichen. Wo ist sie? Was treibt sie?
    Ohne die Information, dass Trine vor einiger Zeit wegen Depressionen krankgeschrieben war, wäre Henning wahrscheinlich nicht annähernd

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