Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
Vom Netzwerk:
Schlüsselkarte war weg.
    44
     
    U m 17.03 Uhr hatte der Streifenpolizist Rasmus Villadsen den ersten Schuss gemeldet. Als er den Notruf über den Polizeifunk abgesetzt hatte, klang er zunächst völlig verwirrt. Nachdem er sich dann beruhigt hatte, konnte er berichten, dass nur ein einziger Schuss gefallen sei, als er und seine Kollegin Gertrud Friis den Vægterparken 12 erreicht hatten, um Uffe Overbye zu verhaften. Bei dem Vorfall sei jedoch niemand zu Schaden gekommen.
    »Halten sich an dieser Adresse noch andere Personen auf?«, fragte ihn der Beamte, der die Meldung entgegennahm.
    »Uns wurde im Vorfeld berichtet, dass er eine Frau und zwei Kinder hat, aber wir haben niemanden gesehen. Wir haben lediglich geklingelt, und kurz darauf hat er auf uns geschossen. Was zum Teufel sollen wir jetzt tun?«
    Thor überholte die anderen Fahrzeuge auf der Langebro und zog dann quer rüber, um auf dem Amagerboulevard abzubiegen. Die anderen Verkehrsteilnehmer hupten ihn erschrocken an. Er hatte kein Blaulicht, hätte aber auch gar keine Zeit gehabt, es aufs Dach zu setzen, da es galt, den Wagen zu beschleunigen und auf die Amagerbrogade zu fahren. Wenn es ihm gelänge, ungehindert von einer Kreuzung zur nächsten zu rasen, müsste er in wenigen Minuten da sein. Er fluchte vor sich hin. Es war erst einen Augenblick her, dass derselbe Polizeibeamte ihn angerufen und mitgeteilt hatte, dass er und die Kollegin nun angekommen seien und geklingelt hätten. Niemand hätte geöffnet, obwohl sie überzeugt waren, dass jemand zu Hause sei. Er hatte sie gebeten, zu ihrem Streifenwagen zurückzukehren und seine Ankunft abzuwarten, aber sie hatten offenbar nicht auf ihn gehört.
    Er griff nach dem Funkgerät.
    »Haltet euch bitte einfach nur fern«, sagte er. »Sorgt dafür, dass die Nachbarn in ihren Häusern bleiben, und verhaltet euch ruhig.«
    »Werden Sie das Sondereinsatzkommando anfordern?«
    Thor seufzte.
    »Wir können nicht einfach drauflosballern, wenn da drinnen im Haus vielleicht Kinder sind. Natürlich fordere ich es an.«
    Er fluchte noch einmal und rief dann den Chef der Abteilung an, um eine Genehmigung für das Einsatzkommando einzuholen. Das war eine reine Formsache, denn die Kollegen waren bereits in dem Moment in Alarmbereitschaft versetzt worden, als die beiden Kollegen im Streifenwagen mitgeteilt hatten, sie stünden unter Beschuss. Schlimmer konnte es gar nicht laufen.
    Sie hatten im Vorfeld diskutiert, ob es notwendig sei, bei der Verhaftung von Anfang an Spezialkräfte hinzuzuziehen. Thor hatte so überzeugend dagegen argumentiert, dass sich Kraus und Ewald einverstanden erklärt hatten, darauf zu verzichten. Er war der Meinung gewesen, dass es ein unnötiges Risiko darstellte. Das Sondereinsatzkommando der Polizei war eine Antiterroreinheit. Sie war nach den blutigen Ereignissen bei der Olympiade 1972 eingerichtet worden. Nach den Terrordrohungen der letzten Jahre hatte man die finanziellen Mittel für die Einheit erhöht. Mittlerweile handelte es sich um eine professionelle Abteilung mit einer festen Mannschaft aus Präzisionsschützen und anderen speziell ausgebildeten Kräften. Früher hatte man einfach nur die härtesten Männer aller Abteilungen zusammengetrommelt. Die Einheit war dem Nachrichtendienst der Polizei unterstellt, wurde aber auch für Spezialaufgaben der normalen Polizei eingesetzt, wie beispielsweise die Festnahme von schwerbewaffneten Verdächtigen. Aber Thor wollte um alles in der Welt die Eskalation einer Situation vermeiden, die im Ausgangspunkt nur ein theoretisches Risiko darstellte, problematisch zu verlaufen. Er hatte ursprünglich damit gerechnet, dass Uffe Overbye freiwillig mitkam. Wenn es etwas gab, dass Overbyes labiles Gemüt erregte, dann doch wohl der Anblick schwerbewaffneter Spezialtrupps in Kampfkleidung.
    Stattdessen hatte Thor beschlossen, so diskret wie möglich vorzugehen und einen normalen Streifenwagen zu schicken. Und dennoch war die Sache gründlich schiefgelaufen.
    Der Vægterpark lag nahe der sich im Bau befindlichen neuen Metrostation hinter dem Kastrup Strandpark. Das Viertel erinnerte mehr an ein soziales Wohnungsbauprojekt. Besonders im Vergleich zu den anderen Reihenhäusern der Gegend, die vorausschauende Immobilienspekulanten in der Hoffnung errichtet hatten, dass die künftige Infrastruktur und die Bebauung von Ørestad die Preise schon noch in die Höhe treiben würden. Die Gegend wirkte ruhig, als Thor ankam, und nichts deutete darauf hin, dass sich

Weitere Kostenlose Bücher