Verlieb Dich nie in einen Tierarzt
deshalb raunte sie Evelyn noch über die Schulter zu: »Matthew hat die Kuh vorhin verflucht.« Dann schritt sie, von Großvater geführt, langsam und graziös in die Kirche.
Es war eine kurze, feierliche Zeremonie, während der das Brautpaar alles vergaß — die Verspätung, den Empfang vor der Kirche, ja sogar die Kuh — und die beiden nur an einander dachten. Als sie sich zurückzogen, um die Heiratsurkunden zu unterschreiben, hörte man eine Frau flüstern: »Die beiden sind wie verzaubert. Ein schönes Paar.«
»Jetzt haben wir es geschafft«, sagte Jill, als sie aus der Sakristei kamen. »Jetzt haben wir es endlich geschafft.« Sie strahlte. Aber Evelyn, die hier und da Gesprächsfetzen aufgeschnappt hatte, sagte leise: »Da bin ich nicht ganz sicher.«
Und damit hatte sie recht. An einen schnellen Aufbruch nach Wardston war wirklich nicht zu denken. Erst mußten sie alle begrüßen und sich beglückwünschen lassen. Mrs. Dorset kam mit ihrem Korb und strahlte die beiden an, als sie Matthews Arm festhielt. »Sehen Sie, ich habe Timothy mitgebracht. Oh, er war nicht in der Kirche drin, das verbietet die Ehrfurcht. Aber ich wollte ihn zumindest von der Tür aus bei Ihrer Hochzeit zuschauen lassen. Schließlich war er derjenige, der Sie beide zusammengebracht hat, nicht wahr?«
Matthew tätschelte leutselig ihren Arm und wagte sogar, die krallige Pfote zu streicheln. »Ja, ja. Guter alter Timothy. Und Sie haben geholfen, Mrs. Dorset.« Matthew konnte wirklich der netteste Mann sein.
Aber sogar er war ziemlich verblüfft, als es sich herausstellte, daß ihnen noch ein »kurzer« Empfang im Gemeindesaal bevorstand. »Sie sind sozusagen Persönlichkeiten der Öffentlichkeit«, erklärte der Gemeinderatsvorsitzende. »Nur ein kleiner Imbiß und ein oder zwei Drinks.«
Nach alledem war Jill kaum noch überrascht, als sie plötzlich vor einem riesigen Hochzeitskuchen saß, den der Frauenverein gestiftet und der hiesige Bäcker verziert hatte.
Alkohol am Vormittag war für Jill schon immer gefährlich gewesen, deshalb meinte sie später, sie wäre wohl ziemlich beschwipst gewesen und hätte sich alles mögliche eingebildet. Oder war es denkbar, daß Matthew am Ende seiner kurzen, bezaubernden Ansprache wirklich sagte: »Und Sie sollen alle mit Freuden erfahren, daß Joes Kuh wieder gesund ist und schon jetzt zum Ansehen unseres Landkreises beiträgt.« Das konnte er nicht gesagt haben, kein Bräutigam der Welt würde in seiner Hochzeitsrede über eine Kuh sprechen.
Und dann erinnerte sie sich an ihren Abschied von Großvater.
Er war von Freunden umringt und versuchte mit sanfter Gewalt, seinen Arm aus den Händen der blonden Dorfschönheit zu befreien, um seiner Enkeltochter und ihrem Mann auf Wiedersehen zu sagen. Als er die hartnäckige Hand einen Augenblick lang in seiner Hand hielt, meinte Jill gehört zu haben, wie die Blondine ihren Großvater anschwärmte »Wenn ich Sie doch nur zwanzig Jahre früher kennengelernt hätte.« Das konnte doch keine Einbildung sein. Oder sollte der Sekt am Vormittag ihre Phantasie so beflügelt haben? Robert Henderson jedenfalls schien vollkommen ungerührt nach diesem Kompliment. Er stand auf den Stufen des Gemeindesaals, auf der einen Seite Mrs. Dorset, auf der anderen Alan, und Evelyn war dicht hinter ihm, als sie alle zum Abschied winkten.
Das letzte Ereignis aber war das merkwürdigste von allen. Als Matthew ins Auto stieg, fiel ihm plötzlich noch etwas ein. »Übrigens, wo ist Bill? Er hat Kummer mit seinem Pferd. Ich war vorhin ein bißchen nervös. Aber ich wollte ihm noch etwas sagen.« Also waren die letzten Worte des Bräutigams vor der Abreise: »Und heißen Kleiebrei, Bill, aber vergiß nicht, daß es Ruhe braucht.«
Ja, dachte Jill, sie hatte tatsächlich einen Tierarzt geheiratet.
10
Matthew und Jill kamen nach drei glücklichen Flitterwochen auf der Südinsel nach Hause zurück. Es war Matthews letzter Urlaubstag, und sein Vertreter wollte noch am selben Nachmittag abreisen. Bei ihrer Ankunft waren sie ehrlich überrascht, als sie auf dem von Großvater ausgesuchten Platz ein kleines, grüngestrichenes Haus begrüßte. Es schien bereits Teil der Landschaft zu sein. Großvater hatte die Zeit ihrer Abwesenheit wohl genutzt.
Jill sprang aus dem Auto und umarmte ihn unter Vorwürfen. »Du hinterlistiger alter Fuchs. Ich dachte, wir hätten ausgemacht, daß wir das Haus gemeinsam nach unserer Rückkehr aufbauen. Erzähl bloß nicht, daß du
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