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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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dass der Schmuggel blühte. Daran änderte auch der Siegeszug Napoleons in Europa nichts. Dass aber ausgerechnet Russland, der Verbündete Napoleons, es mit der Einhaltung der Kontinentalsperre nicht so genau nahm und auch nach eingehenden Gesprächen der beiden Staatsoberhäupter nicht zum Einlenken bereit war, führte letztlich zum Kriegszug gegen Moskau.
    Wie lange war es her, dass der Ruf ›Moskau brennt‹ sich wie ein Lauffeuer im ganzen Reich verbreitet hatte, obwohl die regierungstreuen Zeitungen dazu schwiegen? Ein Jahr?
    Seither waren Napoleons Truppen auf der Flucht. Sie erfroren im eisigen Winter Russlands, für den sie nicht entsprechend ausgerüstet waren, ertranken in den unbarmherzigen Gewässern der Beresina, verhungerten, weil die Proviantlieferungen ausblieben, starben elend an ihren Verletzungen. Wahre Horrormeldungen erreichten auch die Bewohner der benachbarten Rheindörfer Büderich, Lank, Osterath und Ilverich. War Ilverich von den Rekrutierungen durch die Franzosen zwar noch weitgehend verschont geblieben, so wurden vor allem die männlichen Einwohner von Büderich zu Kriegsdiensten herangezogen. Mehr als zweihundert Frauen bangten um das Leben ihrer Männer. Vierzig hatten auf den Schlachtfeldern Europas bereits ihr Leben verloren. in einem Krieg, den sie nicht wollten.
    »Der Kamerad Soldat wird von der Bewachung der Gefangenen abgezogen. Ab sofort seid Ihr für sie zuständig. Aufsitzen!«
    »Macht euch keine Sorgen. Der Krieg wird für euch nicht lange dauern.« Mit festem Händedruck verabschiedete Friedrich seine Männer. Michel dankte ihm stumm. Er wusste wie sein Herr, dass gegen den Beschluss des Wehroffiziers kein Einspruch mehr möglich war. Friedrichs Worte dienten vor allem dem Trost der Frauen, die zurückblieben. Michels letzte Umarmung galt seiner Grete.
    »Wir kommen wieder. Alle.«
    »Pass auf dich auf, Michel!« Grete schluchzte auf, als Michel ihr liebevoll in die Wange kniff.
    »Lächle, wenn du an mich denkst.«
    »Warte, Michel!« Mit fliegenden Röcken lief Grete hinüber zu ihrer Stube. Als sie zurückkam, trug sie ein paar schweinslederne Stiefel in den Händen. »Mein Hochzeitsgeschenk für dich.«
    Fast ehrfürchtig nahm Michel die Stiefel an sich. Ganz fest zog er seien Grete an sich heran, vergrub sekundenlang sein Gesicht in ihren Haaren. Als er sich von ihr löste, schimmerten auch in seinen Augen Tränen.
    »Mein Geschenk an dich bekommst du nach meiner Rückkehr, Grete.« Abrupt wandte Michel sich ab, um seinen Kameraden in den Krieg zu folgen.
    »Komm heil zurück, alter Freund«, schickte Friedrich ihm seinen stillen Wunsch hinterher.
    *
    Von den Geschehnissen draußen auf dem Hof bekam Maribel in ihrem Gefängnis nur wenig mit. Sie verspürte tiefe Freude, als auch ihr Bewacher mit der kleinen Gruppe davongaloppierte. Wenn jemals Hoffnung bestand, dass ihr die Gefängnisstrafe erlassen oder zumindest erleichtert wurde, dann jetzt. Schließlich hatte sie nichts Ernsthaftes verbrochen. Im Gegenteil, sie fühlte sich zu Unrecht verurteilt. Als Einzige hatte sie Mitleid mit dem kleinen Schweinejungen verspürt, ihn vor Erfrierungen bewahren wollen. Der Gewehrschuss war das Ergebnis unglücklicher Umstände gewesen. In der Zeit, aus der sie kam, wäre ihre Tat mit Freispruch belohnt worden.
    Doch Maribel wartete vergeblich. Niemand schien sich mehr an sie zu erinnern. Nachdem die kleine Gruppe den Hof verlassen hatte, verschwanden die Zurückgebliebenen in die Häuser. Lähmende Stille senkte sich über das Anwesen. Selbst die Tiere in den Ställen schwiegen.
    Enttäuscht und zum ersten Mal wirklich mutlos, zog Maribel sich wieder unter ihre Decke zurück. Nun hatte sie sogar noch ihren unsichtbaren Bewacher eingebüßt, ihr Verbindungsglied zur Normalität. Ein paar vorwitzige Mäuse blieben ihre einzige Gesellschaft.
    *
    Maribel musste eingeschlafen sein, jedenfalls erwachte sie, als sich der Schlüssel zu ihrem Gefängnis im Schloss drehte. Wieder war es Lisette, die nach ihr sah.
    »Komm mit.« Ihre Wangen nahmen eine leichte Röte an. Ihr war sehr wohl bewusst, dass Maribel sie bei ihrem Schäferstündchen mit dem französischen Soldaten belauscht hatte.
    »Wo bringst du mich hin?«
    »Lass dich überraschen.«
    Als Maribel sich zögernd erhob, wurde ihr schwarz vor Augen. Halt suchend stützte sie sich mit der Hand an der Wand ab. Sofort trat Lisette an ihre Seite und stützte sie.
    »Ein paar Schritte nur, dann hast du es geschafft.«
    Maribel fühlte

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