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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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stammt nicht aus der Gegend.«
    Friedrich seufzte schwer, als er sich ihr entzog. Er trat ans Fenster. Draußen zog der Morgen herauf. Nebel lag über den Feldern. Der Hahn krähte bereits zum zweiten Mal. Irgendwo aus der Ferne hallten Gewehrschüsse zu ihnen herüber. Vermutlich eine weitere Auseinandersetzung der feindlichen Truppen.
    Der Wind trieb vereinzelte Schneeflocken am Fenster vorbei. Die Männer da draußen an ihrem Lagerfeuer würden frieren, wenn es abbrannte. Trotz der Abscheu, die er für sie empfand, verspürte er auch Mitleid. Und Dankbarkeit, weil sie seine Familie und ihn nicht zum Wohnen und Schlafen hinüber in die Wirtschaftsgebäude geschickt hatten. Andrej selbst hatte mit seinen Vertrauten dort Quartier bezogen.
    Zwiespältige Gefühle.
    Bestehende Regeln galten nicht mehr. Wieder einmal schien sich die Welt zu verändern.
    Und nun also auch noch Agnes, seine Frau, die eine Antwort auf ihre Frage erwartete.
    »Du hast recht, Agnes. Maribel stammt nicht aus dieser Gegend. Sie stammt nicht einmal aus dieser Zeit.« Als er ihre ungläubigen Augen auf sich gerichtet sah, kniete er wie ein kleiner Junge zu ihren Füßen nieder. Sie bettete seinen Kopf in ihren Schoß und wartete mit klopfendem Herzen darauf, was er ihr zu sagen hatte. Erst stockend, dann sprudelnd, erleichterte Friedrich seine Seele. Rückhaltlos erzählte er Agnes, wie er in der Weihnachtsnacht aus Sorge um sie und das ungeborene Kind nach Hilfe gesucht hatte. Ein helles Licht hatte ihm den Weg zu Maribel gewiesen.
    »Ich weiß bis heute nicht, wie es geschehen ist. Ich ging auf das Licht zu, plötzlich sah ich sie. Sie schraubte an einem riesigen Kasten mit einem Rohr herum. Ich bat sie, mit mir zu kommen. Sie schien sogar froh darüber zu sein.«
    Ihm fiel ein, dass er Maribel mit Waffengewalt hatte zwingen müssen, ihm bis zur Kutsche zu folgen. Vorsorglich zog er es vor, seiner Frau diesen unbedeutenden Umstand zu verschweigen.
    Agnes fühlte, wie ihr das Herz schwer wurde. Für wie dumm hielt er sie, wenn er ihr eine solch diffuse Geschichte auftischte? Erwartete er ernsthaft, dass sie ihm seine märchenhafte Erklärung abnahm?
    Er hatte nichts anderes erwartet, wie sie es an seinem erschöpften Mienenspiel erkannte. Seine Haut wirkte müde und grau. Die Falten neben seiner Nase schlugen tiefe Kerben ins Gesicht. Als sie ihm mit der Hand zärtlich über die Haare strich, fürchtete sie sogar, er würde in ihrem Schoß einschlafen.
    »Liebst du sie?«
    Die Frage kam für sie überraschend. Er spürte, wie sein Herz einen Augenblick auszusetzen schien. War Liebe nicht ein viel zu großes Wort? Er begehrte Maribel. Er sehnte sich danach, ihre Haut zu berühren, sie in seinen Armen zu fühlen, ihren Duft zu atmen.
    Aber Liebe?
    »Nein«, antwortete er mit fester Stimme und hob den Kopf, um seiner Frau dabei in die Augen zu sehen. Schließlich war sie es, die die Augen als Erste mit einem Lächeln senkte.
    »Wir müssen ihr helfen, dorthin zu kommen, wo sie hingehört. Das ist dir doch klar, Friedrich?« Agnes formulierte absichtlich vage, um ihm den Ausweg zu lassen, eines Tages von seiner Geschichte abzurücken und ihr die Wahrheit zu sagen.
    Unbehaglich verzog er den Mund. »Vermutlich hast du recht«, sagte er endlich. »Wenn ich nur wüsste, wie.«
    »Ich helfe dir.«
    Ein tiefer Seufzer der Dankbarkeit entrang sich seiner Brust. Trotz ihrer Schwäche stand sie ihm zur Seite, nicht nur in dieser ungewöhnlichen Nacht.
    »Du gehörst längst ins Bett, wenn du morgen wieder bei Kräften sein willst.«
    »Ich fürchte, ich kann nicht schlafen. Zu viele Gedanken quälen mich.«
    »Es gibt für dich keinen Grund zur Sorge, Agnes. Denk an unseren Sohn und daran, wie viel Freude er uns noch machen wird. Er ist der Erste einer neuen Dynastie derer von Leyen.«
    Mit einem müden Lächeln erhob er sich von den Knien und klopfte den Staub von seiner Hose. Beruhigend reichte er ihr den Arm, um sie nach drüben in ihr eigenes Zimmer zu führen.
    Ob sie von mir erwartet, dass wir die Nacht gemeinsam verbringen? Der Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Er verwarf ihn sofort. Ihr Gesundheitszustand erlaubte es nicht, ihr beizuwohnen, und es kam ihm nicht in den Sinn, das Bett nur mit ihr zu teilen, um in ihrer Nähe zu sein.
    Agnes schwankte leicht. Schwer stützte sie sich auf seinen Arm. »Hilfst du mir, das Kleid zu öffnen?«
    Seine Finger schienen viel zu plump und ungeschickt für die vielen Haken und Ösen zu sein. Er schwitzte, als

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