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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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wehenden Röcken setzte sie dem Soldaten nach, der gerade versuchte, das erbeutete Laken in seinen Beutel zu stopfen. Laken gaben eine hervorragende Decke ab. zerschnitten eigneten sie sich als Verbände oder Halstücher, und in Streifen geschnitten, konnte man damit kaputte Stiefel umwickeln.
    Ein Soldat, der ein eigenes Laken besaß, war ein glücklicher Mann.
    Grete kümmerte sich nicht um das Laken. Sie stürzte sich auf die Stiefel des Soldaten. Verzweifelt begann sie, daran zu zerren.
    Zunächst war der Mann zu verdutzt, um zu reagieren, doch dann stieß er Grete unwillig zu Boden. Stiefel waren im Krieg noch kostbarer als Laken, die ließ ein Soldat sich nicht ohne Gegenwehr abnehmen.
    Andrej und Maribel waren fast gleichzeitig bei den beiden, Friedrich folgte ihnen auf dem Fuß.
    »Was geht hier vor?«, verlangte er zu erfahren.
    »Sie will ihm seine Stiefel wegnehmen«, antwortete Maribel. Sie begriff nicht, was in die Köchin gefahren war.
    »Grete! Lass den Soldaten in Ruhe. Das dumme Laken ist es nicht wert, dass du hier einen solchen Aufstand machst!«
    Aufmerksam wanderte Andrejs Blick von der verzweifelten Frau hin zu den Stiefeln des Soldaten. Sie waren so gut wie neu. Deutsche Wertarbeit. Andrej ging in die Knie. Sanft und beruhigend sprach er auf Grete ein. Er sprach Russisch, doch auf wundersame Weise schien sich der Sinn seiner Worte Grete zu offenbaren. Schluchzend ließ sie von dem Mann ab. Sie ließ es sogar zu, dass er ihr zärtliche die Wange streichelte, bevor er ihr aufhalf.
    »Sie wird dir jetzt ins Haus folgen«, sagte Andrej leise zu Maribel.
    »Aber was hat sie?«
    »Sie liebt den Mann, der die Stiefel vor Gregor getragen hat.«
    »Die Stiefel haben Michel gehört?« Maribel fühlte, wie das Entsetzen ihr eine Gänsehaut über den Rücken trieb. Mitleidig schloss sie Grete in die Arme.
    »Ich bring sie ins Haus.«
    Friedrich wartete, bis die Frauen außer Hörweite waren.
    »Michel ist mein Meisterknecht. Er und Grete wollten heiraten. Fragt ihn, woher er die Schuhe hat.«
    Die Gewissheit, dass Friedrich und er dieselbe Frau liebten, hatte Andrejs Abneigung gegen den Hofherrn nicht gemildert. Im Gegenteil. Er nutzte jede noch so kleine Gelegenheit, ihn seine Abhängigkeit spüren zu lassen.
    »Bettlaken. Viele«, forderte er.
    Friedrich war sich sicher, deutlichen Spott herauszuhören. Wütend bohrte sich sein Blick in Andrejs Augen.
    »Bettlaken. Alle«, konterte Andrej.
    Rutsch mir doch den Buckel runter, fluchte Friedrich innerlich und wandte sich zum Gehen. Noch bin ich der Herr auf dem Hof.
    Hinter ihm grinste Andrej still in sich hinein.

XXV
    Es war Abend, kurz nach sechs. Das versammelte Gesinde saß bei Tisch wie unzählige Male zuvor. Vier Plätze blieben leer. Drei von den Knechten, die in den Krieg gezogen waren. Und der Platz von Grete. Sie lag in ihrem Bett, vor Erschöpfung war sie schließlich eingeschlafen. Während des Essens wanderten die Blicke der anderen immer wieder zu dem Stuhl hinüber, der für Michel bestimmt war. Niemand wagte auszusprechen, dass er vielleicht nie wieder zu ihnen zurückkehren würde.
    Es klopfte. Schließlich erhob sich Maribel, um an die Tür zu gehen. Überrascht erkannte sie Andrej, der mit finsterer Miene die anderen am Tisch musterte.
    »Kann ich dich sprechen? Allein?«
    Maribel nickte und griff nach ihrem Umhang. Sie gingen ein paar Schritte, bevor er zu reden begann.
    »Es tut mir leid, was heute geschehen ist«, sagte er. »Gregor ist ein feiner Kerl, ein guter Soldat. Wenn er die Stiefel eures Knechtes trägt, dann nur, weil er sie dringend braucht.«
    »Weiß er, was mit Michel geschehen ist?«
    Andrej zuckte mit den Achseln. »Vielleicht ist er gefallen. Möglicherweise aber auch nur in Gefangenschaft geraten. Es ist Krieg, Maribel. Viele meiner Männer sind tot.« Seine Stimme klang rauer als sonst. Als sie zu ihm aufblickte, entdeckte sie rote Flecken auf seinen Wangen.
    »Wieso zieht ein Mann wie du in den Krieg?« Sie nahm seine Hand mit den langen schlanken Fingern. »Eine solche Hand scheint mir mehr fürs Klavierspielen als fürs Töten geeignet.«
    Andrej lachte überrascht, zog seine Hand jedoch nicht zurück. »Für den Hausgebrauch spiele ich gar nicht mal so schlecht. Sogar euren Mozart beherrsche ich. Mein Vater hat mich zu einem richtigen Mann erzogen. Meine Mutter stammt aus Deutschland und hat in mir den Künstler geweckt. Zumindest hat sie es versucht.«
    Ehe Maribel sich versah, wirbelte er sie herum, bis sie

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