Verliebe dich nie in einen Rockstar
Magen und meine Knochen befanden sich noch gut einen Kilometer weiter hinten, an der roten Ampel, die Ian überfahren hatte.
»Hallo Mädels«, begrüßte mein Bruder meine Freundinnen.
Ganz lässig saß er auf seinem schwarzen Motorrad und schien immer noch nicht genug Adrenalin bekommen zu haben, denn er gab schon wieder Gas und brauste davon.
»Hey Ian!«, kam es von ihnen wie aus einem Mund. Besonders Violet, die schon seit Jahren auf ihn stand, strahlte wie ein Honigkuchenpferd auf Ecstasy übers ganze Gesicht. Nur dumm, dass sie, als sie Ian zum Abschied winkte, ihre beiden Arme benutzte, sodass ich Bekanntschaft mit dem dreckigen Boden machte.
»Oh sorry, Zoey!«
»Schon gut«, presste ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Meine blaue Weste hatte den Sturz abgefedert. Nur meine Knie taten ein wenig weh. »Jetzt weiß ich wenigstens, wie sich Nell gefühlt hat.«
Irgendeine Hand packte meinen Arm und der Jemand, dem diese unglaublich raue Hand gehörte, zog mich hoch. Da ich die Augen geschlossen hatte – wegen des schmerzhaften Aufpralls und weil ich schon nicht mehr mit ansehen konnte, wie mich die gesamte Schule anglotzte – bemerkte ich erst zu spät, dass mir Alex auf die Beine geholfen hatte.
»Wer war das, Kali?«, fragte er mit kalter Stimme und deutete mit dem Kinn in die Richtung, in die mein Bruder mit mörderischer Geschwindigkeit abgerauscht war.
»Mein ...« Ich hielt inne, als ich Alex’ merkwürdigen Gesichtsausdruck registrierte. »Mein Freund.«
Nell, Violet und Serena starrten mich an, hielten aber den Mund.
»Dein ... Freund?«, wiederholte Alex ungläubig. »Du hast einen Freund?«
»Klar«, sagte ich und schenkte ihm ein schiefes Grinsen. »Er liebt mich und ich liebe ihn. Alles schön und so. Stimmt’s, Leute?«
»Ja, ja.« Meine Clique nickte. »Traumpaar Nummer Eins.«
Alex schnaubte. Dann ließ er den Blick über mich schweifen. »Warum trägst du so was ?«
Er zupfte an meinem schwarzen Bandana mit Feuermotiv, das übrigens meinem Bruder gehört hatte, als er in seiner kurzen Bikerphase gewesen war. »Das habe ich nur wegen dem Unfall in Chemie aufgesetzt.« Ich riss seine Hand los. »Du Arsch!« Meine Hand glitt zu meinen Mund. War das schon wieder über meinen Lippen gekommen?
»Lass mal sehen!« Mit einer flinken Handbewegung öffnete er den Knoten des Tuches und enthüllte meinen neuen Haarschnitt. »Hm ...«
»Einen Moment!« Serena rannte auf uns zu und strich ein paar Mal mit ihrer Bürste über meine Haare – leider kein Scherz. Ich kam mir vor wie eine dunkelhaarige Barbie. »So, das sieht jetzt wieder gut aus.«
Völlig unerwartet ließ Alex seine Hand in meine Haare gleiten und strich durch die neue Frisur.
»Serena, hast du das gemacht?«
Meine Freundin nickte eifrig. »Ja, war alles Serenas Werk.«
Alex lächelte sie an und ich war mir sicher, dass ich jetzt einen ähnlichen Gesichtsausdruck wie Alex vor nur ein paar Minuten hatte – war das wirklich Eifersucht?
Erst als Alex seine Hand zurückzog, bemerkte ich, wie warm mir geworden war.
»Alex?«, fragte ich.
»Kali?«
»Du bist ein riesengroßer Trottel!«, beschimpfte ich ihn. »Du bist gestern nicht früher darauf gekommen, mir Wasser auf die Stelle zu schütten, an der ich gebrannt habe? Ich war gut eine halbe Minute lang eine lebende Fackel! Weißt du, Feuer und Wasser passen nicht zusammen. Bei Wasser geht Feuer aus. Aber ich weiß, dass du solch elementare Grundregeln nicht kennst.«
Nach meiner Schimpftirade atmete ich schwer.
»Sorry«, entschuldigte er sich und grinste breit. »Die Brünette mit dem Arschgeweih hat so verlockend mit dem Hintern gewackelt. Das hat mich abgelenkt.«
»Idiot!« Ich rollte mit den Augen. »Wenn du bei der Nachhilfe auch nur an attraktive Frauen denkst, dann schaffst du dieses Jahr wieder nicht.«
»Was?«, fragte er erstaunt.
»Samstag, Punkt dreizehn Uhr in der Bibliothek, falls du diesen Ort kennst.«
»Keine Angst.« Er fischte sein Handy aus der Hosentasche. »Ich habe eine Google-Maps-App.«
»Also, gibt es noch etwas, das du wissen willst?«
»Ich würde gern wissen, wie viel du in der Stunde kostest.« Er beuge sich ein wenig zu mir herunter. »Ich bin bereit, alles zu zahlen.«
»Ich bin doch keine Hure!«, schrie ich ihn an.
In dem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher als einen Baseballschläger. Mit Nägeln. An denen Alex‘ Blut klebte.
»Eine Nachhilfestunde, Kali.«
»Weiß ich noch nicht«, sagte ich
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