Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
Quiches.
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das festzustellen«, sagte ich.
Wir aßen von jedem Gericht, ließen jedoch den größten Teil für den Tiefkühler übrig. Außerdem gab es Safranreis und Kokosmilch, beides auf Bibs Bitte hin gekauft. Vivian schlief noch. Eine frühe Dosis Morphium hatte nur ungenügend gewirkt, die zweite – auf ihre Bitte hin gewährt – hatte sie in Tiefschlaf fallen lassen. Ich hatte gehofft, etwas gekocht zu haben, worauf sie Appetit hatte, doch es tat mir auch gut, die vollmundigen Lobeslaute der am Tisch Versammelten zu hören und zu sehen, wie sie aneinander vorbeigriffen, um sich einen Nachschlag aufzutun.
Nach dem Abendessen schlug Bib vor, Pictionary zu spielen.
Jennifer klinkte sich aus, weil Porcupine quengelte. »Es ist Zeit für das Gute-Nacht-Ritual.«
Ich bot an, mich an Vivians Bett zu setzen. »Nur damit sie nicht allein ist.«
»Ich bin ein Meister in Pictionary«, sagte Elliot zu mir. »Einmal habe ich in nur fünf Sekunden einen Pavillon gezeichnet. Es könnte sein, dass du die Entstehung eines echten Kunstwerks verpasst.«
»Ich hab mal eine Karotte gezeichnet, und Onkel Elliot dachte, es wäre ein Surfbrett«, erzählte Bib. »Er hat immer wieder behauptet, es wäre ein Surfbrett, obwohl das nicht stimmte.«
»Und dann hab ich geschmollt.« Er schürzte die Lippen, und die Erinnerung an unseren Kuss auf dem See blitzte in meinem Kopf auf. Diese Lippen. Mir wurde flau im Magen. Draußen war die Dämmerung hereingebrochen. Ich fragte mich, ob wir beide irgendwann wieder allein sein würden – und wenn, was dann geschähe.
»Hebt mir die Zeichnungen doch einfach auf und erklärt sie mir später«, schlug ich vor.
»Unsere Meisterstücke «, korrigierte Elliot. »Richtig, Bib?«
Sie lächelte verlegen. »Richtig.«
Das Kopfteil von Vivians Bett war schräg gestellt. Ihre Augen waren geschlossen. Die Haare sahen aus, als hätte sie unruhig geschlafen. Natürlich durfte ich Vivian nicht wecken, aber ich wollte zu gerne noch einmal die magischen Worte von ihr hören – Ich würde dich überall erkennen – oder irgendetwas anderes, das mir das Gefühl gab, angekommen zu sein. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, das sich am Strand verirrt hatte und mit einem Eimerchen in der Hand, das bei jedem Schritt an sein Bein schlug, unter jedem Sonnenschirm nach seinen Eltern suchte. Ich wünschte, ich hätte von allen Frauen, die eine Mutterfigur für mich hätten sein können – Mrs. Fogelman hatte ihr Bestes getan; Eila kam überhaupt nicht infrage; Peters Mutter war kalt wie ein Fisch und hatte mich nie besonders gemocht –, meine Hoffnungen nicht ausgerechnet an Vivian festgemacht. Sie lag im Sterben. Es fehlte mir schlicht und einfach die Zeit, all die Mutterliebe in mich aufzusaugen, die mir verwehrt geblieben war.
Um sie nicht zu wecken, ließ ich mich in dem Ruhesessel am anderen Ende des Raumes nieder. Doch sie schien meine Gegenwart zu spüren, denn schon kurz darauf öffnete sie die Augen und schaute mich an. »Giselle«, sagte sie. »Ich habe sie mitten in der Nacht gerettet.«
»Ich bin nicht Giselle.« Ich stand auf und ging zu ihr, damit sie mich im Licht der Tischlampe sehen konnte. »Ich bin’s.« Unsicher, ob ich mich Elizabeth oder Gwen nennen sollte, sagte ich noch einmal nur: » Ich bin’s.«
Ich legte meine Hand auf ihre, und Vivian ergriff sie und drückte sie fest. Zornig fuhr sie mich an: »Sag ihm die Wahrheit!« Und dann flehte sie: »Versprich es mir!« Offenbar hatte Giselle sie tief enttäuscht, und das nicht nur einmal. Ich kam mir wie eine Betrügerin vor – als Giselle und als Gwen.
»Ich verspreche es. Ich werde es tun.«
Ihre Hand entspannte sich. Müde schloss Vivian die Lider. Tränen liefen aus ihren Augenwinkeln in die Haare an den Schläfen. »Richte mir mein Haar«, flüsterte sie. »Es ist ganz zerzaust.«
Ich strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und fuhr dann behutsam über ihre Haare, zuerst mit den Fingerspitzen, dann mit der ganzen Hand, wieder und wieder. Sie waren fein und weich. Seltsam. In diesem Moment kam es mir vor, als wäre ich ihre Mutter, doch auch das fühlte sich gut an. Ist es nicht allgemein so, dass die Rollen von Müttern und Töchtern fließend ineinander übergehen, sodass aus Töchtern Mütter werden? Die eine lehrt die andere, Mutter zu sein, damit sie eines Tages selbst wie ein Kind versorgt werden kann. Es war mir nie bewusst gewesen, dass ich auch verpassen würde, meine Mutter im
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