Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
das seine Mutter mir geschenkt hatte. Ich nahm es heraus, schaute es mir ein letztes Mal an – die dreiköpfige Familie, die zarte Gardine, die kabbelige Wasseroberfläche im Hintergrund – und gab es ihm. Es gehörte mir nicht.
»Nein«, lehnte er ab. »Sie hat es dir geschenkt.«
»Aber es gehört mir nicht wirklich.«
»Doch, das tut es.«
»Du wirst froh sein, wenn du es hast«, sagte ich, »später, wenn sie …«
»Es ist deins«, erklärte er entschieden. »Es war ihr Wunsch, dass du es bekommst.«
Ich legte das Foto auf meinen Schoß. Was sollte ich damit tun? Wo sollte ich es hinstellen? Etwa ins Wohnzimmer neben das von meiner Mutter in dem Kleid mit den Spaghettiträgern und mit der perlenbestickten Tasche in der Hand? Wie würde Peter das finden? Für den Moment packte ich es wieder ein. In Wahrheit wollte ich es behalten. Ich hatte gehofft, dass Elliot es nicht zurücknehmen würde.
»Ich möchte … Bitte ruf mich an, wenn es so weit ist … wenn es zu Ende geht. Ich muss es wissen.« Ich wollte ihm erzählen, dass seine Mutter mir eingeschärft hatte, mit einem Rechen auf der Wiese zu stehen und keine Entscheidungen zu treffen, die auf Angst basierten – aber ich konnte es nicht.
Er nickte.
Ich stieg aus, schlug die Tür zu und floh. Als ich mit schnellen Schritten an der Reihe beschlagener Fenster des Bahnhofsgebäudes entlang zum Eingang ging, sah ich mich verschwommen wie im Nebel dahinschweben.
Teil 3
24
W ährend der Bahnfahrt beschloss ich, dass ich härter werden musste. Wenn mein Vater das konnte, müsste ich es doch auch schaffen. Ich würde meine Emotionen ausklammern. Ich würde die Ehe wissenschaftlich betrachten, dieses Ding, das Peter und ich da miteinander hatten. Ich würde mich der Materie nähern, wie mein Vater sich einer zwitschernden Forelle vor der Küste von Cape Cod näherte. Ich würde von ganz unten anfangen, einfache Fragen stellen, um einfache Fakten zu finden: Was ist die Ehe? Wie funktioniert sie im Privatleben, in der Öffentlichkeit? Welche Rolle spielt sie für die Beteiligten im Speziellen und in der Gesellschaft im Allgemeinen? Und natürlich wollte ich unbedingt ergründen, was die Ehe für mich persönlich bedeutete, was sie mir abverlangte, was ich ihr schuldig war und was sie umgekehrt mir schuldig war.
Die einzige Schwachstelle in diesem Plan war, dass mein Vater nicht mehr mein einziges Vorbild auf dem Gebiet des Verlustes war. Meine Gespräche mit Vivian gingen mir durch den Kopf. Mir war klar, dass ich auf meiner Suche nach einfachen Fakten meinen Vater zur Rede stellen musste. Nicht ganz so deutlich, aber immerhin erkennbar war mir bewusst, dass ich von jetzt an nicht mehr in der Lage wäre, mir meine Entscheidungen von Angst diktieren zu lassen. Ich hatte zwar keine genaue Vorstellung davon, was das wirklich bedeutete, aber eines stand fest: Diese neue Art zu leben würde Mut erfordern, und ich war mir nicht sicher, ob ich diesen Mut besaß.
Ich war nicht bereit, so mutig zu leben. Noch nicht. Elliot war wie ein Sturmwind in mein Leben zurückgewirbelt und hatte mich von den Füßen geweht. Konnte ich mit dem Mutigsein nicht warten, bis ich zumindest ansatzweise eine Vorstellung hätte, wo ich in meinem Leben stand? Ich gewährte mir diesen Aufschub.
Ich wusste, dass das feige war und falsch, doch ich hoffte, Vivians Klugheit und ihr Anstoß, nicht länger ein angstbestimmtes Leben zu führen, würden mir die nötige Kraft geben, wenn ich sie brauchte.
Für den Moment konzentrierte ich mich auf den Versuch, wieder Ordnung in mein Leben zu bringen.
Als ich nach Hause kam, lag Peter, dem Fernseher zugewandt, mit angezogenen Beinen auf dem Sofa und schlief. Das Gerät lief, aber ohne Ton. Peter hatte sich eines der Sofakissen unter den Kopf geklemmt und eine Hand vor der Brust zur Faust geballt. Ich quetschte mich in die Lücke zwischen der Armlehne und Peters Füßen – er hatte die Schuhe noch an. Wahrscheinlich war er unterwegs gewesen, spät nach Hause gekommen – vielleicht angetrunken – und hier in Tiefschlaf gefallen. Wegen der ständig wechselnden Schichten im Krankenhaus war seine biologische Uhr völlig aus dem Tritt, und er schlief, wenn er müde war, ohne einem bestimmten Rhythmus zu folgen.
Ripken legte mir die Pfote aufs Knie – er wollte vor die Tür. Ich tätschelte seinen verfilzten Kopf. »Schon gut«, sagte ich. »Schon gut.«
Als ich aufstand, um die Leine zu holen, drehte Peter sich auf den Rücken und streckte
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