Verliebt bis unters Dach Roman
bis in den Speisesaal.
Der Hund hatte es irgendwie geschafft, den Kopf in das durchbrochene Schnitzwerk der Tür zu stecken. Das wurmzerfressene Holz war so mürbe, dass er es hinein geschafft hatte, aber nicht wieder zurückkam. Als Godrich unglücklich aufjaulte, wusste Liesel nicht, ob sie lachen oder in Panik geraten sollte.
»Was hat er denn bloß da gesucht?«
»Ich glaube, er wollte das da.« Alex deutete auf einen Teller mit verschrumpeltem Essen ganz hinten im Schrank.
»Dahin ist Lorraines Portion also verschwunden. Warum würde jemand denn so was verstecken... und, ach du liebe
Güte!«, rief Liesel, weil ihr ein fauliger Geruch in die Nase stieg. »Warum ist das so schnell verdorben?«
»Ich glaube nicht, dass Lorraines Essen so stinkt, ich glaube, es ist Godrich. Er hat sich übergeben«, erwiderte Alex und rümpfte die Nase.
»In dem Schrank?«
Der Junge nickte.
»Wo ist der Schlüssel?«
»Den hat Kashia.«
»Toll.«
Der Hund begann wieder zu jaulen.
»Können wir ihn mit einer Säge befreien?«, flehte Alex.
»Das könnten wir versuchen, aber ich möchte ihn dabei nicht verletzen. Er steckt da so fest drin, dass ich glaube, wir müssen den Tierarzt rufen.«
»Aber es ist vier Uhr morgens.«
»Als ob ich das nicht wüsste«, erwiderte Liesel, gähnte lauthals und lächelte dann Alex beruhigend an, der ganz entsetzt aussah. »Keine Sorge, es gibt sicher eine Nummer für Notfälle. Irgendjemand wird kommen, besonders, weil er sich übergeben hat. Ich gehe jetzt zum Telefon, und du suchst das Branchenverzeichnis.«
Als sie sich entfernten, verwandelte sich Godrichs Jaulen in ein lautes Geheul.
»So weckt er uns das ganze Hotel auf«, meinte Liesel. Sie rannten zurück in den Speisesaal. Liesel wählte die Nummer, die Alex ihr aus dem Telefonbuch zurief.
»Hallo, machen Sie Hausbesuche? Unser Hund sitzt nämlich fest und kotzt...«
Dann bedeckte Liesel den Hörer mit der Hand und fragte Alex lautlos: »Was ist er?«
»Ein Hund, du Dumme«, erwiderte Alex.
»Ich meine, was für eine Rasse?«
Alex zuckte die Achseln. »Ein großer?«, versuchte er.
»Ein großer«, wiederholte Liesel zum Telefon. »Ein großer, lauter«, fügte sie hinzu, weil Godrich wieder zu heulen begann. »Tut mir leid, aber wir sind nicht sicher. Wir wissen nur, dass er sich mehrfach übergeben hat... was? Sie wollen, dass wir ihn bringen?«
Sie blickte zu Godrich, dessen Kopf fest in der Schranktür der riesigen Anrichte steckte.
»Also, ja... vielleicht kann ich eine Säge finden...«, begann sie zögernd und lächelte dann erleichtert. »Sie schicken gleich jemanden vorbei? Oh, das ist ja wunderbar. Vielen Dank!«
Godrich gelang es trotz seiner eingeschnürten Kehle, sehr laut und traurig aufzuheulen.
»Hallo?«, hörte man da eine zittrige Stimme. Es war Marilyn in Pantoffeln und Bademantel. Sie sah sehr müde aus und hatte Ringe unter den Augen. »Was ist denn bloß hier los? Man kann Godrich überall hören.«
»Selbst zu dieser Nachtzeit bist du noch auf den Beinen.«
»Ich bin immerhin deine Schwester. Daher ist es mein Job«, grinste Marilyn.
»Also, dann ist es auch dein Job, dich um Godrich zu kümmern.«
»Was ist denn mit ihm?«
»Er sitzt fest und hat gekotzt«, erwiderte Liesel schlicht, trat einen Schritt zurück und gab den Blick auf Godrichs Notlage frei.
Marilyn schüttete verwundert den Kopf
»Ich will gar nicht fragen, warum und wie.«
Da heulte Godrich wieder auf. Im Flur hörte man weitere Schritte.
Es war eine Abordnung der Gäste: Mr. und Mrs. Emerson. Mrs. Emerson sah mit ihrem Kopf voller Lockenwickler wunderbar aus. Dicht hinter ihnen folgten Mr. und Mrs. Golightly. Sie taumelten leicht und waren wohl noch leicht beschwipst von der Party.
»Ist alles in Ordnung, meine Lieben?«
Liesel brauchte es nicht noch einmal zu erklären. Sie erfassten die Lage mit einem Blick.
»Wir haben einen großen Topf Vaseline im Zimmer«, bot Mr. Golightly an.
Glücklicherweise bemerkten nur Liesel und Marilyn die aufgerissenen Augen und den Stoß mit dem Ellbogen seitens Mrs. Golightly. Alex saß auf der Fensterbank und beobachtete alles angstvoll.
»Der Tierarzt ist da!«, brüllte er und rannte los, ihn hereinzulassen.
»Gott sei Dank«, seufzte Liesel, die sich nicht darauf gefreut hatte, den Arm bis zum Ellbogen in Mr. und Mrs. Golightlys Vaseline zu stecken, um damit Godrich einzureiben. Jetzt hörte sie auf, den zitternden Hund zu streicheln, und wandte sich um, noch auf den
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