Verliebt bis unters Dach Roman
war überhaupt nicht ihr Typ. Außerdem befand sie sich in einer Phase selbst auferlegter Keuschheit. Sie hatte sich eine Pause von den Mühseligkeiten der Romantik gelobt. Ihr Instinkt war richtig gewesen, sie hatte für den Sommer allen Männern abgeschworen. Und so sollte es auch bleiben.
»Konzentrier dich, Liesel«, murmelte sie vor sich hin. Mit einem aufgesetzten dankbaren Lächeln begrüßte sie Adrian
Lee und führte ihn ins Wohnzimmer, wo Godrich schlaff auf dem Teppich lag, den Kopf auf Alex’ Schoß. Hund und Kind sahen gleichermaßen kummervoll aus, obwohl Marilyn gerade vom Großhändler zurückgekommen war und Alex immer wieder versicherte, dem Hund würde es bald besser gehen.
Adrian Lee kniete sich neben die beiden und lächelte Alex an.
»Ist das dein Hund?«
Alex nickte. »Meine Großtante hat ihn mir vererbt. Ich kümmere mich jetzt um ihn.«
»Na, mal keine Sorge, wir machen ihn schon wieder gesund. Er hat sich übergeben, ja?«
»Vier Mal.« Alex nickte und deutete auf Lorraine. »Lorraine hat es jedes Mal sofort weggewischt.«
»Sehr gut.« Adrian Lee lächelte anerkennend, und Lorraine, die immer noch in einer Hand den Eimer mit dem Schrubber und das Desinfektionsmittel hielt, errötete heftig.
Liesel sah sie überrascht an. Sie hatte nicht einmal geahnt, dass die blasse Lorraine erröten konnte.
»Na, dann schauen wir mal. Ich muss schon sagen, er sieht wirklich nicht gut aus...«
Sanft tastete er Godrichs Bauch ab. Der Hund hob auch prompt den Kopf und erbrach sich über seine Gummistiefel.
»Oh, das tut mir leid!« Marilyn platzte damit heraus, als hätte sie sich selbst übergeben.
»Na, besser raus als dringeblieben, wie meine Mutter immer sagte. Immerhin wissen wir jetzt, was nicht mit ihm stimmt.«
Adrian Lee trat vorsichtig einen Schritt zurück, zog den Gummistiefel aus, betrachtete den Schaden und nickte dann nachdenklich.
»Er hat etwas Falsches gegessen.«
»Was könnte es sein?«
»Also, wenn ich mich nicht irre...« Er deutete auf den Brei. »Ist das ein halbverdautes Schokoladenpapier. Schokolade ist wirklich nicht gut für Hunde, besonders, wenn sie noch eingewickelt ist.«
»Wird er denn wieder gesund?«, schniefte Alex.
»Ich denke schon. Ich muss ihm eine Spritze geben, damit sein Bauch sich wieder beruhigt, und dann sorg dafür, dass er reichlich Wasser zu trinken hat, junger Mann... Reichlich Wasser und keine Schokolade mehr, ja?«
Alex nickte. Sein zartes Gesicht wirkte ernst, aber unendlich erleichtert.
Lorraine, die sich rasch mit den Gummistiefeln des Tierarztes entfernt hatte, nachdem er sie ausgezogen hatte, kehrte nun zurück. Sie waren sauberer als vorher. Sie schob sie Liesel zu, die sie aber ignorierte. Endlich gab sie nach und reichte sie verlegen selbst Adrian Lee zurück.
»Wow, die sind aber sauber! Danke!«
Lorraine lächelte ihr schrägstes kleines Lächeln, das Liesel je auf ihrem normalerweise so erschrockenen oder verkniffenen Gesicht gesehen hatte. Dann drehte sie sich um und rannte hinaus.
»Er sieht schon viel besser aus«, sagte Marilyn nicht lange, nachdem der junge Tierarzt wieder gegangen war. Godrichs Augen wirkten nicht mehr so besorgniserregend glasig.
Seitdem der Hund nun offiziell nicht mehr in Gefahr stand, dachte Liesel über Lorraine nach.
»Hast du das gesehen?«
»Was?«
»Lorraine war... ja... man kann sagen, dass sie... schmachtete.«
»Schmachtete?« Marilyn hatte sofort eine schreckliche Vision von Lorraine, die sich dem Tierarzt an den Hals warf.
»Na, du weißt schon. Ganz sehnsüchtig.«
»Oh, ach so. Meinst du, sie findet ihn toll?«
»Ja, ganz sicher.«
»Was ist das bloß mit den Tierärzten hier und den Frauen in diesem Hotel? Jetzt brauchen wir nur noch Mr. Childs, der Kashia das Herz bricht, und wir haben ein volles Programm.«
»Oder deins.«
»Ha!« Marilyn schnaubte verächtlich. »Bei meinem Glück ist Mr. Childs zweiundsiebzig, humpelt und hat Mundgeruch.«
»Aber du verliebst dich trotzdem in ihn, weil du eine Schwäche für lahme Enten hast.«
»Das glaube ich allerdings nicht. Ich habe schon den Mann in meinem Leben, den ich will.«
»Du kannst doch nicht ausschließlich für Alex leben.«
»Warum denn nicht?«
»Weil das nicht gut für ihn ist, wenn er der Einzige in deinem Herzen ist. Das ist zu viel Verantwortung für ein Kind. Ich sehe ihn schon als Teenager, mit dieser traurigen Klammermutter am Arm, die alle Freundinnen, die er nach Hause bringt, hasst und einen
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