Verliebt bis unters Dach Roman
Wetter mild, aber Marilyn hatte gerne den Kamin an, denn dann wirkte das Zimmer gemütlicher. Marilyn hatte es gerne gemütlich.
Godrich lag ausgestreckt auf dem Teppich vor dem Feuer, denn er schätzte das ebenso wie Marilyn. Er hatte die furchtbare Angewohnheit, viel zu dicht vor den Flammen zu liegen und sich das Fell anzusengen, bis es stank. Dann musste Marilyn langsam und Stück für Stück den Teppich mit ihm vom Kamin wegziehen, denn er regte sich nicht von der Stelle.
Als Liesel sie fragte, ob es möglich sei, Freitagabend frei zu haben, lächelte Marilyn sie verwirrt an und erinnerte sie: »Du brauchst mich doch nicht um Erlaubnis zu fragen.«
»Aber ich dachte, ich arbeite für dich...«
»Mit mir«, verbesserte sie Marilyn. »Wir sind ein Team, und jeder arbeitet für jeden.«
»Das heißt also, Freitagabend geht in Ordnung?«
»Natürlich.«
»Du brauchst mich nicht?«
Marilyn kannte ihre Schwester zu genau, um mit Nein zu antworten.
»Wir brauchen dich immer, aber wir überstehen es gerade eben, wenn es sein muss. Ed kann die Bar übernehmen...«
»Und alles andere?«, fragte Liesel ängstlich. Plötzlich fühlte sie sich bei der Aussicht auf einen freien Abend, während die Schwester ununterbrochen arbeitete, sehr schuldig.
»Kann der Rest des Teams übernehmen.«
»Du meinst, ich sollte gehen?«
»Natürlich. Du sehnst dich doch schon seit Wochen nach ein bisschen Kultur.«
Liesel strahlte ihr breitestes Lächeln und küsste Marilyn auf die Stirn, ehe sie aus dem Zimmer tanzte und summte: »I’m just a girl that cannot say no...«
»Sie lächelt zu viel«, sagt Marilyn zu Godrich, als die Tür sich hinter der Schwester geschlossen hatte und sie hörte, wie über ihr das Badewasser angestellt wurde.
Godrich gähnte und streckte die langen Beine. Dann rollte er sich auf die andere Seite, um seine andere Flanke aufzuwärmen.
»Ich wünschte, sie würde nicht so viel lächeln«, fuhr Marilyn fort und warf dem Hund einen Kartoffelchip zu, aber gerade eben so weit vor seiner Nase, dass er sich bewegen musste, sonst hätte er angefangen zu qualmen. »Es gibt wirklich nichts Schlimmeres, als jemanden zu mögen, der das nicht erwidern kann.«
17
Um halb sieben am Freitagabend holte Tom sie vom Hotel ab.
Liesel war nicht sicher, was man zu einer Kunstausstellung trug, und hatte die alten Exemplare des Cornish Guardian durchgeblättert, die im Salon der Gäste herumlagen. Sie versuchte, sich von den Fotos der gesellschaftlichen Ereignisse der letzten Zeit inspirieren zu lassen, und hatte nun das Outfit einer Frau kopiert, die entspannt und fröhlich aussah und keinerlei Probleme damit hatte, sich von dem örtlichen Reporter fotografieren zu lassen. Nach jahrlanger Arbeit hinter der Bar hatte sie mitbekommen, dass Menschen,
die nicht die richtige Kleidung für ein Ereignis trugen, sich unwohl fühlten.
Liesel trug an diesem Abend ihre schwarze Lieblingsjeans, für den Fall, dass Denim nicht angesagt war. Dazu trug sie Stiefel mit Absatz, in die sie die Hosenbeine steckte, und eine hübsche hellgelbe Bauernbluse, die sie sich von Marilyn lieh. Ein breites silbernes Armband stammte noch von ihrer Mutter, und das Haar hatte sie ein bisschen wild zurechtgeföhnt.
Dann noch einen zartrosa Lipgloss, eine Spur Rouge auf die Wangenknochen und Mascara - das war alles an Make-up, aber die Wirkung dieses Minimalaufwandes an Kriegsbemalung war erstaunlich. Als sie sein Auto hörte und aus dem dunklen Eingang in den warmen Abendsonnenschein hinaustrat, war es, als hätte ein Strahl der tief stehenden Sonne plötzlich die gesamte Fassade getroffen.
Tom hatte sie bisher immer nur bei der Arbeit gesehen. Der neue »Sekretärinnenlook« mit dem zurückgekämmten Haar, ohne Make-up, in schlichter weißer Bluse oder von Kopf bis Fuß in Schwarz. Als er sie das erste Mal sah, hatte sie sogar einen gestreiften Pyjama getragen und einen Bademantel, der so groß war, dass er auch einem Elefanten gepasst hätte. Abgesehen davon waren es immer alte Trainers gewesen, Gummistiefel und eine dicke Jacke, wenn bei ihrer Hundeschule am Strand der Wind wehte.
Und nun - der erste Gedanke bei ihrem Anblick, als sie aus der Tür trat, war: »Mann, ist die hübsch.« War ihm das vorher nie aufgefallen? Er hatte es wohl bemerkt, aber erst jetzt nahm er sie bewusst wahr. Er war so fasziniert von ihr als Person gewesen, nicht von ihrem Aussehen. Er mochte sie gerne,
so frisch und natürlich, wie sie war. Er mochte ihren
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