Verliebt bis unters Dach Roman
spielte im Garten mit Ruby. Es war wirklich eine Weile her, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatten - genauer gesagt, fast zwei Wochen. Zwei Wochen, in denen Liesel das Herumhängen vor dem Telefon und am Fenster zur neuen Kunstform erhoben hatte. Tag für Tag wurde sie mürrischer und klammerte sich immer stärker an ihre Verleugnung.
Als er heute Abend auftauchte, war es, als hätte jemand in ihr wieder ein Licht angeknipst.
Alex fragte seine Mutter: »Wo ist Tante Lies?«, und als sie antwortete, sie sei draußen mit Tom, hatte er gemeint: »Ist das jetzt ihr Freund?« Marilyn hatte automatisch nein gesagt, aber dabei das Gefühl gehabt, zu lügen.
Sie konnten es vielleicht abstreiten, bis sie schwarz wurden, aber jeder konnte es sehen, jeder außer den beiden selbst, dass sie tatsächlich eine Beziehung hatten. Vielleicht berührten und küssten sie sich nicht, wie andere Leute in Beziehungen, und man konnte auch sagen, okay, dann war es eben nur Freundschaft, aber zur Freundschaft passten nicht all die anderen Dinge, die sie gemeinsam hatten: die sehnsüchtigen Blicke, eine Art Versenken ineinander, die geweiteten Pupillen. Beim Nachdenken fiel es Marilyn plötzlich auf: Es waren ihre Augen, ihre Blicke. Alles verriet sich in ihren Blicken.
Die Quintessenz war, dass sie niemandem etwas weismachten,
nur sich selbst. Täuschung, besonders Selbsttäuschung, führte normalerweise nur in eine Richtung. Es war das Einzige, wovor Marilyn ihre Schwester immer hatte beschützen wollen. Sie hatte genügend Kummer in ihrem Leben gehabt. Das traf auf sie beide zu. Vielleicht sollten sie das Hotel umbenennen. Marilyn begann den Liebligssong ihres Vaters zu summen: »Heartbreak Hotel«.
Es lag fast zehn Tage zurück, dass er Ruby zuletzt besucht hatte. Irgendwie fand Liesel, dass die Pause ihr gutgetan hatte. Sie hatte Gelegenheit gehabt, über die Situation nachzudenken. Es war bloß eine kleine Fantasie, die sie für sich durchgespielt hatte. Daher fand sie, dass sie durchaus bloß befreundet sein konnten. Freunde waren ja auch immer ehrlich zueinander, nicht wahr? Als sie die Begrüßung hinter sich hatten und alleine im Garten waren, wagte sie einen kleinen Schritt in die Richtung.
»Du hast mich wohl gemieden?«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Bitte, lüg mich nicht an. Ich kann das nicht ausstehen, und ich freue mich, dich zu sehen.«
Tom lächelte. Verdammt, selbst wenn er sich völlig elend fühlte, es gelang ihr immer, ihn zum Lächeln zu bringen.
»Was ist es denn?«, verlangte sie und verschränkte die Arme, um herausfordernder zu wirken, doch ihre Verletzlichkeit, die ihn so berührte, war immer noch zu erkennen. Am besten war wohl, wie sie vorgeschlagen hatte, so ehrlich wie möglich zu sein.
»Ich bin in einer Beziehung...«, begann er.
»Das weiß ich.«
»Was bedeutet, dass...«
»... dass wir nicht befreundet sein können?«, vollendete sie den Satz für ihn.
»Ehrlich gesagt...« Tom zögerte.
»Bitte keine Lügen«, erinnerte sie ihn.
»Keine Lügen. Gut...« Dann holte er tief Luft und nahm sie beim Wort. »Ehrlich gesagt, Liesel, finde ich dich viel zu attraktiv, um nur mit dir befreundet zu sein.«
»Ach so«, murmelte Liesel und trat sich innerlich ans Schienbein, weil sie so blöd war, sich darüber zu freuen. »Du machst dir also Sorgen, dass ich dich verführen könnte? Na, das brauchst du nicht. Du bist nicht mein Typ.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, du magst keine Lügen?«
»Ich lüge nicht. Du bist nicht mein Typ.«
»Warum ist es dann so zwischen uns?«
Er hatte sie in die Ecke gedrängt.
»Äh... weil ich glaube, man sollte sich nicht so festlegen.«
»Deine ehrliche Antwort lautet also, dass ich nicht dein normaler Typ bin?«
Liesel nickte langsam. »Okay, das stimmt wohl. Aber du brauchst dich nicht zu sorgen, denn ich habe für die Zeit hier im Hotel Männerbeziehungen abgeschworen.«
»Warum?«
»Ich bin die Männer leid und momentan eigentlich nicht bereit für eine richtige Beziehung, weil wir so viel zu tun haben.«
»Ich auch.«
»Du bist die Männer auch leid?«, neckte sie ihn.
»Ich glaube, du weißt, dass ich das Letztere meinte.«
»Na, siehst du? Wir haben beide weder Zeit noch...« Sie hielt inne. Sie hatte sagen wollen: Lust , merkte aber, dass es das falsche Wort war, denn es war ganz offensichtlich, dass sie
beide jede Menge Lust hatten. »... noch die Neigung dazu«, fügte sie schlaff hinzu. »Außerdem bin ich nicht hinter Männern
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