Verliebt in eine Kidnapperin?
Frauen hätten sich jetzt in Frust-Einkäufe gestürzt.
Das war überhaupt die Idee! In letzter Zeit war sie nur selten einkaufen gegangen, weil sie sparen wollte, bis sie einen neuen Job hatte. Aber in diesem Moment war ihr das egal. Sie hatte schließlich eine Kreditkarte. Heute war der Tag, um sie zu benutzen!
Außerdem hatte sie am Freitag eine Verabredung mit Jeremy. Eine gute Gelegenheit, um etwas Neues zu tragen.
Vielleicht gingen sie demnächst sogar öfter aus. Dann bräuchte sie ohnehin noch mehr Sachen.
Eine innere Stimme warnte sie, nicht zu viel von dieser Beziehung zu erwarten. Im Moment jedoch brauchte sie jemanden wie Jeremy – einen klugen Menschen, der immer einen kühlen Kopf behielt und ein angenehmer Gesprächspartner war. Sie genoss jede Minute mit ihm.
Erneut dachte sie an seine leidenschaftlichen Küsse, die die Lust in ihr geweckt und ihren Körper in Flammen gesetzt hatten.
Vielleicht sollte sie sich auch ein paar neue Dessous zulegen – diese hauchdünnen, fast durchsichtigen Kreationen, wie es sie bei Victoria’s Secrets gab.
Doch als sie in die Straße einbog, die zum Einkaufszentrum von Red Rock führte, stiegen leise Zweifel in ihr hoch. Wieso sollte ein Mann wie Jeremy – gut aussehend, großzügig, wohlhabend – sich ausgerechnet für sie interessieren? Er hätte alle Frauen haben können, die er wollte, und alle hätten sich darum gerissen, mit ihm auszugehen.
Warum also sie, Kirsten Allen? Wieso sollte aus ihrer zufälligen Begegnung im Park eine feste Beziehung werden?
Er wollte ihr sogar bei ihrer Arbeitssuche behilflich sein, indem er ein gutes Wort für sie einlegte. War sie für ihn etwa nur ein „Fall“, der ebenso behandelt werden musste wie ein gebrochener Knochen?
Sie versuchte, ihre Bedenken zu zerstreuen, indem sie sich einredete, dass Jeremy etwas für sie empfand, dass er ihr helfen wollte, weil er sich um sie sorgte und weil Hilfsbereitschaft ein Wesenszug von ihm war.
Mach dir nicht zu viele Hoffnungen, warnte sie sich gleich darauf. Ihre Beziehung – oder wie immer man es nennen wollte – war nicht von Dauer. Und sie wussten es beide.
Außerdem kam er aus einer angesehenen Familie. Streitereien, wie sie sie mit Max erlebte, waren den Fortunes bestimmt fremd. Mussten Jeremy solche Auseinandersetzungen letztlich nicht abschrecken?
Hoffentlich nicht. Sie hatte ohnehin schon viel zu viel von sich preisgegeben. Vielleicht sollte sie ab jetzt ein bisschen zurückhaltender sein und ihre Sorgen um Max für sich behalten, wenn sie wollte, dass sich zwischen ihr und Jeremy etwas entwickelte.
Aber wollte sie das wirklich?
So verführerisch der Gedanke an eine romantische, leidenschaftliche Beziehung mit Jeremy war, befürchtete sie doch, dass es ihr das Herz brechen würde, wenn diese Affäre zu Ende ging. Was sollte aus ihr werden, wenn er eines Tages Red Rock wieder verließ?
Trotzdem konnte sie den Traum, Dr. Fortunes Frau zu werden, nicht so einfach vergessen. Ganz zu schweigen von dem Gedanken, wie es wohl wäre, ein Baby von Jeremy zu haben.
Nach einem arbeitsreichen Nachmittag in der Klinik kehrte Jeremy zur Double Crown Ranch zurück. Auf dem Rückweg fuhr er an der Fortune-Stiftung vorbei, die in Gedenken an Ryan Fortune gegründet worden war. Ryan war immer der Überzeugung gewesen, dass sich Wohltätigkeit früher oder später lohnen würde. Jeremy war stolz auf diese Stiftung, die Menschen in Not half.
Das zweistöckige Backsteinhaus mit einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss und einem weitläufigen Garten mit Spielplatz lag am Stadtrand neben einer Schnellstraße.
Kurz nach vier betrat Jeremy die Empfangshalle. Er nahm den Aufzug in den zweiten Stock, wo sein Bruder Nick sein Büro hatte.
Nick war neununddreißig und der zweitälteste Sohn von William Fortune. Er arbeitete in der Stiftung als Finanzanalyst – eine Arbeit, die ihm sehr viel Freude bereitete.
Im Lift musste Jeremy daran denken, wie sehr Nicks Leben sich in den vergangenen zwei Jahren geändert hatte.
Der früher so eingefleischte Junggeselle kümmerte sich inzwischen um Drillinge, deren Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Stan, Nicks Freund aus Collegetagen, und Amy, seine Frau, hatten Nick als Vormund für ihre drei Mädchen eingesetzt. Da er die Aufgabe allein unmöglich bewältigen konnte, hatte er nach einer Kinderfrau gesucht. Und es kam, wie es kommen musste: Er hatte sich in Charlene London verliebt, und sie hatten geheiratet.
Inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher