Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
dann auf die gleiche Art wieder zusammenzusetzen, diesmal allerdings in Form einer Kutsche.
Einer Kutsche!
Emily sah Lichter hinter den Fenstern aufblitzen, Rauch aus den Schornsteinen paffen, über ihnen jagte ein Wolkenmeer hinweg, als sei es auf der Flucht. Und dann veränderte sich plötzlich das Tempo. Die Verwandlung Hollyhills pendelte aus wie ein Kreisel, bis der Ort wacklig zum Stehen kam.
Als sich Emily zögernd aus Matts Armen löste, knisterte Laub unter ihren Turnschuhen. Nebel drängte aus dem Moor an die Ränder des Dorfs, grau wie der Himmel und kalt wie der Winter.
In den Laternen flackerte düsteres Licht. War das Gas? Öl? Emily wusste es nicht. Und für einen Moment empfand sie die Stille fast als träge nach all dem Getose und Geächze, doch dann brach erneut der Sturm los, diesmal in Form von Stimmen, die alle durcheinanderriefen.
»Igitt, ist das matschig.«
»Was ist das, November?«
»Wann wurde das Gaslicht erfunden?«
»Irgendwann Ende des 18. Jahrhunderts, würde ich denken.«
»Oh, Mist, ich hätte noch duschen sollen.«
»Warum ist es so dunkel? Ist es etwa schon Nachmittag?«
»Mann, ich hasse diese Zeitverschiebungen!«
»Das muss ein Traum sein«, murmelte Emily.
Sie schob ihre klammen Finger in die Taschen ihrer Regen jacke und lief neben Matt den anderen entgegen, die aus ihren Cottages gestürmt waren: Silly und Joe, Josh, Adam und Eve. Rose schlug die Tür ihres B&Bs hinter sich zu, über dessen Eingang in altmodischen schwarzen Buchstaben die Worte Coaching Inn gemalt waren. Ihre Schuhe landeten ohne Umschweife in dem Matsch, der das Rinnsal ersetzt hatte, sie ließ sich jedoch nicht beirren und marschierte in vor Dreck quietschenden Stiefeln direkt auf Matt zu.
»Wie ist das möglich?«, rief sie ihm entgegen. »Emily ist nur zu Besuch, wir hätten in ihrer Zeit bleiben müssen!«
Sie wirkte ehrlich entsetzt, die kurzen grauen Haare stan den in alle Richtungen ab, die Augen hatte sie weit aufgerissen.
Matt schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung«, sagte er, während seine Augen die Straße absuchten. »Wie sieht es innen aus?«
»Wie bei Jane Austen«, antwortete Silly mit glänzendem Blick.
»Oh, nicht schon wieder«, stöhnte Cullum, der mit Chloe aus dem hellgrünen Cottage gekommen war, das an Joes Laden grenzte. »Wo ist Martha-May, sie wird wissen, wann genau wir gelandet sind.« Er schlenderte auf die Gruppe zu, die sich in der Mitte der Straße gebildet hatte, und lächelte in Emilys Richtung. »Sieh an«, sagte er leise. »Noch hier?«
Wonach sieht es denn aus?, dachte Emily, während sie den Blick abwandte und auf Rose lenkte. Sie wusste nicht genau, weshalb, aber Cullum sollte sie nicht anlächeln. Und ansprechen sollte er sie auch nicht.
Rose drückte aufmunternd Emilys Arm. »Keine Sorge, Liebes«, sagte sie tröstend. »Wir bringen dich heil wieder nach Hause.«
Hatte sie sich Sorgen gemacht? Emily wusste es nicht. Eben, vor der Brücke, als ihr klar geworden war, was passieren würde, da war sie aufgeregt gewesen – aufgeregt und voller Vorfreude darauf, in welches Abenteuer sie nun hineinstolpern würde, was Hollyhill als Nächstes für sie bereithielt. Jetzt, in der Kälte nach dem Sturm und umgeben von den ratlosen Gesichtern der anderen meldete sich ihr Verstand zurück.
Erstens: Sie konnte hier nicht bleiben.
Zweitens: Wieso waren sie gesprungen?
»1811.« Ihre heisere Stimme eilte Martha-May voraus, die mit kleinen Schritten aus ihrem Laden trippelte, der weiße Pferdeschwanz wippte um ihren Kopf. »2. November«, fügte sie atemlos hinzu, »zwanzig nach fünf.« Sie warf Emily einen Blick zu, den diese nicht recht deuten konnte – zweifelnd, überrascht, interessiert? –, dann wandte sie sich an Joe.
»Joe?«, fragte sie nur, und der klatschte begeistert in die Hände, während er auf seinen Schuhsohlen auf und ab wippte.
»Regency!«, brachte er schließlich schrill hervor, »Reeegeeeencyyyyyy!« Er drehte sich um und bedeutete den anderen mit einer Handbewegung, ihm ins Innere seines Ladens zu folgen, und währenddessen redete er unaufhörlich. »Wir brauchen: Kleider aus Seide und Mäntel aus Leinen, Hauben und diese kleinen, zierlichen Brillen und natürlich Spitze, jede Menge Spitze! Und Stiefel – ich hoffe, es sind noch genügend von diesen Reiterstiefeln da, und Capes und …«
Während sich Joes Gebrabbel immer weiter von Emily entfernte, stand sie wie angewurzelt in der Mitte der Straße, Matt neben sich. Sie
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