Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
zog seine Liebste den Gang entlang.
»Was ist denn los?« Emma hätte jetzt allmählich doch ganz gerne gewusst, wohin die Reise überhaupt ging. Schließlich war sie trotz ihrer romantischen Ader durchaus an einer gleichberechtigten Partnerschaft interessiert.
»Die haben ein Problem im Kostüm, und es ist keiner da, der sich damit auskennt. Du kannst doch so gut schneidern – kennst du zufällig jemanden, der uns helfen kann?«, sprudelte Daniel wie eine frisch angezapfte Ölquelle. »Es muss aber schnell gehen!«
Und schon stand Emma im Kostümbüro der »Amtlichen Gefühle«, wo alles begonnen hatte – nur dieses Mal hatte eine andere das Brautkleid an.
»Ich weiß auch nicht genau, worum es geht, aber die Schubert ist mit ihrer Assistentin beim Klamottenkaufen«, erklärte Daniel atemlos, »Sanni ist beim Außendreh, und Christiane ist krank.«
»Ich bin nur die Praktikantin«, piepste ein dünnes Mädchen schüchtern, »und das Kleid war doch auch schon abgenommen … Und jetzt wollen sie alles anders haben … Und in einer halben Stunde wird gedreht … Und die Chefin erreiche ich auch nicht …«
Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Emma an das Casting, das ein paar Türen weiter gerade ohne sie stattfand. Sie war sicher, dass sie das Problem, mit dem hier offensichtlich alle überfordert waren, selbst an Ort und Stelle lösen konnte. Doch wenn sie sich sofort an die Arbeit machte, konnte sie ihre Karriere als Schauspielerin endgültig vergessen. Jo war schon jetzt nicht gerade gut auf sie zu sprechen. Was würde er erst sagen, wenn sie nicht sofort zum Vorsprechen zurückkehrte?
Die Praktikantin war sichtlich verzweifelt, Emma dagegen in einer höchst komfortablen Situation. Im Gegensatz zum Casting konnte sie hier nur gewinnen. Schaffte sie es nicht, das Problem auf die Schnelle zu lösen, würde ihr das niemand übel nehmen. Gelang es ihr aber, die kurzfristigen Wünsche zu erfüllen, dann würde das ihre Patzer beim Vorsprechen vielleicht ein wenig mildern und Jos Meinung von ihr wieder heben. Den Dingen ihren Lauf zu lassen war eben doch keine so schlechte Idee – jetzt bekam sie eine wirkliche Chance, die sie nur ergreifen musste. Daniel sah sie erwartungsvoll an, und Emma traf eine Entscheidung.
»Ich übernehme das«, sagte sie so schnell, als hätte sie Angst, es sich doch noch einmal anders zu überlegen, und kam sich dabei wie eine Heldin vor. »Was muss denn gemacht werden?«
»Ich habe keine Ahnung«, jammerte die Praktikantin, »irgendwie ist ihnen das Kostüm jetzt auf einmal zu weiß … Aber das ist schließlich ein Brautkleid – das muss doch so sein, oder?«
Emma betrachtete das elegante Empire-Kleid eingehend. Ja, es war sehr klar geschnitten, ohne großartigen Faltenwurf oder sonst eine besondere Note. Das Bustier legte sich ganz glatt um die Brust, unter der eine unspektakuläre Taillennaht saß. Der Ausschnitt war weit und rund, aber nicht ausgefallen geformt, es gab keine Ärmel, und der Satinrock fiel ziemlich steif bis kurz über den Boden. Ein Klassiker – ohne Zweifel.
»Na ja, man könnte schon auf die Schnelle ein paar farbliche Akzente setzen …«, begann Emma zögernd.
»Wunderbar, wunderbar«, fiel ihr Daniel nervös ins Wort, »umso besser, wenn du das selbst kannst … Und es macht gar nichts, wenn’s auch noch schnell geht.«
Emma bremste ihn sofort. »Halt, so einfach ist das auch wieder nicht«, sagte sie. »Erst mal sollte ich vielleicht wissen, in welche Richtung die Veränderung gehen soll …«
»Wie? Richtung?« Für einen Regieassistenten hatte er etwas wenig Ahnung von Kostümen.
»Na ja, was wollt ihr aussagen? Warum soll das Hochzeitskleid nicht ganz weiß sein? Was für ein Mensch ist die Braut? Welche Farben sollen verwendet werden?« Während sie sprach, sah Daniel Emma so verständnislos an, dass er ihr fast ein wenig leidtat.
»Ich habe so was von keine Ahnung«, jammerte er fast und wirkte so orientierungslos wie ein kopfloses Huhn. »Das ist doch gar nicht mein Dreh. Ich hab nur zufällig mitbekommen, dass es Probleme gibt.« Rat suchend blickte er die Praktikantin an, die ihrerseits hilflos zu Emma sah. Und zum ersten Mal seit Langem fühlte Emma sich richtig wohl in ihrer Haut. Jetzt war sie die Expertin, und die anderen hatten keine Ahnung.
»Ich hol mal den Kollegen vom Set. Rühr dich nicht von der Stelle!«, kommandierte Daniel und war wie der Blitz verschwunden. Einen ähnlichen Befehl hatte sie hier doch schon einmal
Weitere Kostenlose Bücher