Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
an- und ausknipsen konnte.
»Hör einfach auf dein Herz und folge ihm«, riet sie ihrem Spielpartner und sah ihn mit Schwimmflossen aufs Meer hinauspaddeln.
Und als er plangemäß antwortete: »Was soll daran einfach sein, wenn mein Kopf einen ganz anderen Weg für mich vorgesehen hat«, konnte sie sich das Lachen kaum verkneifen.
»Aber so wirst du nie glücklich werden!«, versuchte sie möglichst ernst zu erwidern, doch bei »Das Glück ist sowieso nur eine Stecknadel im Heuhaufen« fiel ihr das Ernstbleiben schon deutlich schwerer. Ein Taucher im Heuhaufen war auch wirklich eine allzu komische Vorstellung.
»Komm, Emma, wir gehen mal kurz vor die Tür«, meinte Jo, nachdem sie die Szene beendet hatten, und legte ihr den Arm um die Schulter.
Vor der Halle zündete er sich eine Zigarette an und sah ihr fest in die Augen: »So geht das nicht. Ich will dich wirklich für diese Rolle haben, aber wenn du nicht ablieferst, sehe ich da keine Möglichkeit.«
Er, der tolle Jo Fürstberg, wollte sie, die unbedeutende Schneiderin Emma Jacobi, unbedingt für diese Rolle haben? Hatte er das wirklich gesagt? Hatte er. Und jetzt sprach er auch noch weiter: »Wo ist deine Natürlichkeit geblieben? Warum bist du so verkrampft? Hol sie raus, deine Stärken! Du kannst das, ich weiß es! Gleich kommt es drauf an.« Er drückte den Zigarettenstummel elegant mit der Fußspitze aus und fasste sie bei den Schultern: »Ich habe so von dir geschwärmt. Lass mich jetzt nicht hängen!« Er gab ihr einen liebevollen Kuss auf den Mund und schob sie zurück in den Flur der Halle.
Im Grunde fühlte Emma sich jetzt besser. Jo glaubte an sie, dann konnte sie das ja wohl auch. Selbst wenn sie in Wirklichkeit keine ausgebildete Schauspielerin war. Nein, das war sie nicht. Sie war eine kleine Schneiderin und durfte den erfahrenen Regisseur auf keinen Fall hängen lassen. Was für eine Verantwortung! Als sie den Castingraum zum zweiten Mal betrat, schlotterten Emmas Knie genauso heftig wie zuvor. Sie musste das schaffen, sie musste einfach.
Als sie ihrem Spielpartner erneut gegenüberstand, war ihr das Lachen gründlich vergangen. Die Texte in ihrem Kopf schienen wie weggewischt, und ihr Mund war so trocken wie ein monatealter Brotkanten. »Wie konntest du mir das nur antun?«, brachte sie mühsam, aber wenig anklagend heraus.
»Stopp, stopp, stopp«, ging Jo dazwischen, »jetzt gib dir mal ein bisschen Mühe. Wo ist denn deine Wut? Das muss stärker kommen. Noch mal!«
»Wie konntest du mir das nur antun?«, versuchte sie es aufs Neue und dachte kurz an Willi und den Kuss vorhin. Vielleicht hätte sie doch bleiben und ihm eine Chance geben sollen? Aber hätte sie dafür das Casting aufs Spiel setzen dürfen? Und überhaupt: Warum musste sie ausgerechnet hier und jetzt an Willi denken?
»Was habe ich dir schon angetan? Schließlich hast du dein ganzes Leben lang keine Rücksicht auf mich genommen.«
Der Typ hätte sich aber auch ein wenig anstrengen können. Schließlich war es schon schwer genug, sich bei einem schlaksigen Endzwanziger die alkoholkranke Mutter vorzustellen. Wahrscheinlich hatte er sie schon als untalentiert abgehakt und wollte seine Kräfte nicht unnötig verschwenden.
»Hey, du bist dran«, meinte er gerade unfreundlich. Vor lauter Spekulation hatte sie gar nicht gemerkt, dass er schon längst mit seinem Text fertig war.
»Äh … Wie kannst du so etwas sagen?« setzte sie an und versuchte sich zu konzentrieren. »Immerhin habe ich …«
In diesem Moment wurde hektisch die Tür aufgerissen, und Daniel stürzte aufgeregt herein: »Emma, Emma … Du musst unbedingt mitkommen. Es geht um Leben und Tod!« Dass diese Filmleute immer so übertreiben mussten.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«, stöhnte Jo auf und fasste sich genervt an die Stirn. »Ich kann so nicht arbeiten.« Und auch ihr Spielpartner meinte, seine Verärgerung mehr als deutlich zeigen zu müssen. Dabei hatte der doch schon vorhin mit dem Casting abgeschlossen gehabt …
»Draußen warten genügend Kandidaten, du kannst einfach mit jemand anderem weitermachen«, schlug Daniel seinem Regisseur vor und nahm Emma bei der Hand. Fast kam er ihr vor wie der heiß ersehnte Prinz, der auf seinem Schimmel herbeigeritten kam und die Prinzessin aus der Gewalt des bösen Zauberers befreite. War dies das Schicksal, für das sie den Dingen ihren Lauf hatte lassen sollen? Jedenfalls kümmerte sich ihr Retter nicht weiter um das Gezeter seines Widersachers, sondern
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