Verliebt, verlobt und eingesargt
Schatz!«
»Ach so, ja. Entschuldigung.« Walter senkte den Blick. Er nickte, als er die beiden Ringe sah, auf die Susys ausgestreckter rechter Zeigefinger deutete. Sie waren tatsächlich sehr schlicht und zeigten weder ein Muster noch eine Einkerbung.
»Nun? Wie findest du sie?«
Walter strich über sein Kinn. »Gefallen sie dir?«
»Ja, und der Preis hält sich auch in Grenzen. Wir bezahlen für beide zusammen 300 Mark.«
»Ja, ja, gut.« Walters Hand verschwand in der Jacke. Er holte ein Scheckbuch hervor.
»Sie haben eine gute Wahl getroffen«, vernahm er die Stimme der Verkäuferin. »Eine sehr gute sogar.«
Das sagt sie wahrscheinlich immer, dachte Walter, als er an der Kasse den Scheck über die geforderte Summe ausstellte.
Hinter ihm diskutierte Susy noch mit der Verkäuferin. Sie wollte die Ringe nicht eingepackt haben.
Wenig später standen sie wieder vor der Tür in der breiten Nische. Walter Kissner atmete tief durch. Er spürte einen leichten Schwindel und hörte neben sich das Lachen und danach die Stimme der jungen Frau.
»Zeig mir deine Hand, die linke…«
Er streckte sie aus und spreizte sie automatisch, so daß Susy ihm den Ring an den Finger stecken konnte.
»Paßt«, sagte er überrascht.
»Das habe ich sofort gesehen, deshalb probierten wir sie erst gar nicht an.« Sie küßte ihn schnell und flüchtig auf den Mund. »Jetzt bist du an der Reihe.«
»Wie?«
»Du mußt mir den Ring anstecken.«
»Ach so, ja, entschuldige.«
Susy schaute sich ihren Ring noch einmal genau an, dann sah sie auf Walters Hand. »Ja, mein Lieber, jetzt sind wir verlobt. Susy und Walter, hört sich gut an, nicht?«
Er ging zurück, als hätte er Angst vor dieser Tatsache bekommen. Mit dem Rücken lehnte er sich gegen eine Schaufensterscheibe. »Dabei weiß ich nicht einmal deinen vollen Namen.«
»Ich bin einfach Susy.« Sie griff in die Tasche und holte einen runden Button hervor. Sie drehte ihn so, daß Walter die Aufschrift lesen konnte.
»Hove you! Susy!« las er halblaut vor.
»Das ist für dich! Ich möchte, daß du es immer bei dir trägst, solange du mich liebst. Versprochen?«
»Ja.«
»Dann nimm es.« Sie drückte ihm das kleine Schmuckstück in die Hand, und er schloß die Faust darum. Dann verließen sie die Nische, aber Susy blieb plötzlich stehen, wobei ihr Arm aus seiner Ellbogenbeuge rutschte.
»Was hast du?« fragte er.
Susy gab keine Antwort. Sie schaute nach vorn und konzentrierte sich auf die andere Straßenseite, wo die Filiale eines bekannten Fisch-Restaurants ihren unverwechselbaren Geruch produzierte.
»Ist das so interessant?« fragte Walter.
»Vielleicht…«
»Möchtest du dort etwas essen?«
»Nein, nein. Ich habe nur jemand gesehen.«
»Einen Bekannten?«
Sie wiegte den Kopf. »Sagen wir mal so. Ich kenne den Mann, das ist alles. Er trägt einen blauen Mantel im Parkaschnitt. Der mit dem dunklen Bart. Jetzt ist er verschwunden…«
»Ich habe ihn nicht gesehen.«
Sie hakte sich wieder bei ihm ein. »Ist auch nicht tragisch, Walter. Das ist wirklich nicht schlimm. Wir sollten dennoch unsere Verlobung feiern. Okay?«
»Mein etwegen.«
»Weißt du ein Lokal?«
»Ja, komm mit. Es ist nicht weit entfernt. Auf dem Alten Markt. Dort kann man gut essen.«
Wenige Minuten später hatten sie den Alten Markt erreicht. Ein Rechteck, das von zahlreichen Bauten flankiert wurde. Besonders fiel die Fassade eines Kaufhauses auf und die der Stadtbücherei. Von ihr nur durch eine Passage getrennt, lag auch das Lokal, in dem die beiden ihre Verlobung feiern wollten.
Es hatte vor kurzem eröffnet und roch noch neu. Mitten durch den Raum floß ein künstlich angelegter Bach. Es gab kleine Stege, Brücken und auch Nischen, in denen die Gäste ihre Plätze finden konnten. Der Besucher konnte sogar in schwingenden Korbsesseln sein Getränk oder Essen einnehmen. Dafür entschieden sich die frisch Verlobten. Ihr Essen stellten sie am Büffet selbst zusammen. Salat, Brot, Fleisch und verschiedene Soßen. Dazu bestellten sie Wein.
Walter Kissner war schweigsam. Das fiel auch seiner Verlobten auf. »Du sagst nichts«, flüsterte Susy.
»Ich kann es immer noch nicht fassen.«
»Bereust du es?«
»Nein, nicht. Ich denke nur nach.«
»Und worüber?«
»Wo du eigentlich wohnst — wer du bist?«
»Ich bin eine Fremde in der Stadt.« Er beugte sich vor. »Aber du mußt doch eine Wohnung haben.«
»Habe ich auch.«
»Und wo?«
»Im Osten, an der B 1.«
»Da kenne ich mich nicht
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