Verliebt, verlobt und eingesargt
Sie.«
»Seien Sie froh. Als ich auf Sie wartete, bekam ich kalte Füße. Und das nicht zu knapp.«
»Das ist Ihr Job.«
»Da haben Sie recht. Es gibt Tage, da möchte man alles hinwerfen. Wie hoch müssen wir denn noch?«
»Bis in den vierten Stock. Man hat die Junggesellen unter den Soldaten unter das Dach verfrachtet.«
»Die sind immer die Gelackmeierten. Zahlen die höchsten Steuern und wohnen unter dem Dach.«
»Sind Sie auch Junggeselle?«
»Geschieden.«
»Ich habe es gar nicht erst versucht.«
»War auch besser so«, sagte Kruse. »Das erspart Ihnen Ärger und Kosten. Obwohl sich letzteres bei mir in Grenzen hielt, weil wir keine Kinder hatten und sich meine Ehemalige beruflich auf eigene Füße gestellt hat. Sie verkauft jetzt Wolle in einer ehemaligen Pommes-Frites-Bude.«
»Wir sind da.«
Die beiden Männer standen in der letzten Etage. Dort hatte man den Flur breit angelegt, so daß mehrere Parteien dort ihre Wohnung finden konnten.
Fünf Türen zählte Kruse. Der Engländer ging auf die dritte zu, holte den Schlüssel hervor und schob ihn ins Schloß. Kruse blieb hinter ihm stehen und sah das Kopfschütteln des Soldaten.
»Was haben Sie?«
»Nicht viel, der Schlüssel hakt nur etwas.«
»Ist vielleicht zu kalt geworden.«
»Kann sein. Ah, jetzt ist offen.« Ferry trat einen Schritt zurück und stieß die Tür auf. »Bitte, Herr Kommissar, treten Sie ein.«
Kruse winkte ab. »Kein Kommissar, gerade mal so etwas wie Inspektor. Höher kann ich nicht steigen.«
»Wir sind schon unter dem Dach.« Ferry wies in die Wohnung. Kruse war ein sauberer Mensch. Er putzte sogar seine Sohlen ab, bevor er die Diele betrat.
Ferry folgte ihm. »Geradeaus geht es in das Wohnzimmer. Es sieht nicht gerade aufgeräumt aus…«
»Das kenne ich von… aaaahhhh…« Die nächsten Worte erstickten in einem gurgelnden Schrei, und Sid Ferry glaubte, einen Alptraum aus Blut und Tod zu erleben…
***
Sie hätte mir ihren Namen nicht erst zu sagen brauchen, schon beim Hinschauen hatte ich gewußt, wer diese Frau war. Das engelhafte Gesicht, die blonden Haare, die unergründlichen Augen, es gab keine andere Möglichkeit. Sie war diejenige Frau, die ich so verzweifelt suchte und die im Verdacht stand, eine dreifache Mörderin zu sein. Jetzt war sie zu mir gekommen. Weshalb?
Bisher hatte sie sich nur an Personen herangemacht, die in Dortmund lebten. Warum stand ich nun auf ihrer Liste? Hatte sie etwas bemerkt? Nach menschlichem Ermessen hätte sie dies nicht gekonnt, aber die Sache sah anders aus, wenn die Kräfte des Teufels mit im Spiel waren. Sollte Asmodis tatsächlich auf ihrer Seite stehen, war er mächtig genug, um sie auch vor eventuellen Gefahren zu warnen.
Etwa dreihundert Meter waren wir gefahren und hatten noch kein Wort miteinander gesprochen. Zudem fiel auch leichter Schnee vom grau gewordenen Himmel. Die Sonne war verschwunden, es sah ganz danach aus, als würde es mächtig Schnee geben.
Ich übernahm den Gesprächsfaden. »Ich habe Sie noch nicht gefragt, Susy, wo Sie genau hinwollen.«
»In die Innenstadt.«
»Dort will ich auch hin.«
»Da habe ich Glück gehabt, Herr…«
»Sagen Sie einfach John.«
»Dann sind Sie aber kein Deutscher.«
»Nein, ich komme aus London.« Wieder hielt uns eine Ampel auf. So konnte ich mich ihr zuwenden.
»London ist herrlich.«
»Sie kennen es?«
»Ja, ich war einmal da.« Sie lachte glockenhell. »Das war in den Ferien, John.«
»Möchten Sie noch einmal hin?«
»Bestimmt, aber das wird dauern. Zunächst einmal bin ich hier in Dortmund.«
»Die Stadt gefällt Ihnen auch?«
»Man kann hier leben. Leider habe ich keine Arbeit, so daß es mir nicht sehr gut geht.«
»Was haben Sie denn beruflich getan?«
»Mal dies, mal das. Eigentlich nie etwas Besonderes, wenn Sie verstehen.«
Ich sagte ja, obwohl ich es nicht verstand. Mein Vorsatz, einen Stopp bei der Polizei einzulegen, hatte sich natürlich in Luft aufgelöst. Susy war wichtiger. Ich war auch auf ihren Plan gespannt und darauf, wie sie versuchen würde, mich in ihr Netz einzuwickeln.
In der City verdichtete sich der Verkehr. An manchen Stellen kamen wir nur im Schrittempo voran. Immer wieder mußte ich anhalten, und so quälten wir uns allmählich bis in die Nähe der Fußgängerzonen und Parkhäuser.
»Wo soll ich Sie absetzen?« fragte ich.
Sie wirkte plötzlich ein wenig ängstlich oder wie jemand, der nicht so recht wußte, was er eigentlich wollte. Ich sah es am Hochheben ihrer
Weitere Kostenlose Bücher