Verliebt, verlobt, verflucht
die ein wohliges Glücksgefühl in ihr entfachte und sie lächeln ließ.
Als sie die amüsierten Gesichter ihres Professors und des Bücherschlunds sah, riss sich Natalie von den Büchern los und trat entsetzt einen Schritt zurück.
»Was sind das für teuflische Bücher?«
»Nun ja, das sind eben keine gewöhnlichen Bücher, sondern magische. Ich gestatte dir, sieauszuleihen. Ich gebe dir eine Tasche aus Nussfasern mit, dann gerätst du einstweilen nicht in ihren Bann. Abgesehen davon kannst du nicht einfach mit den Büchern hinausspazieren, das würde zu sehr auffallen. Gib acht, wenn du sie zu Hause liest, dass du nicht ihrer Magie erliegst« sagte er streng und holte aus einer Schublade den angekündigten Beutelaus Nussfasern.
»Die Bücher nach Hause nehmen?«, wiederholte der Bücherschlund ungläubig. Der Professor beachtete ihn nicht weiter und steckte die Bücher in die Tasche.
»Und was passiert, wenn ich der Magie erliegen sollte?«, fragte Natalie den Professor.
Er sah sie lange an. »Das herauszufinden würde ich vermeiden.«
Natalie stutzte, die Antwort war in ihren Augen nicht gerade befriedigend.
»Am besten, du bringst sie schnurstracks nach Hause, ich befreie dich für den restlichen Tag vom Unterricht«, sagte der Professor und zuckte bei dem Wort »befreie« leicht zusammen. Wahrscheinlich hatte er vorher noch nie einem Schüler Schulfrei erteilt.
»Aber Professor«, rief nun der Bücherschlund entsetzt. »Noch nie hat ein Buch diesen Raum verlassen.« Er schien jeden Moment in Tränen auszubrechen.
»Ich werde gut auf sie achtgeben«, sagte Natalie versöhnlich, doch das beruhigte den Kobold nicht im Mindesten. Er sprang auf die verhüllten Bücher und weigerte sich, diesen Platz zu verlassen. Nur nach etlichen Drohungen und Beschimpfungen von Professor Marzin ließ der Kobold von den Büchern ab.
»Denk an meine Worte und rede mit deinen Eltern«, sagte Professor Marzin und steckte die Pergamentrolle wieder säuberlich in die Sanduhr.
Natalie verabschiedete sich und machte sich auf den Rückweg durch das Bücherlabyrinth. »Diesmal überlisten mich die Regale nicht«, dachte sie siegesgewiss, doch auch dieses Mal musste sie sich eingestehen, dass das Labyrinth tückisch war.
»Verflixt und zugenäht, wo ist denn der Ausgang«, murrte sie halblaut. »Aber rufen werde ich den Professor nicht, die Genugtuung will ich ihm nicht schon wieder verschaffen. Wobei er mich jetzt etwas mehr zu mögen scheint.«
Doch die Bücherregale schienen sich immer wieder neu zu verschieben, sodass Natalie nach Minuten ganz verzweifelt war: »Professor?«, rief sie unsicher.
Sie hörte eine ferne Stimme antworten: »Ja?«
»Ich finde den Ausgang nicht«, rief Natalie und spürte, wie ihr wieder Schamesröte ins Gesicht stieg.
»Sie findet den Ausgang nicht, zeig ihr den Weg«, ertönte die Stimme des Professors, die sich wohl an den Bücherschlund richtete, und alsbald vernahm Natalie das vertraute Schlurfen. Wenig später kroch der Bücherschlund aus einem Regal und baute sich vor Natalie auf. Er reichte ihr gerade Mal bis zum Bauchnabel, und dennoch funkelte er sie respektlos an.
»Wenn ich in den Büchern auch nur einen Fleckentdecke oder auch nur eine Seite geknickt ist, dann schwöre ich dir, drehe ich deinen kleinen Hals um.«
Natalie schluckte und überspielte ihre Unsicherheit mit einem nervösen Lachen.
»Keine Sorge.«
Sie folgte dem Troll durch den Bücherdschungel, und kurz darauf befand sie sich auch schon vor der Tür.
»Auf Wiedersehen«, sagte der Kobold, öffnete ihr die Tür und Natalie trat erleichtert hinaus in die Freiheit.
Der Gong zur großen Pause läutete. Am besten wartete sie draußen im Hof auf Gingin. Mit klopfendem Herzen setzte sie sich an den Brunnen und wartete. Es juckte ihr in den Fingern, die Bücher auszupacken und mehr über die Schwarzen Schatten und über Artus zu erfahren. Aber Artus konnte kein Spion sein! Und selbst wenn, so konnte sich Natalie nicht vorstellen, dass Artus ihr nur wegen ihrer Ordensmitgliedschaft den Hof machte.
13. Kapitel
Der Thronfolger der Schwarzen Schatten
Die Schulglocke ertönte und kreischende Schüler strömten auf den Pausenhof. Natalie hielt nach Gingin Ausschau, doch ihre Freundin erschien nicht. Ariane tauchte mit ihrer Mädchengruppe auf der Marmortreppe auf, Natalies Herz schlug schneller. Und auch ihre Erzfeindin hatte sie entdeckt. Ariane steuerte wütend durch die Menge auf sie zu. Zeit, zu verduften! Natalie
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