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Verliebt, verlobt - verrueckt

Verliebt, verlobt - verrueckt

Titel: Verliebt, verlobt - verrueckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried , Peter Probst
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doch gar nicht, Erwin, wirklich nicht.« Ihr Ja mme rto n gef iel ihm nicht und er fragte, ob sie ihre Regel jetzt schon alle vierzehn Tage habe.
    Mein Vater erklärte mir, er habe als guter Katholik genau dreimal mit meiner Mutter Geschlechtsverkehr gehabt, nämlich um seine Söhne zu zeugen. Aber am Samstag war die Praxis geschlossen und das Schlafzimmer meiner Eltern oft abgesperrt. Mein Vater hasste es, von uns geküsst zu werden, weil wir Krankheiten übertragen könnten. Wenn wir bei Ausflügen aufs Land an einer Kuhherde vorbeikamen, sagte er zu meiner Mutter: » Freust du dich, dass du deine Schwestern siehst?« Das klingt frauenfeindlich, ist es aber nicht, weil er nicht nur ein Reiter, sondern auch ein leidenschaftlicher Helfer auf Bauernhöfen gewesen ist und das Rindvieh beinahe so sehr schätzte wie das Pferd. Mein Vater war Abonnent mehrerer konservativer Zeitungen und Zeitschriften. Er verstand sich als Ausschnittdienst meiner Mutter und las ihr vor, was sie seiner Meinung nach interessierte – das war nicht in jedem Fall das, was für sie wichtig war. Meine Mutter bestellte immer Briefwahlunterlagen, damit mein Vater für sie wählen konnte. Er wählte auch für meine Großmutter, sogar noch Jahre nach deren Tod. Weshalb die Unterlagen weiter geliefert wurden, weiß ich nicht.
    Jetzt könnte man denken, mein Vater wäre einer jener harten Burschen gewesen, die sich und ihre Familie immer im Griff haben. Aber das war nur die halbe Wahrheit. Wenn zum Beispiel in unserem Schwarz-Weiß-Fernseher die Regensburger Domspatzen » Aber Heitschi bumbeitschi bummbumm« sangen, weinte er Rotz und Wasser, und meine Mutter musste ihn trösten. Das passierte auch, wenn Lassie ihre Familie verlor und durch halb Amerika lief, um sie wiederzufinden. Mein Vater konnte auch nicht richtig schwimmen und bekam Panik, wenn meine Mutter, die eine echte Nixe war, ihn nass spritzte. Und wenn ich ihm in politischen Diskussionen widersprach, musste er erst ein Herzmittel nehmen, bevor er meine baldige Auslieferung an die DDR ankündigte.
    Ach, unsere Diskussionen. Mein Vater hatte den Tag herbeigesehnt, an dem ich ihm endlich intellektuell gewachsen war. Er hatte von einem aufgeweckten Sohn geträumt, mit dem er von Franz Josef Strauß schwärmen und auf Willy Brandt schimpfen konnte. Ich habe ihm die schreckliche Enttäuschung bereitet, von Brandt zu schwärmen und auf Strauß zu schimpfen. Dahinter vermutete er den schlechten Einfluss einiger junger Lehrer und antiautoritär erzogener Klassenkameraden. Da er mich auf keinen Fall kampflos dem Feind überlassen wollte, erklärte er unser Haus zum Umerziehungslager. Leider war ich ein unbelehrbarer Dissident. Ich hielt unsere hitzigen Diskussionen für eine Art Rudelkampf und tat alles, um das Alphatier in den Zusammenbruch zu treiben. Er war zäh, ich listig, er cholerisch, ich fies. Meist endeten unsere täglichen Kämpfe im Patt. So blieb mir am Ende keine andere Wahl, als mir ein neues Revier zu suchen. Bei meinem Auszug prophezeite ich meinem Vater, dass auf seinem Dach demnächst die rote Fahne wehen werde, weil die erste Besetzung eines Einfamilienhauses in Deutschland leider hier stattfinden werde. Er kündigte mir die Enterbung an.
    Bald nachdem ich Amelie kennengelernt hatte, erzählte ich ihr von dem Monstrum, das mich gezeugt hatte. Ich verheimlichte ihr auch nicht die Antipathien meines Vaters gegen sie als Fernsehmoderatorin. Das fand sie interessant und wollte ihn unbedingt kennenlernen. Es war Liebe auf den ersten Blick zwischen den beiden und ich beobachtete staunend, wie mein Vater sich in Amelies Gegenwart von einem Diktator in einen unglaublich liebenswerten, charmanten, witzigen Menschen verwandelte. Jetzt erinnerte ich mich auch wieder an einige seiner positiven Eigenschaften. Zum Beispiel hatte er als Arzt selbstverständlich auch Menschen behandelt, die nicht bezahlen konnten, und sogar einige Brocken Türkisch gelernt, um Patienten in ihrer Muttersprache begrüßen zu können.
    In einem Bereich war mein Vater ein regelrechter Held. Er war treu und das, obwohl er verdammt gut aussah und in jedem italienischen Film den Liebhaber hätte geben können. Die Frauen umschwärmten ihn, auch junge, attraktive. Meine Mutter lächelte darüber und war nie beunruhigt. Eine Zeit lang hatte ich den Ehrgeiz, meinem Vater einen Seitensprung nachzuweisen. Ich

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