Verliebt verlobt Versace Roman
ging, ein endloses und unnötig ausführliches Gespräch mit Jennys Mutter über den Besuch ihres Vaters bei seinem Urologen über
mich ergehen lassen, Jenny solle sich keine Sorgen machen, es gehe ihm gut. Beim Gespräch mit Jennys leicht manischer Mutter wurden Erinnerungen an meine wach. Nicht, dass sie auch nur andeutungsweise manische Züge aufwies, sie war sehr ausgeglichen, aber sie liebte es auch, die Termine bei ihrem Arzt sehr detailreich zu schildern. Ich hatte ihr auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht mit meiner neuen Telefonnummer hinterlassen, und obwohl sie offensichtlich nicht das Bedürfnis verspürte, mich zu sprechen, merkte ich, dass ich nichts dagegen hätte, mit ihr zu reden. Einfach, um sie wissen zu lassen, dass mit mir alles in Ordnung war. Um es hinter mich zu bringen. Ihr zu sagen, dass es mir gut ging, ich Arbeit hatte und sie etwa in einer Woche wieder anrufen würde. Falls nötig.
Oder sie mich anrufen könne.
In einem Monat oder so.
Lange Pause.
Klicken.
Klingeln.
»Hallo?«
Mein Arm schoss nach vorne, und ich starrte auf das Telefon vor mir.
Das war nicht meine Mutter.
Das war Mark.
Ich tastete hastig nach dem Knopf zum Abschalten und trennte das Gespräch, schaltete dann das Telefon ganz aus und schmiss es aufs Sofa. Was zum Teufel hatte der bei meiner Mutter zu suchen?
Ich saß mit leicht wippendem Körper am Rand des Sofas und war unfähig, meine Augen vom Telefon abzuwenden, für den Fall, dass es zu klingeln anfing. Ich will nicht darüber nachdenken, sagte ich mir, ich konnte nicht. Ich
ertrug es gerade mal, an ihn in der Vergangenheit zu denken, unserer Vergangenheit, aber ich wollte nicht im Jetzt an ihn denken müssen, und schon gar nicht an ihn im Haus meiner Mutter.
Ich warf mich wieder aufs Sofa, schaltete den Fernseher ein und stopfte die restlichen Törtchen in mich hinein, während ich auf den Bildschirm starrte und mich weigerte, an was anderes als Super Sweet Sixteens, Cribs und, ob es mir nun passte oder nicht, einen Liebesversuch mit Tila Tequila zu denken, bis Vanessa und Jenny gackernd durch die Tür kamen.
Trotz der Musik aus meinem iPod, mit der ich nächtliche Gedanken an Mark zu übertönen versuchte, schlief ich nicht gut, und das sah man mir am nächsten Morgen auch an. Nicht einmal der Touche Éclat vermochte die dunklen Schatten zu übertünchen, die ich über Nacht bekommen hatte. Toll, jetzt hatte ich neben meinem Gefühlspäckchen auch noch ganz prosaische Probleme zu stemmen. Aber Aussehen hin oder her, ich freute mich aufs MoMA (denn Jenny hatte mir seufzend erklärt, dass es sich dabei um eine Kunstsammlung handelte). Zu meinen bevorzugten Wochenendbelohnungen, wenn Mark »arbeiten« musste, gehörte stundenlanges Schlendern durch die Tate Modern. Um die Bilder auf mich wirken zu lassen, neue Ausstellungsstücke zu entdecken, manchmal aber auch nur, um draußen oder in der Turbinenhalle zu sitzen und die Leute zu beobachten. Und meine Freude wurde noch größer, als ich Alex vor dem Eingang warten sah. Er sah genauso süß aus wie beim letzten Mal und konnte noch ein paar Pluspunkte einheimsen, weil er offenbar daran gedacht hatte, sich die Haare zu kämmen.
»Hey.« Beim Näherkommen bedachte er mich mit seinem Markenzeichen, dem sich langsam im Gesicht ausbreitenden Lächeln. Ohne sich auch nur im Geringsten um die öffentliche Meinung zu scheren, umarmte er mich zu einem langen, bedächtigen Kuss. Einfach köstlich.
»Nun, was hast du inzwischen erlebt?«, fragte er und schwang meine Hand hin und her, während wir mit der Rolltreppe hoch in die Ausstellungsräume fuhren. »Irgendwas, das ich wissen sollte?«
»Ich hatte meinen Vorstellungstermin bei The Look «, sagte ich und ging einfach über die Tyler-Erlebnisse hinweg. Ich legte sie sorgfältig unter der Rubrik »Dinge, die er noch nicht sofort zu erfahren brauchte« ab, womit ich nicht log, sondern nur nicht alles mitteilte. »Am Freitag habe ich den nächsten Termin, und dann wird es hoffentlich online gehen. Die Redakteurin meinte, ihre gefalle, was ich schreibe.«
»Tatsächlich? Das ist ja super. Das wird sicherlich was ganz Großes.«
»Ja, hoffentlich«, sagte ich und wandte mich dann an ihn: »Und was ist mit dir, hast du irgendwelche Entscheidungen getroffen, die dein Leben verändern werden?«
Er schüttelte den Kopf und zog mich weiter zur nächsten Rolltreppe. »Ne. Morgen findet eine Bandprobe statt, und am Freitag haben wir einen Gig. Kann sein, dass es
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