Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
zu Kevin nicht länger belasten.
Ihr Apartment war muffig, weil es seit drei Wochen nicht gelüftet worden war, und noch staubiger, als sie es zurückgelassen hatte. Ihr juckten die Hände und sie hätte am liebsten gleich angefangen zu schrubben und zu polieren, aber der Hausputz musste bis morgen warten. Ruh sprang ihr voraus, als sie die Koffer zu ihrem Schlafplatz unterm Dach hoch schleppte. Dann zwang sie sich, an ihren Schreibtisch mit dem schwarzen Plastikordner zu gehen, der ihre Unterlagen enthielt.
Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Fußboden, zog den letzten Vertrag mit Birdcage Press heraus.
Genau wie sie gedacht hatte.
Sie schaute zu den Fenstern hinüber, die ganz bis zur Decke hinauf reichten. Sie betrachtete die sanften Farben der Ziegelwände und die gemütliche Küche, sah dem Spiel des Lichts auf dem Holzfußboden zu. Zuhause.
Zwei jammervolle Wochen später trat Molly aus dem Aufzug im neunten Stock des Bürogebäudes an der Michigan Avenue, in dem sich die Geschäftsräume von Birdcage Press befanden. Sie band die Strickjacke noch einmal fester um ihr
rotweiß kariertes Futteralkleid und ging den Korridor zu Helen Kennedy Schotts Büro hinunter. Molly hatte schon lange den Punkt überschritten, an dem es noch ein Zurück gegeben hätte, und nun konnte sie nur noch hoffen, dass der Abdeckstift, den sie unter ihre Augen getupft hatte, die Schatten dort verbarg.
Helen stand auf, um sie zu begrüßen, und kam hinter ihrem Schreibtisch hervor, der mit Manuskripten, Fahnenabzügen und Buchumschlägen übersät war. Trotz des schwülwarmen Wetters war sie in das übliche Schwarz gekleidet. Das kurze graue Haar lag ordentlich an ihrem Kopf, und ihre Fingernägel waren knallrot lackiert. »Molly, wie wunderbar Sie wieder zu sehen. Ich bin so froh, dass Sie sich endlich gemeldet haben. Ich hatte schon fast aufgegeben, Sie zu erreichen.«
»Schön, Sie zu sehen«, gab Molly höflich zu Antwort, denn ganz egal, was Kevin über sie zu sagen hatte, sie war von Natur aus ein höflicher Mensch.
Man konnte ein Stückchen des Chicago Rivers durch das Bürofenster sehen, aber die farbenfrohe Ansammlung von Kinderbüchern auf den Regalen hielt Mollys Aufmerksamkeit gefangen. Während Helen ihr etwas über den neuen Marketing Manager erzählte, entdeckte Molly die schlanken hellen Buchrücken der ersten fünf Daphne Bände. Zu wissen, dass Trubel um Daphne sich nie dazugesellen würde, hätte sich wie ein Dolchstoß in ihrem Herzen anfühlen müssen, aber dieser Teil von ihr war wie abgestorben und nicht in der Lage, etwas zu empfinden.
»Ich bin so froh, dass wir uns endlich einmal treffen«, sagte Helen. »Wir haben so viel zu besprechen.«
»So viel nun auch wieder nicht.« Molly hielt es nicht länger aus. Sie öffnete die Handtasche, zog einen weißen Umschlag hervor und legte ihn auf den Schreibtisch. »Das ist ein Scheck, mit dem ich dem Verlag den ersten Vorschuss für Trubel um Daphne zurückerstatte.«
Helen war wie vom Donner gerührt. »Wir wollen den Vorschuss nicht zurückhaben. Wir wollen das Buch veröffentlichen.«
»Ich fürchte, das werden Sie nicht können, weil ich die Veränderungen nicht vornehmen werde.«
»Molly, ich weiß, Sie waren nicht zufrieden mit uns, und es wird Zeit, dass wir das ins Reine bringen. Wir wollten von Anfang an nur das Beste für Ihre Karriere als Autorin.«
»Ich will nur das Beste für meine Leser.«
»Das wollen wir auch. Bitte versuchen Sie doch, uns zu verstehen. Autoren neigen dazu, ihre Projekte nur aus ihrer eigenen Perspektive zu betrachten, aber ein Verlag muss das Gesamtbild im Auge behalten und dazu gehört auch unser Verhältnis zur Presse und zur Gesellschaft. Wir hatten das Gefühl, keine andere Wahl zu haben.«
»Jeder hat eine Wahl und vor einer Stunde habe ich meine getroffen.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich habe Trubel um Daphne selbst veröffentlicht. In der ursprünglichen Fassung.«
»Sie haben es veröffentlicht?« Helen zog die Augenbrauen in die Höhe. »Wovon reden Sie eigentlich?«
»Ich habe es im Internet veröffentlicht.«
Helen schoss in die Höhe. »Das können Sie nicht tun! Wir haben einen Vertrag!«
»Wenn Sie das Kleingedruckte lesen, werden sie merken, dass ich bei allen meinen Büchern die Rechte für elektronische Medien behalten habe.«
Helens Erstaunen wuchs. Die größeren Verlagshäuser hatten diese Löcher in ihren Verträgen bereits gestopft, aber einige kleinere Verlage wie Birdcage, waren noch
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