Verlobt für eine Nacht
schüttelte Leo die Hand und lächelte strahlend. „Ich freue mich, Sie beide zu sehen!“
„Vielen Dank, Eric“, erwiderte Leo. „Ich möchte Ihnen meine Verlobte vorstellen, Evelyn Carmichael.“
Erics Lächeln wurde noch breiter, als er Eves Hand nahm. „Es ist mir wirklich ein Vergnügen, Evelyn. Kommen Sie mit, damit ich Sie den anderen vorstellen kann.“
Eve brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, wie riesig die Präsidentensuite war. Zwar hatte sie ähnliche Buchungen durchgeführt und vergleichbare Suites auch für die Alvarezes und für Leo reserviert, doch sie hatte keine Vorstellung gehabt, wie luxuriös diese waren. Schon Leos Suite mit dem separaten Wohnbereich war ihr geradezu riesig vorgekommen. Die Präsidentensuite war jedoch so groß wie ein ganzes Haus: Es gab ein Speisezimmer, gegenüber dem Eingang ein Arbeitszimmer, links einen großzügigen Wohnbereich mit einladend wirkenden, dick gepolsterten Sofas. Außerdem sah Eve Türen, die zu weiteren Zimmern führen mussten, sicher luxuriöse Schlaf- und Badezimmer sowie eine Küche. Über die gesamte Breite der Suite zog sich eine Wand aus Glas, durch die man einen atemberaubenden Blick auf die Silhouette von Melbourne hatte. Die anderen Anwesenden tranken Champagner und genossen die Aussicht, als sie sich zu ihnen gesellten.
Eric Culshaw stellte alle einander vor. Seine Frau Maureen war eine schlanke Frau in den Sechzigern mit gestrengen Gesichtszügen, so als hätte sie eine große Enttäuschung erlebt. Offensichtlich ging ihr der Skandal ebenso nahe wie ihrem Mann. Doch ihre grauen Augen strahlten Herzlichkeit und echte Wärme aus. Die ältere Frau war Eve sofort sehr sympathisch, als diese ihre Hand mit beiden Händen umfasste. „Ich freue mich sehr, dass Sie kommen konnten. Evelyn – diesen Namen hört man ja heutzutage selten. Die meisten Frauen, die so heißen, kürzen ihn ja ab und nennen sich Eve.“
„Meine Großmutter hieß Evelyn“, erklärte Eve und drückte die Hand der anderen Frau leicht. „Weil der Name ein bisschen umständlich auszusprechen ist, werde ich aber von vielen Eve genannt. Mir ist der eine Name so recht wie der andere.“
Maureen erwiderte etwas, doch Eve wurde von einer Bewegung abgelenkt, die sie aus dem Augenwinkel wahrnahm. Als sie den Kopf wandte, sah sie einen merkwürdigen Ausdruck über Leos Gesicht huschen. Er runzelte die Stirn, und einen Moment lang fragte sie sich, woran er wohl dachte. Doch dann wurde sie von Eric Culshaw abgelenkt, der sie den Alvarezes vorstellte.
Richard Alvarez war ein sonnengebräunter, durchtrainierter Mann, etwa fünfzehn Jahre jünger als Eric Culshaw. Er hatte sandfarbenes Haar und durchdringende blaue Augen. Seine Frau Felicity war vermutlich zehn Jahre jünger als er und erinnerte an einen Filmstar – eine exotische dunkle Schönheit, die in ihrem Abendkleid aus leuchtend rosafarbener Seide und ihren glitzernden Sandaletten wie eine tropische Blume wirkte.
Eine Handvoll unaufdringlicher, aber aufmerksamer Ober reichte Platten mit Kanapees, brachte Gläser mit Champagner und schenkte nach, während die Anwesenden es sich im Wohnbereich gemütlich machten. Irgendwie gelang es Leo, sich und Eve auf das breite Sofa zu bugsieren, wo sie nebeneinander Platz nahmen. Er wollte den anderen wohl zeigen, wie nahe sie einander waren.
Sehr nahe offenbar, dachte Eve.
Denn Leo legte ihr ganz gelassen den Arm um die Schultern, während er sich entspannt am Gespräch beteiligte und immer darauf achtete, Eric und Richard einzubeziehen. Eve war bewusst, dass diese scheinbar liebevolle Geste sehr kalkuliert war. Trotzdem stockte ihr der Atem, als er sie wie beiläufig über den Rücken streichelte. Sofort spürte sie ein Vibrieren in den Brustspitzen und erwachendes heißes Begehren in ihrem Innern, wie ein tiefrotes Samtband, das sich langsam entrollte.
„Evelyn?“
Eve blinzelte und stellte fest, dass man ihr eine Frage gestellt hatte. Ganz benommen wegen Leos Berührung, hatte sie diese nur halb registriert. Sie umfasste seine Hand und hielt sie fest. Was nach außen wie eine liebevolle Geste ihrerseits wirkte, war in Wirklichkeit reiner Selbstschutz, damit sie überhaupt am Gespräch teilnehmen konnte.
„Entschuldigen Sie, Maureen. Sie möchten wissen, wie wir uns kennengelernt haben?“ Eve wandte sich zu Leo um, lächelte ihm zu und drückte seine Hand etwas zu fest, um ihm zu zeigen, dass sie ohne seine „Zärtlichkeiten“ besser zurechtkam. „Um ehrlich zu
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