Verlobt für eine Nacht
ihn auf ihren Knien auf- und abwippen ließ.
Eric Culshaw zog sich einen Sessel heran und nahm neben seiner Frau Platz, um auch etwas von Sam zu haben. „Dann steckt dieser kleine Kerl also hinter den ‚familiären Gründen‘, weswegen Sie nicht mit auf die Insel kommen können?“
Eve wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte das Gefühl, immer stärker in ein Netz aus Lügen verstrickt zu werden.
„Ich bin schuld daran“, erklärte Leo gelassen. „Ich dachte, die Anwesenheit eines kleinen Kindes wäre den Vertragsverhandlungen nicht gerade zuträglich.“
„Sam kann sehr ungehalten sein“, fügte Eve schnell hinzu. „Besonders, wenn er nicht in seiner gewohnten Umgebung ist.“
„Was, dieser kleine Sonnenschein?“ Nun ließ Eric Culshaw den kleinen Sam auf seinen Knien wippen, bis beide aus vollem Hals lachten und man nicht mehr wusste, wer von ihnen mehr Spaß daran hatte.
„Sie und Sam müssen einfach mitkommen, Eve“, sagte er und hielt inne, woraufhin Sam lautstark protestierte.
Der alte Mann lachte und fügte hinzu: „Es kommt mir nicht richtig vor, Leo von Ihnen fernzuhalten. Sie beide sehen sich doch ohnehin so selten. Und es wird Ihnen ganz bestimmt auf der Insel gefallen. Für Sam werden wir eine Babysitterin engagieren, sodass Sie sich auch einmal richtig ausruhen können. Dazu haben Sie ja bestimmt nicht oft Gelegenheit.“
Eve rang sich ein Lächeln ab. „Das klingt wirklich verlockend“, sagte sie. Und das stimmte auch. Einige Tage auf einer paradiesischen Insel in den Tropen, die sie mit Schwimmen und Lesen verbringen konnte, würden ihr guttun. Allerdings würde sie im selben Haus wohnen wie Leo … „Es ist nur so …“
„Bitte, Eve, kommen Sie mit“, bat Maureen und legte ihr die Hand auf den Arm. „Gestern Abend hatte ich so viel Spaß wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich weiß, dass es sehr viel verlangt ist, aber es würde mir wirklich viel bedeuten.“
„Natürlich kommen die beiden mit“, hörte Eve nun Leo sagen. „Stimmt’s?“
Und plötzlich hatte sie das Gefühl, der schwankende Boden zu ihren Füßen würde sich öffnen und sie verschlucken.
Beim Einsteigen in Leos Privatjet war Eve aufgebracht und nervös zugleich. Es gefiel ihr gar nicht, dass sie gegen ihren Wunsch quasi gezwungen wurde, mit auf die Insel zu kommen.
Das Innere des Jets glich eher einem Luxusapartment als einem Flugzeug: Statt enger Sitzreihen und Gepäckfächern gab es einige wenige, sehr edle Ledersessel. Mehrere Türen deuteten darauf hin, dass es noch weiter Räume gab. Außerdem entdeckte Eve einen Esstisch mit einem halben Dutzend Stühlen. Ja, Leo Zamos war reich und hatte alles, was man sich nur wünschen konnte. Außer einem Herzen.
Vielleicht schafft man es nur so zum Milliardär, dachte Eve, als sie von einer Stewardess zu einer Gruppe Sessel geführt wurde, wo bereits ein besonderer Gurt für Sam bereitlag. Die Frau half ihnen, sich zu setzen und das Gepäck zu verstauen. Dabei plauderte sie fröhlich, doch Eve bekam kein Wort davon mit.
Kein Wunder, dass Leo so erfolgreich ist, dachte sie. Im Geschäftsleben wie im Schlafzimmer hatte er keine Skrupel, sondern nahm sich einfach, was er wollte.
Während Eve insgeheim sehr aufgebracht war, schien Sam sich großartig zu amüsieren. Die spannende neue Umgebung und die viele Aufmerksamkeit gefielen ihm sichtlich. Er ruderte mit den Armen und krähte fröhlich.
„Wenigstens einer von euch beiden scheint sich zu freuen“, stellte Leo fest, als die Stewardessen gegangen waren, um ihnen etwas zu trinken zu holen.
„Er heißt Sam “, fuhr Eve ihn an. Sie war empört darüber, dass sie nun gezwungen war, ein ganzes Wochenende lang Menschen etwas vorzuspielen, die Unehrlichkeit nicht verdient hatten. Der einzige Lichtblick war, dass Eric und Maureen mit den Alvarezes im eigenen Jet flogen und sie alle in eigenen Unterkünften wohnen würden. Eve musste also nicht ununterbrochen so tun, als sei sie unsterblich in Leo verliebt. Doch auch so wusste sie nicht, wie sie die Farce aufrechterhalten sollte.
Die Stewardess brachte Getränke, berichtete, dass sie in zwei Minuten starten würden, und zog sich diskret wieder zurück.
Eve goss Saft für Sam in einen Becher mit zwei Griffen und versuchte, ihn eine Weile mit einem Bilderbuch abzulenken. Wie soll ich es denn nur schaffen, mich als Leos liebevolle Verlobte auszugeben? dachte sie. Am Vorabend, als die Luft zwischen ihnen vor sexueller Anziehung geknistert hatte,
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