Verlobt für eine Nacht
Schläge und die bösen Worte auf sie einprasselten. „Stomato to!“, schrie er von seinem Bett aus. „Aufhören!“ Doch es hörte nicht auf, und vor Angst und Verzweiflung liefen ihm Tränen übers Gesicht.
„Alles ist gut, Leo. Ganz ruhig.“
Abrupt und voller Panik setzte Leo sich auf. Er keuchte, umfasste seinen Kopf und barg das Gesicht an den Knien.
„Du hattest wieder einen Albtraum.“
Nein, dachte er. Es war kein Albtraum, sondern sein Leben. Er stand auf und begann, unruhig auf und ab zu gehen.
Zwanzig Jahre zuvor war er geflüchtet und hatte seinen eigenen Weg gefunden. Doch entkommen war er nicht. Die ganze Zeit hatte er gewusst, dass es da war und auf ihn lauerte. Doch so nah, so real wie jetzt war es nie gewesen.
„Was ist denn?“
Er spürte eine kühle Hand auf dem Rücken und zuckte heftig zusammen. „Fass mich nicht an! Du darfst mich nicht anfassen!“
„Leo!“
„Ich muss einen Spaziergang machen.“ Er nahm eine Hose aus der Kommode und zog sie sich an.
„Aber es ist zwei Uhr morgens!“
„Lass mich!“
Draußen spürte er die Nachtluft auf seiner erhitzten Haut. Leo hatte gute Gründe dafür, dass er immer auf Distanz blieb und niemanden an sich heranließ. Er war beschädigt, seine Seele gebrochen, fürs Alleinsein bestimmt. Merkte Eve das nicht?
Und trotzdem: Wenn sie ihn mit ihren wunderschönen Augen auf eine bestimmte Weise ansah, dann wünschte er sich manchmal Dinge, die nie geschehen konnten. Ich bin selbst daran schuld, dachte Leo. Wann hatte er aufgehört, nur eine Rolle zu spielen? Wann hatte er vergessen, dass dieses Wochenende nicht echt war, sondern alles nur gespielt?
War es gewesen, als Eve sich voller Leidenschaft im Bett an ihn geschmiegt hatte? Oder als sie von ihren Eltern erzählt hatte und er sie hatte trösten wollen?
Leo blieb stehen und blickte übers Meer zu den dunklen Umrissen der anderen Inseln.
Noch ein Tag und eine Nacht, dann würde er Eve wieder nach Hause bringen, bevor er ihr wehtun konnte. So einfach war das, und so schwer.
11. KAPITEL
Das war genau das, was Eve brauchte. Sie lag auf der Massageliege und atmete das süße Aroma von Duftkerzen ein, während eine geschickte Masseurin die Muskeln in Rücken und Nacken lockerte. Leider hatte diese keinen Einfluss darauf, dass Eves Gedanken unentwegt um Leo Zamos kreisten.
Nach seinem Albtraum war er hinausgestürmt, als sei er auf der Flucht gewesen. Eve hatte eine Weile vergeblich auf ihn gewartet und war schließlich wieder ins Bett gegangen. Am Morgen nach dem Aufwachen hatte er auf der Terrasse gesessen und Kaffee getrunken. Irgendetwas Schreckliches musste ihn bedrücken, und Eve wünschte sehnlichst, er würde sich ihr anvertrauen, damit sie ihm helfen konnte.
Die Masseurin drehte sie für die Gesichtsbehandlung sanft auf die andere Seite und Eve seufzte genüsslich und zugleich frustriert. Denn eigentlich wusste sie, dass Leo sich nicht helfen lassen wollte. Und am nächsten Tag würde sie nach Hause zurückkehren. Dann wäre alles nur noch eine wunderschöne Erinnerung.
Sie konnte sich nicht erlauben, sich Gedanken um Leo zu machen, auch wenn dieser ihr sagte, sie sei ein Wunder, auch wenn er mit seinen Küssen ihr Herz und ihre Seele berührte. Auch wenn sie sich noch so danach sehnte, dies sei kein Lügenmärchen, sondern wahr.
Nach der Behandlung fühlten die Frauen sich zufrieden und tief entspannt. Sie aßen im großen Haus auf der Terrasse am Pool zu Mittag. Die drei Männer nahmen nicht teil, sie waren offenbar noch immer mit ihren Vertragsverhandlungen beschäftigt. Also genossen die drei Frauen ohne sie das tropisch warme Klima von North Queensland.
Sam tat sein Bestes, um sie zu unterhalten. Fröhlich vor sich hin plappernd, verteilte er Bauklötze, um sie kurz darauf wieder einzusammeln und zurückzutragen, als sei das alles Teil eines ausgeklügelten Plans.
Stolz betrachte Eve ihren kleinen Sohn. Wenn Leo demnächst aus ihrem Leben verschwinden würde, wäre Sam immer noch da. Dafür war sie unendlich dankbar. Sie war überrascht, wie intensiv Felicity sich mit ihm beschäftigte. Geduldig ließ sie sich auf seine Spiele ein, umarmte und kitzelte ihn.
„Ich habe mir immer ein Kind gewünscht“, sagte sie leise, den Blick wehmütig auf Sam gerichtet. „Besser gesagt, gleich eine ganze Horde. Und als ich dann Richard kennenlernte und wusste, dass er der Richtige für mich war, rechnete ich fest damit, dass es nun klappen würde – auch wenn es schon ein
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