Verlockend untot
Pritkin natürlich fragte: »Und was bedeutet ›Verbündeter‹ für den Senat?«
Ich zögerte und suchte nach einer Antwort, die nicht das Wort »Kanonenfutter« enthielt. »Sagen wir, ich glaube nicht, dass die Vampire ein sehr enges Bündnis im Sinn haben.«
»Das sollten sie aber besser«, erwiderte Pritkin grimmig. »Wir brauchen starke Verbündete. Feinde haben wir schon genug.«
Dem konnte ich nicht widersprechen.
»Ich wollte dir nur zu verstehen geben, dass man mich derzeit als eine besonders nützliche Bedienstete sieht, wie die Menschen, die ihre Höfe tagsüber bewachen oder sich um die Schutzzauber kümmern. Und dabei wird es für mich bleiben, solange ich Anweisungen befolge, Beschränkungen hinnehme und tue, was man mir sagt.«
»Dann widersetz dich ihnen!«
Ich deutete auf den Raum um uns. »Wonach sieht das hier aus?«
Er warf mir einen Blick zu. »Du isst Pizza. Da kann man wohl kaum von einem Aufstand sprechen.«
»Nach ihren Maßstäben ist es einer.«
»Ich meine, zieh los.« Pritkin winkte abrupt. »Sag ihnen, dass sie zum Teufel gehen sollen. Du könntest irgendwohin gehen …«
»Wohin?«, fragte ich. »Zum Kreis? Wo noch wer weiß wie viele Kumpel von Saunders herumhängen? Zu meinem prächtigen Hof?«
»Früher oder später musst du deinen Hof einrichten.«
»Lieber später. Nach dem Bündnis.«
Ich langte nach dem geriebenen Käse, und Pritkin runzelte die Stirn. Aber ich schätze, meine Gesundheit war nicht der Grund, denn nach einer kurzen Pause fragte er: »Nach welchem Bündnis?«
»Dem der sechs Senate. Woran Mircea seit einem ganzen Monat arbeitet.«
»Was hat das mit dir zu tun?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Eine vampirfreundliche Pythia ist bei der Sache eine Art Trumpfkarte. So etwas hatten die Vampire noch nicht. Sie haben sich immer außerhalb der übernatürlichen Welt gefühlt und die Pythia für eine Waffe im Arsenal des Kreises gehalten, nicht in ihrem.«
»Und nun glauben sie das Gegenteil.«
»Sie hoffen es.« Die Vamps kannten Mircea. Und wenn sie mich sahen, vierundzwanzig und noch grün hinter den Ohren… Bestimmt zweifelten sie nicht daran, dass er mich um den kleinen Finger wickeln konnte. Das war für mich kein Problem, solange es uns half, das Bündnis zu bekommen.
Und solange er nicht selbst daran glaubte.
»Aber wenn du plötzlich nicht mehr da wärst?«, fragte Pritkin.
»Wenn du zum Beispiel getötet würdest?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was du denkst, aber das kann nicht sein.«
»Warum nicht? Du hast es selbst gesagt: Du bist die einzige Pythia, von der die Vampire jemals geglaubt haben, dass sie ihnen gehört. Deine Nachfolgerin käme wahrscheinlich aus der Gruppe der Eingeweihten beim Kreis …«
»Was sie nicht glücklich machen würde. Aber bei den Gesprächen geht es nicht um mich. Die Vamps sind wegen des Krieges hier, und weil sie wegen Apollo richtig Schiss gekriegt haben. Ich versüße ihnen die Übereinkunft nur ein wenig.«
»Aber wenn jemand sie nicht gut genug kennen würde, um das zu wissen …«
»Wer so wenig Ahnung hat, wüsste wahrscheinlich auch nichts von dem Treffen. Die Krönung und einige andere Dinge dienen nur als Vorwand, während sie hinter den Kulissen um die Details feil-schen, darum, wer die Führung übernimmt…«
»Und Mircea versucht, dich als Argument für seine Konsulin zu verwenden?«
»›Versucht‹ ist das richtige Wort.«
Pritkin schluckte einen öligen Leckerbissen. »Warum? Du hast doch gerade gesagt…«
»Dass ich eine vampirfreundliche Pythia bin, ja.« Ich hob und senkte die Schultern. »Aber das genügt nicht. Die Hälfte der Senatoren ist davon überzeugt, dass ich keinen blassen Schimmer von dem habe, was ich tue. Ihnen fällt es leicht zu glauben, dass ich unter Mirceas Knute stehe. Etwas schwerer fällt ihnen die Vorstellung, dass ich stark genug bin, um eine echte Bereicherung zu sein.«
»Und solange sie davon nicht überzeugt sind, zanken und streiten sie darüber, wer der Anführer sein soll, anstatt etwas in Hinsicht auf den Krieg zu unternehmen.«
»Darauf läuft es hinaus, ja.«
»Typisch.«
Soweit ich wusste, unterschied sich die Politik des Kreises kaum davon, aber ich verzichtete darauf, Pritkins Kommentar zu kommen-tieren. Ich war einfach nicht in der Stimmung für einen verbalen Schlagabtausch. »Jedenfalls, worauf es ankommt: In der jetzigen Situation bin ich besser dran …«
»Das wage ich zu bezweifeln.«
»… aber um für den Senat
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