Verlockend untot
an meine Brust und küsste ihn erneut.
Es erfolgte noch immer keine Reaktion, zumindest keine direkte, aber ich spürte ein kurzes emotionales Zittern, als seine Schwielen über empfindliche Haut strichen. Inkuben weckten Lust und Verlangen in ihren Partnern, denn auf diese Weise zapften sie die menschliche Kraft an. Erregung war der Kanal, der vitale Energie für sie übertrug, so wie Blut für Vampire.
Aber wenn mein kurzes Empfinden etwas in Pritkin weckte, dann ließ sich nichts davon erkennen.
Es half nicht, dass ich mich in meinem ganzen Leben nie weniger sexy gefühlt hatte. Es lag nicht am Schmutz, der Erschöpfung oder am Publikum, was zweifellos keine große Hilfe war. Es lag nicht einmal an all dem Blut. Der Hauptgrund war die Panik. Die wachsende Gewissheit, dass ich ihn verlieren würde, wenn mir das hier nicht gelang, machte es weniger wahrscheinlich, dass es mir gelang.
»Hör auf, ein verdammter sturer Hurensohn zu sein«, flüsterte ich. »Hilf mir.«
Ich bekam keine Antwort, und die Zeit wurde knapp. Ich sah es in der Blässe seines Gesichts, hörte es in seinem flachen Atem und spürte es auf eine Weise, die ich nicht beschreiben konnte. Tränen der Verzweiflung füllten mir die Augen, als ich ihn erneut küsste, diesmal etwas ungestümer, damit er irgendetwas fühlte …
»Das ist das Erbärmlichste und Armseligste, das ich je gesehen habe«, sagte jemand, und ich hob den Kopf. Denn es war nicht Calebs Stimme.
Ich starrte auf die glühenden Umrisse eines Mannes, in dem Sterne leuchteten. Vor dem Hintergrund der Nacht war er kaum zu sehen, aber dann glitten wir in eine Ley-Linie, und das Flackern blauer Energie zeigte mir ein bekanntes Gesicht. Die Züge ähnelten denen des Mannes, dem ich zu helfen versuchte, doch das Bewusstsein dahinter gab ihnen auch etwas Fremdartiges.
»Rosier«, zischte ich und bekam eine Gänsehaut.
»Was?«, fragte Caleb. Da er noch immer fuhr und nicht mit gezogener Waffe in den Fond sprang, nahm ich an, dass er den Dämon nicht sehen konnte.
»Wie ich schon sagte, achten Sie nicht auf das, was Sie sehen oder hören«, stieß ich hervor, als sich das überaus gefährliche Geschöpf über seinen Sohn beugte. »Tun Sie ihm nicht weh!«
»Wem soll ich nicht wehtun?«, fragte Caleb verwirrt.
»Fahren Sie!«, schnauzte ich und versuchte, Rosier wegzuschieben. Er hatte einen Körper, wenn er wollte, aber diesmal schien er ihn nicht zu benutzen, denn er war so substanzlos wie eine Rauchsäule – meine Hand fuhr einfach hindurch.
»Mir scheint, in dieser Hinsicht kommen Sie auch gut allein zurecht«, sagte Rosier sarkastisch. »Ich habe immer gedacht, dass Sie sein Tod sein würden.«
Neue Tränen quollen mir in die Augen, Tränen, die von Zorn und betäubender Angst kündeten. Ich konnte kaum mehr einen klaren Gedanken fassen, und das Atmen fiel mir schwer. Denn Rosier hatte recht. Ich hätte in der verdammten Hotelsuite bleiben, sie nie verlassen sollen. Das hier war ganz und gar meine Schuld, so klar und deudich, als hätte ich Pritkin eine Pistole an den Kopf gehalten. Er würde sterben, und ich konnte ihm nicht helfen. Ich musste hier sitzen und zusehen, wie er sein Leben aushauchte …
Wie bei Eugenie.
Allein der Gedanke bescherte mir lähmendes Entsetzen. »Nein«, flüsterte ich.
»Was sitzen Sie da und flennen?«, fragte der Dämon. »Wir haben zu tun.«
Ich sah auf und stellte fest, dass die Umrisse der Gestalt noch undeutlicher waren als vorher. Mit dem Handrücken wischte ich die Tränen weg. »Warum sollten Sie ihm helfen wollen? Sie haben versucht, ihn zu töten!«
»Ihn? Nein. Ich habe versucht, Sie zu töten, wenn ich mich recht entsinne.«
»Sie haben ihm die verdammten Rakshasa auf den Hals gehetzt!«
Rosier zuckte mit den Schultern, als sei es kaum der Rede wert, dass er seinen eigenen Sohn von einer Gruppe seelenloser Dämonen hatte verfolgen lassen. »Es war eine Abschreckungstaktik, weiter nichts. Sie konnten ihn nicht anrühren, während er am Leben war.«
»Sie haben ihn reichlich ›angerührt‹!«
»Nur weil Sie darauf bestanden, ihn aus seinem Körper zu ziehen.
Aber lassen Sie uns darüber reden, während wir ihm helfen, dem Sensenmann ein Schnippchen zu schlagen, einverstanden?«
Ich starrte Rosier groß an, diesen abscheulichen, verlogenen, hinterhältigen Mistkerl, und wusste nicht, was ich davon halten sollte.
Pritkin hasste seinen Vater, und dafür hatte er bestimmt gute Gründe, auch wenn ich nicht alle von ihnen
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