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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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gehabt und Zugang zu der Welt bekommen, die sie sich so sehr wünschte.
    Aber sie war es nicht, und sie verstand nicht…«
    Er zögerte, und für einige Sekunden dachte ich, das wäre es gewesen. Aber dann sprach Pritkin weiter, in einem so bitteren Ton, dass seine Worte schmerzten.
    »Der Austausch von Energie soll genau das sein: ein wechsel-seitiges Geben und Nehmen von Kraft. Aber wahrscheinlich hat sich Ruth nie gefragt, was geschehen würde, wenn ein Partner nicht über genug Energie für das Geben verfügte, nur über genug für das eigene Leben. Und ich war … abgelenkt. Ich begriff nicht, was geschah, nicht in diesem Augenblick, den Inkuben traditionsgemäß für die Nahrungsaufnahme verwenden. Aber sie nehmen nicht so viel, nicht alles. Als mir klar wurde, was geschah, war es bereits zu spät. Bevor der Zyklus noch richtig beginnen konnte, war Ruth …« Pritkin presste kurz die Lippen zusammen. »Sie bekam nichts zurück. Es blieb ihr nicht genug Zeit. Sie gab und gab, und dann war es vorbei.
    Es ging so schnell…«
    Seine Stimme verklang, und dafür war ich dankbar. Pritkin hatte schon einmal beschrieben, was passiert war, und ich erinnerte mich genau an jenes Gespräch. Ich konnte es kaum vergessen, denn er hatte nichts beschönigt. Er hatte mir nicht erzählt, warum seine Frau zu einer vertrockneten, leeren Hülle geworden war, die kaum mehr an einen Menschen erinnerte. Aber er hatte in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass er sich dafür verantwortlich fühlte.
    Er hasste seinen Vater für das, was er wusste und argwöhnte.
    Aber sich selbst hasste er noch viel mehr.
    Erneut wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Abgesehen vom Offensichtlichen. »Es war nicht deine Schuld«, sagte ich leise, was mir einen verblüfften, ungläubigen Blick einbrachte.
    »Ich habe dir doch gerade erklärt…«
    »Dass du aufhören wolltest, dazu aber nicht imstande warst. Was sonst hättest du tun können? Du wusstest nicht…«
    »Ich hätte es wissen sollen! Bestimmt hat es Hinweise darauf gegeben, was sie vorhatte, aber ich habe nichts gesehen!«
    »Vielleicht gab es nichts zu sehen. Vielleicht war sie vorsichtig…«
    »Vielleicht war ich ein blinder Narr!« Pritkin stand auf und schenkte sich Whiskey ein. »Mir hätte klar sein müssen, was vor sich ging. Ich hätte bemerken müssen, wie ausgelassen und heiter sie plötzlich war… Aber ich schob es auf die Hochzeit. Frauen mögen Hochzeiten, all die Dekorationen und Kleider und so weiter… Und ich suchte nach einem Zuhause für uns. Bis dahin hatte ich in einem Junggesellenquartier gewohnt, das für uns beide zu klein war, und…«
    Er brach ab und kehrte zum Sofa zurück. Die Whiskeyflasche nahm er mit – ich konnte es ihm nicht verdenken.
    »In jener Nacht… Ich hätte in der Lage sein sollen, alles zu beenden, bevor es zu weit ging und außer Kontrolle geriet. Aber das konnte ich nicht, weil ich es abgelehnt hatte, mich mit Dämonen zu paaren, weil ich mich auf Menschen beschränkt hatte und daher nur wenig über diesen Vorgang wusste. Ich verstand, was geschah, aber ich hatte keine Ahnung, wie man der Sache einen Riegel vorschob.
    Und Ruth teilte meine Ahnungslosigkeit natürlich. Ich hatte meine hehren Prinzipien bewahrt und mich den Wünschen meines Vaters widersetzt, was für mich Unwissenheit in einigen wichtigen Bereichen bedeutete. Und das war ihm klar. Ihm war klar, dass es eine gute Möglichkeit gab, mich für das Nein ihm gegenüber zu bestrafen …«
    »Genau das meine ich«, sagte ich und beugte mich vor, weil ich nicht länger still sitzen konnte. »Rosier hat dich in die Falle gelockt.
    Wenn du jemandem die Schuld geben willst, dann gib sie ihm!«
    »Das tue ich! Aber er war nicht da. Er hat Ruth nicht leer gesaugt. Er hat ihr nicht das Leben gestohlen und gefühlt, wie sie in seinen Armen verschrumpelte …«
    Pritkin atmete schwer und verbarg das Gesicht in den Händen.
    Ich ging zu ihm und nahm neben ihm Platz, aber ich schlang nicht die Arme um ihn, denn die Momente unter der Dusche waren eine Verirrung gewesen, eine Anomalie, und ich wusste, dass ihm so etwas jetzt nicht recht gewesen wäre. Vielleicht wegen der nervösen Energie, die wie ein gefangener Blitz in ihm summte und knisterte.
    Ich fühlte sie, als ich dort dicht neben ihm saß: elektrische Ent-ladungen dicht unter seiner Haut.
    Ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte. Wenn man sich seit Jahren wegen etwas die Schuld gab und hasste, wurde es zu einer ganz

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