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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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erkennt.«
    »Und Sie glauben, dass Sie Ihre Loyalitäten so einfach teilen können?«
    »Warum nicht?«, fragte ich mit plötzlichem Ärger. »Jede Pythia hatte eine Familie, nicht wahr?«
    Zwei oder drei Sekunden sah mich Jonas groß an. »Ja. Aber das lässt sich wohl kaum damit vergleichen …«
    »Warum nicht?« Ich dachte an den Vamp, der am vergangenen Abend ein halbes Bein verloren hatte. Es würde nachwachsen, aber andere hatten nicht so viel Glück gehabt. Einer von Mirceas alten Meistern, ein Vampir namens Nicu, war vor kaum einem Monat bei dem Versuch gestorben, mich zu beschützen, und fast hätte es auch Marco erwischt.
    Wenn das nicht unter dem Begriff »Familie« zusammengefasst werden konnte, musste man den Begriff meiner bescheidenen Meinung nach neu definieren.
    »Sie sind meine Familie«, betonte ich. »Und ich werde sie entsprechend behandeln. Aber das bedeutet nicht, dass ich eine willenlose Marionette des Senats sein werde.« Oder des Kreises.
    Jonas schien alles andere als zufrieden zu sein. »Das ist leicht gesagt, aber ich glaube, Sie werden sich mehr als erwartet bemühen müssen, um Ihre Unabhängigkeit vom Senat zu bewahren. Wie dem auch sei, wir reden hier vom Anschein und nicht von irgendwelchen esoterischen Aspekten der Vampirgesetze. Tatsache ist, dass Sie einem Vampir… gehören, wie immer Sie es auch definieren wollen, und das wird in der übernatürlichen Welt nicht gut ankommen.«
    »Wie sollte ich mich Ihrer Meinung nach verhalten?«, fragte ich.
    »Ich sage nicht, dass Sie sich nicht mit dem Mann treffen sollten, Cassie …«
    »Was sagen Sie dann?«
    »Es wäre hilfreich, wenn man Sie dabei sähe, wie Sie sich auch mit anderen Männern treffen. Mit einem Werwolf zum Beispiel oder mit einem Magier. Dann ließe sich der Öffentlichkeit gegenüber leichter behaupten, dass Ihr Privatleben nichts mit Ihren Entscheidungen zu tun hat.«
    »Ja, mag sein, aber ich kenne keine …«
    »Ich könnte Ihnen jemanden schicken.«
    Ich blinzelte. »Jemanden was?«
    »In der Art von … Freiern und Bewerbern.«
    »Freier und Bewerber«, wiederholte ich langsam, während außerhalb des Zimmers jemand zu ersticken schien.
    »Natürlich müssten Sie sich mit niemandem von ihnen treffen, den Sie nicht mögen«, sagte Jonas ohne auch nur einen leisen Hauch von Ironie. »Ich könnte Ihnen mehrere schicken, und Sie treffen Ihre Auswahl.«
    Vor meinem inneren Auge erschien ein Bild, das mir Rekru-tierungsposter an den Wänden der Kriegsmagierzentrale zeigte: FREIER GESUCHT, GUTE BEZAHLUNG MIT GEFAHRENZULAGE. Besonders komisch fand ich es nicht. Weil Jonas das offenbar für eine durchaus vernünftige Vorgehensweise hielt.
    »Sie könnten zwei wählen«, schlug er vor und erwärmte sich für die Idee. »Einen Magier und einen Werwolf. Damit wäre alles ab-gedeckt.«
    »Wie wär's mit einem halben Dutzend?«, fragte ich sarkastisch.
    Jonas blinzelte. »O nein. Das könnte Ihnen einen schlechten Ruf einbringen.«
    »Was wir natürlich nicht wollen.«
    Draußen kam es zu Unruhe, und mir reichte es. Ich ging zur Tür, öffnete sie und sah ins nächste Zimmer. Marco rang auf dem Sofa nach Atem, und zwei der anderen Wächter beugten sich über ein Handy.
    »Was macht ihr?«, fragte ich.
    »Wir versuchen, das aufzuzeichnen«, erwiderte der Klugscheißer vom Einkaufstrip. »Sonst nimmt uns das niemand ab.«
    »Lasst den Quatsch. Es ist nicht komisch!«
    »Von wegen.«
    Ich starrte ihn an, was aber nichts nützte, denn der Bursche hantierte einfach weiter an dem Handy. Also wandte ich mich an Marco.
    »Können Sie nichts unternehmen?«
    Marco winkte, während ihm Tränen über die geröteten Wangen strömten und er etwas zu sagen versuchte. Aber er brachte nur asthmatisches Schnaufen hervor. Ich beugte mich über ihn, wie er da auf dem Sofa lag, und er legte mir die Hand an den Nacken und zog mich tiefer.
    »Es… ist… komisch«, keuchte er.
    Ich richtete mich auf und schlug ihm auf die felsharte Schulter.
    »Mistkerl.«
    Jonas kam aus dem Salon, als ich mich umdrehte. Er zog Niall am Arm. »Kommen Sie«, sagte er. »Machen Sie kein Theater.«
    »Uns bleiben nur zehn Tage, Jonas«, erwiderte Niall. »Und ich bezweifle, dass zehn Monate genug Zeit wären! Sie sieht wie zwölf aus, abgesehen von …« Er deutete auf meine Kurven. »Kleidung und Make-up sind falsch …«
    »Das sind Blutergüsse!«, hielt ich ihm empört entgegen.
    »Und ihr Haar ist…« Niall beugte sich näher und betrachtete es im Licht.

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