Verlockend wie ein Dämon
auch sein mag.«
Zu seiner immensen Überraschung nickte Murdoch nur und verließ den Raum. Kein Aufstand, keine Diskussion, keine Fragen.
Die Haustür öffnete sich knarrend, und Bale half Stefan über die Schwelle. Der füllige Magier sah nicht gut aus. Grün stand ihm definitiv nicht. »Er und Dika haben tief und fest geschlafen«, berichtete Bale, während er den Mann auf das nächste Sofa hievte. »Ich musste sie ordentlich durchrütteln, um sie wach zu bekommen.«
»Ein Schlafzauber?«, wollte Brian von Stefan wissen.
»Und was für einer«, entgegnete er.
»Lenas Magie steht unter dem Schutz der ägyptischen Göttin Sechmet. Hast du einen Zauber auf Lager, der es damit aufnehmen kann?«
»Vielleicht«, erwiderte Stefan, der sich die Schläfen massierte. »Die heidnischen Gottheiten haben ihre ganz eigene Zauberkraft. Ich werde mich mal schlau machen.«
»Großartig. Ich könnte wetten, dass wir – wenn wir Lena endlich gefunden haben – auch auf diese verfluchten Hörigen Dämonen stoßen. Sie sind richtige Nervensägen. Ich brauche einen Plan, wie wir mit ihrem dreifachen Hokuspokus fertig werden.«
»Ich habe einen Zauber gefunden, der vielleicht ihren Schild schwächt«, berichtete der Magier. »Aber die Beschwörung ist auf Sanskrit. Nicht meine Lieblingssprache, tut mir leid. Ich werde ein bisschen Übung brauchen.«
»Hol dir einen Kaffee und dann los.«
»Willst du, dass ich mir ihr Zimmer ansehe?«, bot Emily an.
»Das hat keinen Sinn«, gab Brian zurück. »Alles, woraus sie sich etwas macht, trägt sie in dieser Handtasche mit sich herum. In ihrem Zimmer werden sich keine Anhaltspunkte finden.«
»Oh.« Em ließ enttäuscht die Schultern hängen.
»Aber du könntest etwas anderes tun«, fuhr Brian fort. »Übe das Teleportieren. So, wie du dich nach Ägypten teleportiert hast. Nur stell dir diesmal als Zielperson Lena vor.«
Emily zog ein Gesicht. »Ich bin mir nicht sicher, ob das klappen wird.«
»Ich wäre überrascht, wenn überhaupt etwas klappen würde«, bemerkte MacGregor ruhig. »Lena weiß alles darüber, wie man sich einer Gefangennahme widersetzt. Jedes Mal, wenn sie einen Job erledigt hat, taucht sie unter.«
»Das stimmt«, gab Brian zu. »Aber wir müssen eben alles versuchen und hoffen, dass sie einen Flüchtigkeitsfehler macht. Weil die andere Alternative wäre, ihren nächsten Schachzug vorauszuahnen, und ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob jemand von uns sie dazu gut genug kennt.«
Am wenigsten er selbst.
MacGregor nickte. »Und was soll ich tun?«
»Verpass mir einen Crashkurs. Alles, von dem du denkst, dass ich es wissen sollte. In maximal eineinhalb Stunden.« Er begegnete dem Blick des anderen Wächters. »Ich weiß. Wenn ich die Gruppe vor ein paar Monaten angenommen hätte, als du sie mir übergeben wolltest, würde ich jetzt über alldem stehen. Ich kann nur sagen: besser spät als nie. Ich bin dabei. Bring mir alles bei, was ich in den letzten sechs Monaten hätte lernen sollen.«
Der Taximarathon ermüdete Lena sehr rasch.
Jedes Taxi hatte seinen eigenen Geruch. Die Palette reichte von abgestandenen Körperausdünstungen bis hin zu Pina-Colada-Duftbäumchen. Aus Wasserflaschen zu trinken und sich mit Kiosksnacks zu verköstigen, verlor bereits am ersten Tag für Lena seinen Reiz. Zudem nervte es unglaublich, einen Schlachtplan ausarbeiten zu müssen, während das Fahrzeug über Schlaglöcher und Abwasserroste rumpelte. Lena begann davon zu träumen, sich auf sauberen Laken auszustrecken oder in einem Restaurant die Speisekarte zu studieren und sich jeden Bissen einer köstlichen Mahlzeit auf der Zunge zergehen zu lassen. Sie wollte endlich anhalten und sich ausruhen.
Aber Ausruhen stand nicht zur Debatte. Brian suchte nach ihr, garantiert.
Sie wusste nicht, was sie von seinem Schweigen halten sollte. Sie hätte erwartet, dass er sie wenigstens einmal anrief. Ließ das ganze Rückschlüsse auf das Ausmaß seines Zorns zu? Es war schwer, sich vorzustellen, dass er wütend auf sie war. Aus irgendeinem Grund sah sie immer nur das Gesicht, das er gemacht hatte, als sie zum letzten Mal miteinander geschlafen hatten – an dem Tag, als er ihr seine Heroinsucht gestand. Offen, ehrlich.
In jenem Augenblick hatten sie etwas Besonderes miteinander geteilt.
Nein, sie konnte nicht glauben, dass er zu verärgert war, um anzurufen. Wahrscheinlicher erschien ihr da schon, dass er gerade Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um sie zu finden. Oder besser
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