Verlockend wie ein Dämon
ließ aber nicht los.
Stattdessen hielt sie Heathers Blick stand und sagte leise: »Ich gebe nicht auf. Gib du auch nicht auf.«
Dann wandte sie sich zu Brian um und ließ den sturen Stolz fahren, der sie seit Jahren aufrecht hielt. Sie hatte nichts mehr zu verlieren und erlaubte ihrem Kummer, sich durch ihre Stimme Gehör zu verschaffen, indem sie bettelte: »Bitte gib ihm die Münzen!«
Brian erwiderte nichts. Nicht, dass sie es wirklich von ihm erwartet hätte.
»Damit verurteilst du sie zum Tod«, murmelte sie.
Er wurde blass. Aber er wurde nicht weich.
»Es werden sich andere Möglichkeiten eröffnen, Satan in die Knie zu zwingen«, flehte sie. »Gib ihm die Münzen! Wenn du es nicht für Heather tun willst, dann tu es für mich. Ich habe zehn Jahre lang neben ihr gewohnt und mich um sie gekümmert, nachdem ihre Mutter gestorben war. Ich habe aus einem pausbäckigen Kind eine schöne junge Frau werden sehen und nun zu dem hier. Lass mich nicht noch zuschauen, wie sie stirbt.«
Sie sah den Kampf in seinen Augen und begann zu hoffen. Aber tief drinnen wusste sie schon, wie das Ergebnis ausfallen würde. Brian ging seine Ehre über alles. Aus gutem Grund – er hatte sehr hart darum gekämpft, sie sich zurückzuerobern. Er musste das Richtige tun, denn wenn er es nicht tat, würde das bedeuten, dass er sich dem Schlechten geschlagen gab. Dann hätte der selbstsüchtige Junkie, der er früher gewesen war, wieder gewonnen.
Sie verstand das. Sie bewunderte ihn sogar für seine Standhaftigkeit.
Weshalb sie sich wie der schlechteste Mensch auf Erden vorkam, weil sie dennoch hoffte, dass er nachgeben würde. Und weshalb sie ihm schon in dem Moment vergab, in dem er ihr heiser antwortete.
»Ich kann nicht.«
»Das ist ja alles sehr rührend«, bemerkte Malumos kühl und stand auf. »Aber vollkommen irrelevant.« In seinem Rücken kam jemand über den gepflasterten Platz und gesellte sich zu ihnen. Ein sehr großer Schwarzer, der mit goldenen Klunkern behängt war. »Jetzt, da Maleficus bei uns ist, ist diese Diskussion wohl überflüssig. Wenn Sie überleben wollen, ist Ihre einzige Chance, uns die Münzen auszuhändigen.«
Brian erhob sich gleichfalls.
»Nur, wenn ich dumm genug gewesen wäre, allein zu kommen. Was ich nicht war.«
Am Rande des Platzes tauchte ein vertrautes Gesicht auf – Murdoch. Er stand in der Haltung eines kampferprobten Kriegers da: die Schultern zurückgenommen, die Knie leicht gebeugt, mit unerschütterlichem Blick. Wäre Heather nicht so dünn und zerbrechlich gewesen, Murdochs Erscheinen – und das Wissen, welch Berserker er sein konnte – hätte Lena Mut gemacht. Aber die Schwachen waren immer die Ersten, die fielen.
Lena schloss die Augen.
Und obwohl sie sich nicht entsann, dass Gott auch nur ein einziges Mal wegen ein paar geflüsterter Worte ihre Prüfungen erleichtert hätte, begann sie zu beten.
»Ihr werdet es doch hier nicht zum Kampf kommen lassen wollen«, sagte Malumos. »Zu viele Zeugen.«
»Ich will überhaupt keinen Kampf«, gestand Brian freimütig. Wenn er sein Schwert zog, würde die Situation sehr schnell sehr unschön werden. »Wie wäre es also, wenn ihr die Segel streicht und uns die Münzen überlasst? Auf diese Weise kommt jeder in einem Stück hier raus.«
Die Augen des Dämons verengten sich. »Keine Chance.«
Brian überschaute hastig den kleinen Platz. Nicht so belebt wie an Samstagnachmittagen, aber der Strom der Flanierenden war stetig, und ein kleines Grüppchen hatte sich etwa zehn Meter entfernt versammelt, um auf die Straßenbahn zu warten. Einziger Pluspunkt war, dass sich an einer Seite neben dem Tisch kein weiterer befand. Sie konnten vielleicht einen Wahrnehmungsschirm darüberlegen, um ihn vor neugierigen Blicken zu schützen. Doch auch der würde nicht verhindern, dass Unschuldige zu Schaden kamen.
»Webster.«
Er heftete den Blick auf Murdochs ruhiges Gesicht. Der große Krieger nickte nach links und lenkte Brians Aufmerksamkeit auf das gläserne Schaufenster des Ladens neben dem Café – dort sollte bald eine teure Modeboutique einziehen. Innen wurde noch gebaut und Platz geschaffen für weiße Wände und eine chromblitzende Innenausstattung. Unansehnlich und leer, wie das Geschäft im Augenblick war, eignete es sich hervorragend als Schlachtfeld, besonders wenn ihnen ein Grenzzauber den Rest der Welt vom Leib hielt.
»Komm«, sagte Brian zu Malumos.
Der Dämon runzelte die Stirn. »Wohin?«
»Du bekommst deine
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