Verlockende Versuchung
«
»Was, um mich zum Reden zu bringen?«
Schweigen. »Nein«, sagte er schließlich. »Es würde Euch helfen, Euch ein wenig auszuruhen.«
»Es wird auch so gehen.« Sie presste die Lippen zusammen, da sie zu ihrem Entsetzen feststellte, dass sie am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Sie war wild entschlossen, ihn auf keinen Fall wissen zu lassen, wie kurz sie davorstand zusammenzubrechen. Doch wenn er auch nur einen Moment länger bliebe, war sie nicht sicher, ob sie die Tränen zurückhalten könnte.
Sie schlug die Augen nieder. »Wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich nun gerne allein sein.«
Aus dem Augenwinkel gewahrte sie den Schatten seines Bruders, der in Richtung Tür glitt, aber der Marquess hatte sich noch nicht von der Stelle gerührt. Sie konnte seinen bohrenden Blick auf der Haut spüren.
»Ihr müsst hungrig sein. Ich werde Euch jemanden mit etwas zu Essen schicken.«
»Gut«, murmelte sie. »Solange es sich dabei nicht um Euch handelt.«
»Aufgrund Eures derzeitigen Zustandes bin ich gewillt so zu tun, als hätte ich die Bemerkung eben überhört, Miss St. James.« Der Marquess verbeugte sich leicht. »In der Zwischenzeit werde ich unserem nächsten Gespräch mit Freuden entgegenfiebern.«
Das konnte Devon nicht gerade von sich behaupten.
Fünftes Kapitel
Auf dem Korridor verschränkte Justin die Arme vor der Brust und musterte Sebastian eingehend. »Sie ist ein ganz schön widerspenstiges Biest, findest du nicht?«
»Widerspenstig? Ich kenne ein viel passenderes, jedoch leider etwas unanständiges Wort«, schnaubte Sebastian verächtlich.
Justins Mundwinkel zuckten leicht. »Das Mädchen ist nicht auf den Kopf gefallen, das muss man ihr lassen. Ich fand es äußerst amüsant, als sie dich Lord Mistkerl nannte.«
»Das kann ich mir vorstellen, und ich stimme dir zu, dass sie Köpfchen hat. Allerdings verheimlicht sie etwas, da bin ich mir sicher.«
In Justins Augen war ein Funkeln zu erkennen. »Sollen wir eine Wette abschließen? «
»Du würdest verlieren«, gab Sebastian unverblümt zurück.
Justin lachte laut auf.
Nach dem Abendessen zog sich Sebastian in die Bibliothek zurück und machte es sich in seinem Lieblingssessel bequem. Der Tag war sehr anstrengend gewesen. Nicht nur hatten ihn die Geschäfte den gesamten Nachmittag über beansprucht, auch hatten ihn die Gedanken an das Mädchen im ersten Stockwerk nicht mehr losgelassen. Er war sich immer noch nicht im Klaren, auf was sie sich da eingelassen hatten. Als er einmal in ihr Zimmer getreten war, um nach ihr zu sehen, hatte sie die Augen fest zusammengekniffen und sich schlafend gestellt.
An diesem Abend fand der Ball bei den Wetherbys statt, doch Sebastian hatte einen Absagebrief geschickt, da ihm die Vorstellung nicht behagte, eine verletzte Frau in der Obhut der Dienerschaft allein im Haus zu lassen. Gewiss würden sich die Gerüchte über sein Fernbleiben wie ein Lauffeuer verbreiten, besonders nach seiner Ankündigung auf dem Fest der Farthingales, aber seine Entscheidung war getroffen.
Die Suche nach einer Braut würde eben ein wenig später beginnen.
Nachdem er es sich im Sessel gemütlich gemacht hatte, griff er nach der Zeitung. Diese war zwar bereits am frühen Morgen geliefert worden, aber er hatte bisher keine Gelegenheit zum Lesen gefunden.
Ein wenig später hörte er Justin, der einem Lakaien die Anweisung gab, die Kutsche in einer Stunde vorfahren zu lassen. Als Sebastian aufblickte, sah er seinen Bruder im Türrahmen stehen.
»Ich nahm an, dass du dich für den Wetherby Ball umkleiden würdest,
Sebastian schüttelte den Kopf. »Da hast du dich wohl getäuscht«, entgegnete er trocken. Mit dem Daumen wies er zur Decke.
»oh j a, ich vergaß. Du musst das Familiensilber bewachen.« Justin zog sich die Handschuhe aus. »Wie geht es unserem Hausgast?«
»Besser als erwartet, obwohl sie mich immer noch nicht besonders ausstehen kann. «
»Ja. Man fragt sich nur, weshalb ... « Nach einer kurzen Pause fuhr Justin fort, »Bist du sicher, dass du nicht .um Wetherby Ball gehen wirst?«
»Ganz sicher.«
»Du wirst deine perfekte Braut nicht finden, indem du zu Hause herumsitzt. ich verbürge mich dafür, dass sämtliche Schönheiten Londons dort sein werden.«
»Und alle werden sie nur Augen für dich haben. Außerde m habe ich die letzten dreißig Jahre ohne Ehefrau überlebt, also werde ich diesen Zustand auch noch ein wenig länger ertragen können.« Sebastian schlug die Zeitung
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