Verlockende Versuchung
gegenüber -, und das mochte Devon an ihm. Obwohl sie ihn erst seit Kurzem kannte, Fiel es ihr nicht schwer, sich mit ihm zu unterhalten. Ganz im Gegensatz zu Sebastian, bei dem sie kaum einen Ton hervorbrachte. Erst gestern hatte Justin ungeniert geäußert, dass er seine Tage beim Glücksspiel, Reiten und Pferderennen verbrachte, während er die Nächte hindurch auf der Jagd war, was jedoch - wie er es ausdrückte - nicht für weibliche Ohren bestimmt war.
Doch Devon hatte natürlich die Ohren gespitzt.
»Ihr seid also ein Lebemann«, hatte sie missbilligend angemerkt.
Spitzbübisch zwinkerte er ihr zu. »Der attraktivste Mann ganz Englands, behauptet man j edenfalls.«
Sie musste keinen Augenblick über ihr eigenes Urteil nachdenken. Gut aussehend, ja. Aber der attraktivste? Nein, für sie war ohne Zweifel Sebastian der attraktivste Mann Englands.
»Ihr seid wohl sehr von Euch überzeugt?« Devon musterte Justin eingehend.
»Das ist das Schmeichelhafteste, das j emals über mich gesagt wurde. Normalerweise beschreibt man mich mit Ausdrücken wie ruchlos und schurkisch oder gibt mir Namen, die ich mich in Eurer Anwesenheit nicht auszusprechen traue«, gab er lachend zurück.
»Ich glaube kaum, dass Ihr so schlimm seid, wie Ihr vorgebt. «
»Oh doch, ich kann Euch versichern, das bin ich. Sebastian ist der Gentleman der Familie. Er war auch ein echter Kriegsheld, müsst Ihr wissen, und pflegte auf dem Festland die Verwundeten im Kugelhagel. Ich bin sicher, dass er ein guter Arzt geworden wäre, denn er hat die Geduld eines Heiligen.«
Devon war nicht überrascht zu hören, dass Sebastian ein Held war. Ein Mann der Überzeugung, das war es, was ihn ausmachte. Sie hingegen war nicht gerade dafür bekannt, ein Ausbund an Geduld zu sein.
Als Justin ihr gegenüber im Ohrensessel Platz genommen hatte, schnupperte eine schwarze, feuchte Nase an seinem Beinkleid. »Aber hallo! Wer ist denn das hier? «
Rasch berichtete ihm Devon von den Geschehnissen des vergangenen Abends. »Ich habe nicht das Gefühl, dass Euer Bruder ausgesprochen erfreut war«, beendete s ie ihre Erzählung.
»Oh, das macht ihm nichts aus. Als wir noch Kinder waren, brachte Julianna immer irgendeine arme Kreatur mit nach Hause. Ich erinnere mich daran, dass sie sogar einmal ein Eichhörnchen aufgesammelt hatte, das von einem Baum gefallen war. Unsere Mutter schrie erbärmlich und war einem Nervenzusammenbruch nahe. «
»Lebt Eure Mutter in London? «
Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. War es Traurigkeit? Erst nach einem kurzen Augenblick antwortete Justin: »Nein. Unsere Eltern sind beide tot. Wie dem auch sei, ich muss weiter. Da Sebastian mir jedoch erzählte, dass Ihr auf seid, wollte ich kurz vorbeischauen und Euch einen schönen Abend wünschen. «
»Ist er hier?« Sie gab ihr Bestes, um unbekümmert zu klingen, doch in ihrem Innersten war sie zutiefst aufgewühlt. »Er erwähnte gestern, dass er heute Abend eine gesellschaftliche Verpflichtung habe. «
»Ja. Die Herzoginwitwe von Carrington gibt einen Ball, und Sebastian kleidet sich gerade um. Ich bin leider nicht eingeladen. Ihr müsst folgendes wissen; ob man zur besseren Gesellschaft gehört, hängt allein von der Billigung der Herzogin ab, und sie toleriert mich nur deshalb, weil sie einen Narren an Sebastian gefressen hat. Nicht, dass ich wegen der nicht erfolgten Einladung Trübsal blasen würde, denn diese Veranstaltungen neigen dazu, schrecklich öde zu sein. «
Für Devon hingegen klang ein Ball äußerst aufregend. » Ihr seid sarkastisch, oder? «
»Immer«, entgegnete er und lachte kurz auf, als ihn eine kalte Schnauze berührte und der Hund ihm die Finger ableckte. » Das ist aber ein anhängliches kleines Tierchen! «
Keiner der beiden hatte bemerkt, dass sich Sebastian seit längerem im Türrahmen befand und sie beobachtete. Es war offensichtlich, dass die zwei sich gut verstanden, entschied er. Außerdem kam ihm in den Sinn, dass sie ein außergewöhnliches Paar abgeben würden. Justins Haar war dunkel und schimmernd, während Devons wie pures Gold glänzte ... Großer Gott, was war nur in ihn gefahren? Wenn er es nicht besser wüsste, würde er annehmen, er sei eifersüchtig!
Als Sebastian in die Bibliothek trat, fühlte er sich wie ein Eindringling ... und wurde augenblicklich mit einem tiefen Knurren begrüßt.
Neugierig sah Justin auf. »Dickerchen scheint dich nicht gerade zu mögen, alter Knabe. «
»Dickerchen! « Sebastian blickte Devon mit
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