Verlockende Versuchung
Art und den Schmerz, den er ihr versetzt hatte, als ein Schwall an Erinnerungen in ihr aufstieg.
Niemals würde Devon den Tag vergessen, an dem sie den Verschluss der Kette zerbrochen hatte. Nur sehr selten hatte sie nach ihrem Vater gefragt, da ihrer Mutter das Thema j edes Mal großen Kummer bereitete. Von sich aus hatte sie kaum jemals etwas über ihn erzählt. Devon wusste nur, dass er rechtschaffen und adelig war. Die wenigen Informationen, die sie erfahren hatte, trösteten sie nicht darüber hinweg, dass die anderen Kinder sie regelmäßig höhnisch ausgelacht und einen Bastard genannt hatten.
»Du sagtest, dass mein Vater ein Gentleman sei!« schrie Devon eines Tages.
Ein gequälter Ausdruck huschte über das sanfte Gesicht ihrer Mutter. »Das war er«, versicherte sie.
»Warum nennen mich die anderen Kinder dann einen Bastard? « , jammerte Devon. »Warum?«
Den leidenden Blick ihrer Mutter würde sie nie vergessen. Mit der rechten Hand strich Amelia ihrer Tochter liebevoll eine der vielen widerspenstigen, glänzenden Locken aus dem Gesicht.
»Devon«, murmelte sie. »Oh, mein liebes, liebes Kind ... «
Erst jetzt erzählte sie Devon die ganze Wahrheit. »Während eines Sommers, als ich noch sehr jung war, kümmerte ich mich um die Nichte einer ... einer sehr wohlhabenden Familie. Ich verliebte mich, Devon. Ich verliebte mich unsterblich in den Sohn des Hauses. Er war es, der mir das hier gab. « Dabei berührte sie zärtlich das Kreuz an ihrem Hals. »Ich war töricht, denn er stand gesellschaftlich weit über mir. Als ich ihm meine Zuneigung gestand, sagte er mir, dass er mich nicht heiraten könne - mich nicht heiraten würde. Er ... er wies mich zurück.«
Es war also wahr. Ihr Vater stammte aus einer noblen Familie.
Er selbst j edoch schien keinen noblen Charakter gehabt zu haben.
Mit schmerzerfüllter Stimme fuhr Amelia fort. »Da ich keine eigene Familie hatte, machte ich mich nach London auf. Einige Wochen später erfuhr ich, dass er bei einem Reitunfall tödlich verunglückt war. Da wusste ich allerdings bereits, dass ich sein Kind unter dem Herzen trug. Arbeit war rar, aber ich konnte dich nicht aufgeben ... Das konnte ich nicht! Genauso wenig konnte ich mich an seine Familie wenden. Vielleicht war es mein Stolz, der mir das verbot, vielleicht meine Sturheit - die auch du besitzt. Vor allem aber hatte ich große Angst! Seine Familie war so mächtig und einflussreich, dass sie dich mir leicht hätten wegnehmen können, und das hätte ich nicht er-tragen, besonders nicht, nachdem ich dich das erste Mal gesehen hatte!« Wehmütig spielte sie mit der Kette an ihrem Hals.
»Du hast seine Leidenschaft geerbt«, flüsterte sie. »Seine Impulsivität. Und deine Augen gleichen den seinen.«
Während Amel i as Beichte stieg geballte Wut in Devon auf, die ihre Mutter so niemals verspürt hatte. Devon war so erbost, dass ihre Mutter solch tiefen Kummer hatte ertragen müssen, dass sich ihre Augen auch heute noch bei dem Gedanken daran mit Tränen füllten.
Trotz seiner Zurückweisung hatte Devons Mutter den Vater ihres Kindes immer geliebt. Doch Devon hasste ihn dafür, dass er ihrer Mutter so viel Leid angetan und ihren Körper benutzt hatte. Zornentbrannt hatte sie Amelia die Kette vom Hals gerissen-.
»Warum trägst du sie dann?«, brüllte Devon. »Warum? «
Ihre Mutter begann zu weinen.
Das war das letzte Mal, dass sie über ihren Vater gesprochen hatten - das letzte Mal, dass sie ihre Mutter zum Weinen gebracht hatte. Devon vergab sich nie, ihre Mutter so traurig gestimmt zu haben, und in j enem Augenblick erkannte sie, dass die Halskette für ihre Mutter nicht nur eine Qual war, sondern auch ein Trost. Dasselbe stellte sie mittlerweile für Devon dar. Das Schmuckstück ermahnte sie daran, was ihre Mutter durchstehen und wonach Devon streben musste.
Bedächtig reckte sie das Kinn und sah Sebastian in die Augen. »Diese Halskette gehört mir«, sagte sie langsam und gedehnt. »Ein reicher Bekannter gab sie meiner Mutter.«
»Eure Beteuerungen werden langsam ermüdend, Devon. Obwohl ich zugeben muss, dass Eure Schauspielkunst bewundernswert ist. Beinahe hatte ich schon geglaubt, Ihr wärt keine Diebin. Doch nun muss ich Euch warnen. Ich lasse mich weder ausnützen noch bestehlen!«
Bestehlen! Schäumend vor Empörung zischte Devon ihn an. »Ich versprach meiner Mutter niemals zu stehlen, zu betteln oder meinen Körper zu verkaufen, und das werde ich auch niemals tun! «
Sebastians
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