Verlockende Versuchung
Ende
des Platzes betrachten zu können. Innerlich lachte der Marquess darüber, wie seine Begleiterin das prunkvolle Gebäude unverhohlen anstarrte.
»Unglaublich, es sieht wie der Tempel aus einem Eurer Bücher aus! «
»Ja«, pflichtete Sebastian ihr bei. » Die Herzoginwitwe von Carrington lebt hier.«
»Oh j a, sie war bei dem Fest, das Ihr kürzlich gegeben habt. Justin hat sie mir gezeigt.«
Einige Minuten später kamen sie an einem prächtigen Stadthaus im Georgianischen Stil vorbei. »Oh, dieses Haus hier ist umwerfend! Wer lebt darin?«
»Viscount Temberly.«
Schlagartig verzog Devon den Mund.
»Wenn ich es mir recht überlege, ist es ziemlich scheußlich.«
Sebastian furchte die Stirn. »Das ist aber eine Wendung um hundertachtzig Grad«, meinte er grüblerisch. » Darf ich fragen, warum? «
»Ich mag ihn nicht«, entgegnete Devon rasch.
»Devon, Ihr kennt ihn nicht einmal.«
Dann hielt er kurz inne, um sie scharf zu mustern. Sein Mund wurde zu einer Linie, und sein Lächeln war verflogen. Temberly war nicht dafür bekannt, dass er sich zurückhalten konnte, wenn es um bezaubernde Frauen ging. Temberlys Bruder hingegen war ein guter Freund der Familie, weshalb Sebastian sich neulich verpflichtet gefühlt hatte, auch den Viscount zu seiner kleinen Feier einzuladen.
Doch nun fragte sich Sebastian, ob Devon dem Viscount am Abend des Fests zufällig begegnet war. War etwas zwischen den beiden vorgefallen, von dem er nichts wusste? Etwas, das sie ihm nicht erzählt hatte? War dies für ihre schlaflosen Nächte verantwortlich? Bei allem, was ihm heilig war, sollte Temberly sich ihr genähert haben, würde er ihn erwürgen!
Sebastian drehte sich etwas zu Seite, um ihr ins Gesicht blicken zu können. Falls Devon etwas vor ihm verheimlichte, würde ihm das nicht entgehen. »Was hat Temberly getan, um bei Euch derart in Ungnade gefallen zu sein?«, erkundigte er sich bestimmt.
»Er hat eine Frau und eine Geliebte. «
Der Druck auf seinen Schultern ließ nach. »Woher wisst Ihr das? Nein ... « , mit einer Handbewegung wehrte er ab, »lasst mich raten. Justin.« Sebastian konnte nichts gegen den aufsteigenden Ärger tun. Sein Bruder lieferte aufgrund seines unsteten Lebenswandels nicht nur ausreichend Gesprächsstoff für die Klatschbasen der Stadt, sondern verstand es auch selbst, Gerüchte in Umlauf zu setzen.
»Und Ihr?«, wollte sie wissen. »Was ist mit Euch, Sebastian? Werdet auch Ihr eine Geliebte haben, wenn Ihr verheiratet seid? «
Zweifelsohne spielte sie auf seine Suche nach einer Braut an. Es war unnötig zu fragen, woher sie diese Information hatte. Obwohl es natürlich längst kein Geheimnis mehr war, hatte er niemals mit ihr darüber geredet - weshalb auch? In letzter Zeit war sein Vorhaben jedoch ein viel diskutiertes Thema in jedem Londoner Skandalblatt gewesen - und er hatte Devon dabei beobachtet, wie sie die Klatschgeschichten mit Leidenschaft verschlang. Bisher hatte Sebastian sich nichts dabei gedacht, außer dass diese Artikel ihre Lesefertigkeit unterstützen würden.
Devon hatte ihn einmal gerügt, als es um das Thema Ehrlichkeit ging, also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu sagen. »Ich weiß es nicht,
»Ihr wisst es nicht! « , wiederholte sie entsetzt.
»Nein. Selbstverständlich kann ich die Möglichkeit nicht ganz ausschließen. Außerdem ist es eine Tatsache, dass die meisten Gentlemen eine Geliebte haben.«
»Ich verstehe«, flüsterte sie in ihrem süßlichsten Tonfall. »Sagt mir, erwartet Ihr von Eurer Gattin, dass sie treu ist? «
»Natürlich wird sie treu sein«, entgegnete der Marquess barsch, »oder sie wird verdammt noch einmal nicht meine Frau sein. «
»Also werdet Ihr absolute Ergebenheit verlangen? «
»Treue und Ergebenheit gehen Hand in Hand«, kam seine schnelle Bestätigung.
»Verbessert mich, wenn ich etwas falsch verstanden habe«, meinte sie bitter, »aber Ihr wünscht von Eurer Ehefrau Treue und Ergebenheit, während Ihr nicht dasselbe zu geben bereit seid?«
»Ich würde es anders ausdrücken. Sie wird ihre Pflichten als Gattin erfüllen, und ich die meinen als Ehemann.«
»Und was würde passieren, falls sie sich einen Liebhaber nähme? «
Sebastians Augen funkelten. »Das wird sie nicht! Ein Mann muss wissen, dass seine Erben die seinen sind! «
»Trotzdem dürft Ihr eine Geliebte haben, wenn Ihr wollt. Das ist doch dasselbe, oder?«
»Das ist es ganz und gar nicht! «
Mit zusammengekniffenen Lippen blitzte sie
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