Verlockende Versuchung
Wünsche mussten überdacht und abgewogen werden. Die Folgen mussten genau kalkuliert und bemessen sein, bevor die Handlung verworfen oder ausgeführt wurde.
Außerdem war Devon unberührt - großer Gott, er konnte sich nicht selbst belügen! -, und trotzdem erregte ihn das nur noch mehr. Doch sie lebte unter seinem Dach, unter seinem Schutz und war in seiner Obhut. Egal, wie sehr die lodernden Flammen der Begierde um seine Sinne züngelten und sein Blut in Wallung brachten, er würde sie nicht entehren, indem er seiner ungezügelten Leidenschaft freien Lauf ließ.
Besonders nicht nach ihrem Wortwechsel in der Kutsche an diesem Abend.
Ein beunruhigender Gedanke stieg in ihm auf. War ihre Mutter die Geliebte eines reichen Mannes gewesen? War Devon das Resultat dieser Verbindung? War sie deshalb so standhaft in ihrer Anschauung in Bezug auf Männ er, die eine Mätresse hatten?
Und dann traf es Sebastian wie ein Blitz. Dieses Haus wäre erschreckend einsam ohne Devon, denn sie erfüllte nicht nur das Gebäude, sondern auch Sebastian mit Leben und Lachen.
Wie auch ihn.
Eine bisher nie geahnte Beklemmung machte sich in seiner Brust breit, bis er kaum mehr atmen konnte. »Devon«, flüsterte er, »ah, Devon, was soll ich nur mit dir machen?«
Gütiger Gott, was sollte er nur ohne sie machen?
Eine nachdenkliche Stimmung senkte sich über ihn. Was er jetzt brauchte, war ein Brandy. Ein guter, starker Brandy. Mit zielstrebigen Schritten ging Sebastian in die Bibliothek. Himmel, er musste nachdenken.
Doch sein Sessel war bereits besetzt.
Devon träumte. Von einem Tag voll ruhiger Gelassenheit. Von üppigen Sommergärten, die vor Grün überflossen, dem silbernen Klingen eines Springbrunnens und gleißendem Sonnenschein, der durch- weiße Schleierwolken strömte. Doch dann kam jäh ein Unwetter auf. Die Luft knisterte, Blitze leuchteten auf und Donner grollte. In ihrem Traum wollte sie unbedingt zu dieser wundervollen Welt des Sonnenscheins zurückkehren.
» Devon. Devon! «
Sie fuhr auf. Das grollende Geräusch war nun über ihr, direkt an ihrem Ohr.
Ihre Augen öffneten sich langsam. Sebastian stand über sie gebeugt, seine Gesichtszüge so dunkel und wild wie der Sturm in ihrem Traum.
»Geht weg«, murmelte sie.
Beharrlich blieb er stehen.
»Devon, Biest ... Dickerchen ... hat meinen Sessel besetzt. «
»Um Himmels willen«, murrte sie verschlafen, »Ihr seid größer als sie. Scheucht
sie fort.« Devon rollte sich auf die andere Seite und wollte wieder einschlafen.
»Wenn man alle Umstände mit einbezieht, wäre das keine weise Entscheidung. «
Blitzartig kam Devon zu sich und sprang mit einem Satz aus dem Bett. » Es ist soweit«, sagte sie nachdrücklich.
Sebastian war ihr auf den Fersen, als sie die Treppe hinuntersauste. »Ihr wusstet es«, warf er ihr ärgerlich vor. » Ihr wusstet es, nicht wahr? «
»Was!«, entgegnete sie und blieb auf der untersten Treppenstufe stehen. »Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr es nicht gesehen habt? «
Ungeduldig fasste er nach Devons Ellenbogen und zog sie mit sich. Während er die Tür zur Bibliothek aufstieß, murmelte er ungläubig vor sich hin: »Mein Gott, das Tier bekommt auf meinem Sessel seine Jungen ! «
Devon war allerdings nahe genug, um ihn zu verstehen. Dann folgte sie ihm in den Raum. »Ich hatte tatsächlich gedacht, dass Ihr es wusstet. Kein vernünftiger Mensch hätte ihren Zustand nicht bemerken können!« Der Versuchung, ihn zu ärgern, konnte sie nicht widerstehen. »Wirklich, Sebastian. Ihr müsst doch Hunde auf Eurem Landgut haben oder Pferde ... «
»Daher kam also ihr unersättlicher Appetit! «
Man konnte Devon kaum als Expertin auf dem Gebiet der Geburtshilfe betrachten, doch immerhin w ar ihr Wissen umfangreicher als das von Sebastian.
»Das nehme ich an.« Vorsichtig setzte sich Devon vor Sebastians Sessel und machte sich ein Bild über Dickerchens Situation. Die Hündin hatte aufgehört, ungeduldig zu scharren und sich im Kreis zu drehen. Stattdessen hatte sie sich hingelegt und blickte ihre Herrin stumm an. Devon strich beruhigend über Dickerchens Rücken.
Sebastian und Devon mussten nicht lange warten. Weniger als ein paar Minuten waren vergangen, als die Hündin zu jaulen und zu bellen begann. Vor dem Kamin blieb Sebastian still stehen.
»Devon«, stieß er verzweifelt aus, »wir müssen etwas machen!«
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete sie ihn. Der Marquess war völlig aufgewühlt, weiß wie seine Krawatte, die nun
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