Verlockendes Dunkel
überwinden.«
Nicht, dass ihr das nicht schon klar gewesen wäre, aber es so beiläufig erwähnt zu hören verkrampfte Elisabeth den Magen und schnürte ihr die Kehle zu. Mit einem tiefen Atemzug versuchte sie, die Panik abzuschütteln. Mit den Auswirkungen ihres ruinierten guten Rufes würde sie schon irgendwie fertigwerden … irgendwann.
»Das mag sein, ma minette , doch ich glaube allmählich, dass sie zu einem bestimmten Zweck hier ist.«
»Sie ist nur eine Duinedon , grandmère . Was für eine Hilfe könnte sie uns sein?«
»In diesem Kampf wissen wir nicht, welcher der nützlichste Pfeil in unserem Köcher sein wird.«
Da war es schon wieder, dieses Wort. Kampf . Was in aller Welt konnte sie in einem Kampf bewirken, in dem Sieg oder Niederlage von Magie abhingen? Helena hatte recht. Elisabeth war nur eine Duinedon , auch wenn sie diese Einsicht zum ersten Mal nicht als beruhigend empfand wie früher immer.
»Du hast selbst gesagt, dass deine Visionen unklar und rätselhaft sind«, wandte Helena ein. »Könnte es nicht sein, dass es nicht deine hellseherische Gabe ist, die dich leitet, sondern deine Freude über ein Haus voller Gäste?«
Ein schnarrendes Lachen folgte. »Du gehst nicht mehr aus, wie du es früher tatest. Glaubst du, ich sehe all die Einladungen und Visitenkarten nicht? Aber du ziehst dich zurück, Helena. Es ist inzwischen ein Jahr her, ma minette . Du trauerst noch, das weiß ich, doch glaubst du, er hätte gewollt, dass du zu leben aufhörst?«
Gespannt auf die Antwort, beugte Elisabeth sich mit angehaltenem Atem noch ein wenig weiter vor.
Unter ihr wurde eine Tür geschlossen, und Schritte ertönten auf dem Gang.
Jemand kam.
Elisabeth lief die letzten Meter zu ihrem Schlafzimmer und schloss die Tür. Helenas Worte pochten mit jedem Herzschlag durch ihren Kopf, als sie sich mit dem Rücken gegen die Türfüllung lehnte und nach Atem rang.
Ruiniert.
Helena hatte recht. Ihr Ruf war ruiniert, und die Zukunft, die sie sich erhofft hatte, konnte sie vergessen. Es würde keine Hochzeit geben. Kein Leben in London und keine rauschenden Feste oder Bälle mehr. Gordon müsste verrückt sein, um sie nach alldem noch zu heiraten. Entweder das oder wahnsinnig verliebt in sie. Doch beides war er nie gewesen.
Ruiniert.
Elisabeth wartete darauf, dass Panik sie wieder durchflutete. Aber nichts geschah.
Stattdessen keimte eine Idee in ihr. Eine unglaubliche Idee. Eine lächerliche Idee. Eine Idee, die förmlich nach Desaster roch.
Aber welche Wahl blieb einer ruinierten Frau denn noch?
Kapitel Zwölf
L ass mich absolut sichergehen, dass ich dich verstehe!« Brendan tippte sich mit einem Finger ans Kinn, während er weiter wie seit fast einer halben Stunde auf Elisabeths Teppich auf und ab schritt.
»Herrgott noch mal, Brendan, wie lange willst du noch drum herumreden? Es ist keine Alchimie. Ich verlange nicht von dir, Eisen in Gold zu verwandeln, sondern nur, ein Mädchen, dessen Ruf du ruiniert hast, zu einer anständigen Frau zu machen.«
»Eisen in Gold zu verwandeln wäre leichter«, murmelte er.
»Wie war das? Ich habe dich nicht verstanden.«
»Weißt du, was du da verlangst? Ich meine, rein oberflächlich betrachtet klingt es ganz plausibel, doch hast du eine Ahnung, was du dir durch eine Heirat mit mir antun würdest?«
»Mich vor einem Leben voller Erniedrigung und Scham zu bewahren? Die Schande zu vermindern, die mein Verschwinden mit dir über meine Familie und mich gebracht hat? Mir erlauben zu können, mich wieder erhobenen Hauptes in der guten Gesellschaft zu bewegen? Dein unmögliches Benehmen wiedergutzumachen? Habe ich noch irgendetwas ausgelassen?«
»Wie die Planeten in eine Linie zu bringen und die Gezeiten aufzuhalten? Wie ich schon sagte, Eisen zu Gold – au!«, rief er und rieb sich den linken Arm.
»Und du kriegst auch noch einen Stoß gegen deine verletzte Schulter, wenn du nicht Vernunft annimmst.«
»Warum musst du immer Gewalt anwenden, um deine Argumente durchzusetzen?«
»Warum musst du immer Witze machen? Das hier ist nicht lustig, Brendan. Absolut nicht. Selbst wenn ich heute zu Hause erschiene, würde Gordon Shaw mich nicht mehr heiraten. Er ist ein anständiger Mann, aber kein Heiliger. Er wird nicht seine Zukunft für mich gefährden, und das würde ich auch nicht von ihm verlangen. Damit bleibst nur du, mein kleiner Lochinvar.«
Er verzog das Gesicht. »Ich hatte befürchtet, dass du das sagen würdest.«
»Wenn du auch nur zur Hälfte der
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