Verlockendes Dunkel
Dass er zurückkehren könnte, um wieder zu herrschen?«
Sie hatte die Frage in ruhigem Ton gestellt, aber nachdrücklich genug, um eine Antwort zu erzwingen. Dachte sie, sie könnte ihn dazu bringen zu gestehen? Oder suchte sie nach einer Erklärung? Einem Motiv?
»Máelodor hat es schon einmal geschafft.«
»Du meinst diese Kreatur Lazarus, die er von den Toten wiederaufweckt hat?«, erwiderte sie. » Ihm ist es gelungen, Máelodors Versklavung zu entkommen.«
Brendan starrte in das Feuer und erinnerte sich an eine Bauernkate. An einen Mann in einem verzweifelten Kampf um seine Seele.
Sabrina, Brendans Schwester, hatte alles riskiert, um dem Domnuathi zu helfen, sich aus Máelodors Knechtschaft freizukämpfen, weil sie ihn liebte und mit ihm leben wollte.
»Und damit hat er Máelodor in seiner Entschlossenheit nur noch bestärkt«, erklärte Brendan. »Dieser Teufel wird kein zweites Mal scheitern. Sollte Máelodor so weit gelangen, das Grab zu öffnen – und sollten die Gebeine des Königs in seine Hände fallen –, wird Artus als unterjochter Soldat von Domnu wiederkehren, als Domnuathi wie jener Lazarus. Die Liebe keiner Frau wird ausreichen, um ihn zu retten.«
Im Hintergrund seines Bewusstseins stellte Brendan sich die gleiche Frage: Würde Liebe ihn retten können, oder würde er vorher Elisabeth zerstören?
Wer konnte das schon wissen?
Da!
Da war es wieder, das betäubende Kribbeln unter Brendans Haut und die suchende Berührung eines fremden Geistes an seinem. Die eines machtvollen Anderen , nach den konzentrierten Fäden magischer Energie zu schließen. Eines sehr entschlossenen Anderen , da dies bereits der dritte Versuch in weniger als einer Stunde war.
Alle Nerven in Brendans Körper sträubten sich vor Ärger, und jeder Herzschlag trieb ihn näher auf eine gefährliche Entscheidung zu. Es wäre so leicht, einen Tarnungszauber anzuwenden und sich dahinter zu verbergen, während er seine Spur verwischte, bevor er zur Duke Street zurückkehrte.
Stattdessen jedoch tippte er sich grüßend an den Hut, als er an einer Gruppe kichernder junger Damen vorbeikam, die von einer adleräugigen Anstandsdame die Dame Street hinuntergeführt wurden, und verließ den Gehsteig, um sich zwischen dem Wagen eines Kohlenhändlers und einer mit Wappen versehenen, von zwei edlen Braunen gezogenen Kutsche hindurchzuzwängen. Inmitten einer Gruppe von Passanten bewegte er sich in östlicher Richtung auf College Green zu, bis er die Ecke vor der Bank erreichte, wo er sich aus der Menge löste und in eine ruhige Seitenstraße trat.
Hier zog er sich in einen Hauseingang zurück und konzentrierte sich darauf, die fremde geistige Berührung zu ihrer Quelle zurückzuverfolgen.
Er war kein wahrer Magier-Jäger. Die begrenzte Fähigkeit, die er besaß, war mit viel Schweiß und Studium erkauft worden, doch zumindest würde er vielleicht herausfinden, ob er noch verfolgt wurde.
Die Echos plätscherten auf einer nebligen, verrußten Brise zurück zu ihm, und die Magie erschien in seinem Geist wie ein Band aus sich kräuselndem Perlmutt und Grau. Sauber und rein. Strahlend wie ein Diamant, unverdünnt und ungetrübt. Dieser Geist war von den Besten ausgebildet worden.
Amhas-draoi .
Das änderte alles.
Es gab keine Fehlerspanne in einem Willenskampf gegen einen von Scathachs Kriegern. Und auch keine zweite Chance. Hier hieß es, tief aus seiner Macht zu schöpfen oder das Leben zu verlieren.
Brendan warf einen Verhüllungszauber aus, so weit er konnte. Es war anstrengend, doch er könnte ihm ein paar entscheidende Minuten erkaufen. Gleichzeitig fuhr er mit einer Hand über sein Gesicht, um es unter einem fith-fath zu verbergen. Er konnte das Kitzeln und Kribbeln der Magie spüren, die in seine Gesichtsmuskeln eindrang, sein Kinn verlängerte, sein Haar und seine Augen verdunkelte und seine Haut faltig wie die eines älteren Mannes machte.
Ihm brummte der Kopf von der Anstrengung, mit all den unterschiedlichen Magien zu jonglieren, und seine Muskeln waren angespannt und zuckten. Er lächelte über den fieberhaften Eifer, der sein Blut zum Rasen brachte.
Brendan trat aus dem Schutz des Eingangs und schlenderte die Seitenstraße hinab in Richtung Norden. Mit langsamen, aber entschlossenen Schritten wandte er sich dann nach Osten. Ohne Eile, ohne Hast. Nichts an ihm erregte Aufmerksamkeit, doch Schweiß befeuchtete sein Hemd am Rücken, und seine Glieder ermüdeten bei jedem Schritt, da die Magie sehr stark an seinen
Weitere Kostenlose Bücher