Verlockendes Dunkel
Kräften zehrte. Er war dem nicht gewachsen. Nicht einem solch komplizierten Tanz der Macht. Es war zu lange her, und er war immer noch geschwächt von der Wunde an seiner Schulter. Ein paar Minuten noch, dann würde er mit Sicherheit ins Schwanken kommen. Schon jetzt wurde der Verschleierungszauber gefährlich instabil.
Er bog um eine Ecke, und da war sie – die Antwort auf seine Gebete. In der Mitte des Blocks und von den umliegenden Gebäuden nicht zu unterscheiden. Nur ein weiterer Herrenclub in einer Stadt, die eine Fülle solcher eleganter Treffpunkte für die Elite bot. Aber Brendan konnte sich gut die Reaktion derselben Stadt vorstellen, falls je herauskommen sollte, was für eine Art von Elite hier zusammenkam.
In der Kriegskunst ausgebildete Magier. Scathachs Bruderschaft. Der Orden der Amhas-draoi .
Es würde seinen sofortigen Tod bedeuten, falls er gefasst wurde.
Hatte er Glück, so würde er entkommen.
Er empfand den überwältigenden Zusammenfluss der Magie als dumpfes Summen im Hinterkopf. Die ganze Atmosphäre war durchtränkt davon, sie ließ sogar den Boden leise schwanken und warf ihn in der Gegenströmung hin und her wie Treibgut auf einer Welle. Ein perfekter Ansturm von Macht, der ihm als ausgezeichnete Tarnung dienen würde. Besser als der beste Verschleierungszauber. Und das Gemisch von Spuren war groß genug, um jeden noch so entschlossenen Jäger zu verwirren.
Als er auf der Höhe des Gebäudes war, schlüpfte er in die danebenliegende Gasse und ließ seine Magie fallen, als legte er einen Umhang ab. Sofort verlor sich die Last auf seinen Schultern und der Nebel aus seinem Gehirn. Von hier an würde er auf die Listen und raffinierten Tricks vertrauen, die er sich auf den sonnendurchfluteten Märkten und gewundenen Straßen der Levante angeeignet hatte, wo ein winziges Zögern den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten konnte.
Er lächelte noch breiter, bis er übers ganze Gesicht grinste.
Wie schön, dass er das noch konnte!
»Dann wirst du sie also heiraten. Du bist ein anständiger Bursche, Brendan Douglas. Und es ist mir völlig gleichgültig, was Helena dazu sagt.«
Brendan warf dem langbeinigen Harfenisten, der mit einem Drink und Pfeife rauchend vor dem Feuer saß, einen nachdenklichen Blick zu. »Ich kann mir nur vorstellen, welche Hintergedanken sie mit der Idee verbindet«, antwortete er und starrte finster in seinen Kaffee. Er war von Elisabeth in die Enge getrieben worden, und obwohl ein Teil von ihm entzückt war über die verlockende Idee, sie zu seiner Frau zu machen, schraken andere Teile, die nicht gleich heiß und hart wurden, wenn er sie nur sah, in erbärmlicher Furcht vor der Vorstellung zurück.
Rogan stellte sein Glas Brandy so kraftvoll auf den Tisch, dass die danebenstehende Karaffe in Bewegung kam. »Soll ich dir also gratulieren oder kondolieren?«
Brendan fuhr sich mit den Knöcheln übers Kinn und bemerkte dabei den hartnäckigen Schmutz unter seinen Fingernägeln und den Kratzer auf der Handfläche, der von einem übersprungenen Zaun herrührte.
Ein langes Bad hatte nicht ausgereicht, um alle Spuren seines nachmittäglichen Abenteuers zu beseitigen, obwohl zumindest seine Muskeln sich nicht mehr wie zu lange gekochte Nudeln anfühlten und er auch nicht länger wie ein Abwasserkanal roch. Leider ließ sich das Gleiche nicht von seinen Kleidern sagen, die ihm ein entsetztes Hausmädchen mit zugehaltener Nase und unter viel Gemurre abgenommen hatte.
»Lass beides erst mal sein! Womöglich hat ihr Ehering noch nicht den Glanz verloren, bevor sie ihn verpfändet, um mein Begräbnis zu bezahlen. Wahrscheinlich zählt sie sowieso darauf.«
Rogan lachte und zwinkerte Brendan zu, als würde er ein Geheimnis kennen. »Ich glaube nicht, dass du das befürchten musst. Ihr beide umkreist einander wie zwei misstrauische Hunde, doch es braucht nur einer von euch nachzugeben, damit der andere es ihm nachtut.«
»Harfenist, Magier-Jäger und Spezialist in Liebesdingen? Deine Talente erstaunen mich immer wieder.«
»Ich bin nicht blind, Douglas. Ich kann sehen, was ihr beide nicht erkennen wollt. Sie aus Stolz nicht und du aus Furcht.«
»Vielen Dank für deine fachmännische Analyse der Situation. Wenn ich nicht bald tot bin, werde ich deinen Rat vielleicht sogar befolgen.«
»Tot? Wer ist tot?«
Elisabeth stand in der Tür. Mit ihrem aufgesteckten roten Haar und dem Kerzenlicht im Rücken sah sie aus wie aus Feuer und Sternenglanz gesponnen. Brendan
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