Verlockendes Dunkel
allen liegt in Ihren Händen.«
Er hatte sich schon Gedanken über Madame Arana gemacht, und jetzt hatte er seine Antwort. »Was wissen Sie darüber?«
»Ich weiß, dass Sie versuchen, den Weg zu verlassen, auf den Ihr Vater Sie gebracht hat. Dass immer ein Krieg in Ihnen tobt, ein Kampf gegen Ihre Vergangenheit, Ihr Schuldbewusstsein, ja selbst gegen Ihre eigene Macht. Alles, was Sie tun, ist gefärbt von diesem Kampf.«
»Was zum Teufel wissen Sie von meinen Kämpfen?« Er zog fragend eine Augenbraue hoch. »Es sei denn, Sie hätten in meine Zukunft geblickt, Sie kluges altes Mädchen. Was haben Sie gesehen?«
Sie straffte empört die Schultern. »Ich brauche nicht in Ihre Zukunft zu blicken, wenn alles so klar an der Oberfläche liegt, dass es für jedermann offensichtlich ist. Ihre Maske verrutscht, Kilronan. Die zunehmenden Strapazen der letzten Jahre zeigen sich in jeder Linie und jedem Schatten in Ihrem Gesicht.« Sie erschauderte und presste die knochigen Hände an ihren Magen. »Aber heute Morgen erwachte ich mit einer neuen Vision, die die Muster veränderte, so wie Finger Kräusel auf dem Wasser bilden können. Kräusel, die meine seherische Gabe trüben und alles unklar machen. Ich habe einen Mann gesehen. Und ein Schwert. Ich will wissen, was das bedeutet, oder …« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, schob kampflustig das Kinn vor, und eine klare Herausforderung erschien in ihren Augen. »Oder Sie bekommen heute kein Mittagessen.«
Wie auf ein Stichwort hin knurrte sein leerer Magen protestierend. »Das ist ein Schlag unter die Gürtellinie, Madame.«
»Ich wollte nicht zu solch diabolischen Mitteln greifen, doch Sie lassen mir keine andere Wahl.«
Brendan überlegte, ob er sie einfach aus dem Zimmer tragen und die Tür hinter ihr verschließen sollte. Aber er bezweifelte, dass Miss Roseingrave eine solche Behandlung ihrer Großmutter dulden würde. Ihm Mahlzeiten vorzuenthalten wäre das Geringste, was sie ihm antun könnte. Und jetzt auch noch Madame Arana … Na schön. Sie wollte ihre Nase in seine Angelegenheiten stecken? Warum nicht? Es würde ihr nur recht geschehen, wenn ihr nicht gefiel, was sie dann zu hören bekam.
»Was wissen Sie über König Artus?«
»Dass er tot ist und es auch bleiben muss, wenn unsere Leute nicht in einen Krieg verwickelt werden sollen, den wir nicht gewinnen können.«
»Aber was wissen Sie über Artus selbst?«
Ein Lächeln kräuselte ihre Augen. »Ich mag zwar alt sein, doch so uralt bin ich nun auch wieder nicht.«
»Sehr witzig. Sie fragten, was sich verändert hat, und ich versuche es ihnen gerade zu erklären. Ich habe etwas über Artus herausgefunden, das ich überprüfen muss. Irgendetwas über einen Fluch der Magier. Über ein Schicksal, das nicht verändert werden kann.«
»Ich weiß nichts von Artus, aber die Magier sind bekannt dafür, ihre Spiele mit uns zu treiben. Sie definieren Gut und Böse nicht wie wir. Und die menschliche Rasse – ob Andere oder Duinedon – spielt auch keine große Rolle in ihrem Leben. Nur wenn sie eine Bedrohung für sich selbst sehen, bemerken sie uns, und die meiste Zeit ist es dann zu unserem Nachteil. Seien Sie vorsichtig, falls Sie sich an einem von Magiern verhängten Fluch zu schaffen machen wollen! Sie könnten mehr damit aufwühlen, als es Ihre Absicht war.«
»Das wäre nicht das erste Mal. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten, ich bin ein Experte darin, mich selbst und andere, die mir zu nahestehen, in Schwierigkeiten zu bringen.«
»Ja, doch Máelodor hat trotz all seiner Schlechtigkeit noch eine menschliche Seele. Wir können die Kräfte, die ihn antreiben, verstehen, selbst wenn sie abscheulich für uns sind. Die Magier dagegen sind uns völlig unbegreiflich. Wir können genauso wenig wissen, was sie bewegt, wie wir wissen können, was das Universum antreibt, sich zu drehen. Das ist ein Problem von unvorstellbarem Ausmaß.«
»Ich kann mir sehr viel mehr vorstellen, als Sie glauben.«
»Suchen Sie, wenn es sein muss!« Die kluge und vorausschauende Seherin schrumpfte wieder zu der hutzeligen alten Dame, doch dieses Genie ließ sich nicht wieder wie ein entwischter Geist in die Flasche zurückbeordern. Brendan wusste jetzt, was sie war, und würde sie nicht noch einmal unterschätzen. Sie klopfte ihm auf die Schulter und lachte, als sie ging. »Ich werde Ihr Mittagessen warm halten.«
Elisabeth erhob das Gesicht in die Sonne und ließ die Wärme in ihren verfrorenen Körper
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